Verdienter Künstler? Diskussionen um Karel Gotts Orden
Am 28. Oktober, dem Feiertag zur Gründung der Tschechoslowakei im Jahr 1918, erhalten alljährlich eine Reihe verdienter Tschechinnen und Tschechen einen Orden aus den Händen des Präsidenten. Unter den Ausgezeichneten war in diesem Jahr auch der Schlagersänger Karel Gott. Er bekam den Orden für seine „Verdienste um den Staat“ im Bereich der Kunst. Hat Gott den Orden verdient oder nicht? Darüber wird in Tschechien seit vergangener Woche eifrig diskutiert.
„In seiner mehr als 40-jährigen künstlerischen Laufbahn hat er eine außerordentliche und anhaltende Popularität in der Tschechischen Republik und im Ausland erlangt“, so hieß es in der Laudatio an Karel Gott.
Vor allem seine außerordentlichen Qualitäten als Sänger verhalfen ihm zu dieser Popularität. Die nutzte Gott freilich vor allen Dingen dazu, um an seiner eigenen Karriere zu feilen, sagen seine Kritiker. In der bedrückenden Phase der so genannten „Normalisierung“, der Zeit größter kommunistischer Repression in den 70er und 80er Jahren, tat Gott sich in der Tat weniger als Kämpfer für bürgerliches Freiheitsstreben hervor, sondern vielmehr als Opportunist, der mit den Kommunisten paktierte. Im Jahr 1977 gehörte Gott zu den Unterzeichnern der so genannten Anticharta, mit denen die Bürgerrechtler der Charta 77 um Václav Havel auf das Übelste diffamiert wurden.
„Ich gehöre zu denen, die lieber singen als reden“, so Gott damals, im Jahr 1977. Die Kommunisten dankten es ihm. Noch im selben Jahr zeichnete ihn der sozialistische Staat als „Verdienten Künstler“ aus. Im Jahr 1984 wurde er darüber hinaus mit dem Titel „Nationaler Künstler“ bedacht.
Sind aber an einen Ordensträger der nun demokratischen Tschechischen Republik nicht auch moralische Maßstäbe anzulegen? „Ja!“, meint der Journalist Martin Fendrych:
„Es sind jetzt 20 Jahre her seit dem Fall des Kommunismus, 20 Jahre seit der Samtenen Revolution. Das ist ein symbolisches Jubiläum. Wenn nun Karel Gott, der mit dem früheren Regime zusammengearbeitet und es sogar propagiert hat, einen Orden für seine Verdienste erhält, dann ist das einfach nur lächerlich.“
Karel Gott aber hat – neben seinen immer noch vielen Fans – auch Fürsprecher. „Wer weiß schon, wie vielen Menschen sein Gesang geholfen hat in schwierigen Zeiten?“ fragt etwa Jiří Szántó, vor Jahrzehnten stellvertretender Leiter der damals staatlichen Konzertagentur Pragokoncert.
Gott selbst hat seine ganz eigene Strategie, sich gegen seine Kritiker zur Wehr zu setzen. Im tschechischen Privatfernsehen zeigte er ihnen seinen Mittelfinger, und das gleich zehn Mal.