Veränderungen in tschechischem Gesundheitswesen

Hallo und herzlich willkommen, verehrte Hörer, zu einer weiteren Folge des Themenkaleidoskops mit Blanka Trcanova. Heute berichten wir über einige anstehende Veränderungen in unserem Gesundheitswesen, über die Versprechen des tschechischen Premiers Milos Zeman bezüglich der Hochschulen, und zum Schluss sprechen wir über Wohnmöglichkeiten für Kinder, die mit 18 Jahren die Kinder- und Jugendheime verlassen müssen.

Die tschechische Regierung hat sich der Meinung des tschechischen Gesundheitsministers Bohumil Fiser angeschlossen und hat entschieden, dass Patienten nur mit einer Empfehlung des praktischen Arztes einen Facharzt besuchen können. Das Kabinett hat Ende August den Gesetzentwurf über die öffentliche Krankenversicherung angenommen, der unter anderem diese Änderung einführt. Die medizinische Betreuung werde aus öffentlichen Mitteln gezahlt, und deshalb müsse eine gewisse Übersicht geschaffen werden. Der praktische Arzt sollte demzufolge auch über eine komplette Dokumentation des jeweiligen Patienten verfügen.

Nach Meinung des Präsidenten der Tschechischen Ärztekammer, David Rath, könnte diese strikte Anordnung zu einer Einschränkung der freien Wahl des Arztes führen, denn es könne durchaus vorkommen, dass der praktische Arzt dem einen oder anderem Patienten keine Empfehlung für einen Facharztbesuch ausschreibt, weil er die Krankheit möglicherweise nicht richtig erkennt. David Rath plädiert deshalb dafür, dass der Patient auch ohne diese Empfehlung einen Facharzt aufsuchen kann, diese Untersuchung jedoch selbst bezahlen muss. Leider sehe das neue Gesetz diese Alternative nicht vor, doch Gott sei Dank habe es einige wichtige Ausnahmen belassen wie Augenarzt, Sexuologe, Frauenarzt, klinische Psychologie oder Chirurgie bei Unfällen, erwähnt Vaclav Smatlak, Präsident der Assoziation praktischer Ärzte. Er halte die bisherige Situation mittlerweile auch deshalb für unerträglich, weil die nicht koordinierte medizinische Pflege zu fianziellen Verlusten geführt habe. Es habe sich herausgestellt, dass 30 % der verschriebenen Medikamente und Untersuchungen doppelt verordnet bzw. durchgeführt wurden. Das könne sich unser Gesundheitswesen einfach nicht leisten.

Die letzte Hürde hat der Gesetzentwurf aber noch nicht bewältigt - das Parlament. Selbst Minister Fiser geht davon aus, dass die Chancen hier gering sind. Nicht etwa, weil das Gesetz schlecht wäre, sondern weil seiner Meinung nach der politische Wille noch fehlt.

Der tschechische Premier Milos Zeman hat Anfang September Vertretern der Akademikerschaft versprochen, sich mit allen Kräften dafür einzusetzen, dass sich die Hochschulen weiterentwickeln können. Diese Zusage hat Milos Zeman während eines Treffens mit Mitgliedern der Tschechischen Rektorenkonföderation ausgesprochen. Dieses Treffen ging auf die Initiative der Rektoren zurück, da sie befürchten, dass die Hochschulen zu kurz kommen. Der tschechische Premier hat sich in groben Zügen mit der Situation und den Zuständen an den Hochschulen bekanntgemacht und hat maximale Unterstützung versprochen, und zwar nicht nur bei der jetzigen Vorbereitung des Haushaltsgesetz für das nächste Jahr, sonder auch langfristig, sagte der Vorsitzende der Konföderation und gleichzeitig Rektor der Karlsuniversität in Prag, Ivan Wilhelm.

Der Schulminister Eduard Zeman ist jedoch keiner Euphorie verfallen, da bezüglich des Geldes, mit dem die Hochschulen fest rechnen könnten, doch keine konkrete Zusage gemacht wurde. Die Vertreter der Hochschulen haben der Regierung aber ganz konkrete Vorstellungen vorgelegt, damit sich die Hochschulen weiterentwickeln können, damit die Studenten z.B. Auslandsaufenthalte machen können, damit die Gehälter nicht mehr stagnieren, damit die Labors endlich eine angemessene Ausstattung bekommen. Es wäre ja auch schön, sagte Wilhelm, wenn man sich ab und zu mal einen ausländischen Kollegen leisten könnte, sprich: Lehreraustausch. Für das nächste Jahr bräuchten die Hochschulen insgesamt 5 Milliarden Kronen zusätzlich. Das Budget der Hochschulen lag in diesem Jahr bei 11 Milliarden. "Bei den Aufnahmeprüfungen konnten wir nicht einmal die Hälfte der Bewerber annehmen, da wir es uns aus finanziellen Gründen nicht leisten können, soviele Studenten zu haben, und die Kapazitäten reichen auch nicht aus", sagt dazu der Quästor der Karlsuniversität, Josef Kubicek. "Nun müssen wir abwarten", sagte er weiter, "wieweit die regirenden Sozialdemokraten ihre einstige Behauptung, dass das Schulwesen zur Regierungspriorität Nr. 1 wird, wahrmachen."

Seit zwei Jahren kümmert sich die Bürgervereinigung "Klub der Freunde der Kinder aus Kinderheimen" in Nove Strasecí um die Wohnmöglichkeit dieser Kinder, sobald sie mit 18 Jahren das Heim verlassen müssen. Dank des Projektes "Das Haus auf dem halben Weg" und vieler Sponsoren konnte man zwei, wenn auch kleinere Dachwohnungen umbauen, wo bereits heute 9 junge Menschen, die in Kinderheimen aufgewachsen sind, eine vorübergehende Bleibe gefunden haben. Einige leben hier nur ein paar Wochen, andere ein Jahr lang oder auch länger.

Früher bekamen diese Kinder meistens während der Ausbildung einen Platz im firmeneigenen Wohnheim und später eine Betriebswohnung zur Verfügung gestellt. Das funktioniert heutzutage nicht mehr. Im "Haus auf dem halben Weg" finden nur die Jugendlichen eine Bleibe, die direkt aus dem Heim kommen. Diejenigen, die sich irgendwo herumgetrieben haben und nun in Not sind, können bei uns nicht wohnen, sagt Jarmila Dolejsova, ehemalige Direktorin des Jugendheimes und zur Zeit Geschäftsfürerin der Vereinigung. Wir haben Angst, dass sie sich draußen eine Lebensweise angewöhnt haben, die für unser Haus nicht akzeptabel ist. In den Wohnungen gelten gewisse Regeln, die jeder einhalten muss. Wir helfen diesen jungen Menschen auch gern eine Arbeit zu finden, beraten sie, wie sie mit ihrem ersten selbstverdienten Geld umgehen sollen. Sie müssen auch Miete zahlen, dank den Sponsoren allerdings nicht in voller Höhe, weil ihre Gehälter dazu nicht ausreichen würden. Das Projekt sieht vor, dass sich die Kinder cca. nach einem Jahr selbständig machen, ein Wohnheim oder eine Untermiete finden, damit in den Wohnungen im "Haus auf dem halben Weg" wieder andere ein vorübergehendes Zuhause haben können. "Das ist oft sehr schwierig", sagt Jarmila Dolejsova, "und deshalb würden wir mit Unterstützung der Sponsoren gern ein kleines Haus umbauen, wo die Kinder aus den Kinder- und Jugendheimen auch später als Erwachsenen gemeinsam weiterleben könnten."

Autor: Blanka Trcanova
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