Venezuela-Tschechen fliehen in die alte Heimat
Rund 1000 Tschechen oder Nachfahren tschechischer Auswanderer leben derzeit in Venezuela. Immer mehr kehren derzeit wegen der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise in dem südamerikanischen Land in ihre europäische Heimat zurück.
„Wir haben uns für eine bessere Zukunft für unsere Kinder entschieden – sie sollen eine Chance bekommen. Wir haben viel geopfert, da wir alles dort lassen mussten. Meine Eltern sind alleine in Venezuela zurückgeblieben.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind Jerinas Vorfahren nach Venezuela ausgewandert, sie waren vor den Kommunisten geflohen. Die Zahnärztin ist damit eine von rund 1000 Venezolanern tschechischer Herkunft, die am karibischen Meer heimisch geworden sind und mit der Zeit auch ihre Sprache vergessen hatten. Durch die anhaltende politische und wirtschaftliche Krise in dem Land sehen sich viele Menschen mit tschechischen Wurzeln nun aber zum Weggang gezwungen. Es sei dennoch eine schwere Entscheidung gewesen, sagt Jerina:
„Wir sind sehr traurig, denn wir wissen, in welchen Zuständen unsere Angehörigen auch weiterhin dort leben müssen. Mit jedem Tag wird es schlimmer.“Die Tschechische Republik hilft ihren Landsleuten bei der Rückkehr aus Venezuela. Warum das so wichtig ist, erklärt Filip Vurm. Er war bis vor kurzem Konsul im kubanischen Havanna:
„Die Menschen verlassen Venezuela aus einer ganzen Reihe von Gründen. Vor allem ist es der Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten, aber auch der hohe Grad an Kriminalität.“
Die Regierung in Prag hat auf die Lage in Venezuela reagiert und bemüht seit gut einem Jahr ein Programm, dass Auslandstschechen die Rückkehr in die Heimat ihrer Vorfahren erleichtern soll. Bisher sind so rund 50 Personen aus dem krisengebeutelten Land in Mitteleuropa eingetroffen, in den kommenden Wochen bis Monaten werden weitere knapp 30 Auswanderer erwartet. Pavel Dymeš ist bei der Abteilung für Asyl und Integration des Innenministeriums beschäftigt:
„An dem Programm können alle Ausländer teilnehmen, die nachweislich tschechische Wurzeln haben, oder deren Vorfahren sich offen zur tschechischen Volkzugehörigkeit bekannt haben.“Vergleichbar war dies mit den Wolhynien-Tschechen, die im Zuge des Bürgerkriegs in der Ukraine in Richtung Westen geflüchtet sind.
Die venezolanischen Tschechen kommen zunächst für drei Monate in ein Auffanglager ins südböhmische Červená nad Vltavou. Dort sollen sie die Grundlagen der tschechischen Sprache lernen sowie auf den tschechischen Wohn- und Arbeitsmarkt vorbereitet werden.
Trotzdem ist der Weg von Südamerika nach Tschechien beschwerlich. Vor allem das Loslassen sei schwer gewesen, erzählt Edgar Ignaco Toro, der Sohn von Jerina Sýkorová. Er habe sein Studium abbrechen müssen und seine Freundin sei auf der anderen Seite des Atlantiks geblieben. Dennoch blickt der junge Mann optimistisch nach vorn:
„In Venezuela hatte ich keine Perspektive. In Tschechien eröffnen sich mir viele Möglichkeiten und ich bin mir sicher, dass ich hier eine bessere Zukunft haben werde.“