Verheugen prescht mit Referendumsvorschlag vor

EU-Kommissar Günther Verheugen

EU-Kommissar Günther Verheugen schockte die Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten bei ihrem Treffen in Evian mit seinem Vorschlag, in Deutschland ein Referendum auszurufen. Inhalt des Referendums sollte die Frage an die deutschen Bürger sein, ob man mit der Aufnahme weiterer Mitglieder aus Mittel - und Osteuropa einverstanden ist. Dieser Vorschlag sorgte bei den derzeit verhandelnden EU-Kandidatenländern für Panik. Erst die beruhigenden Worte des Vorsitzenden der EU-Kommission Prodi konnte diplomatisch die Wogen der Empörung glätten. Ein aktueller Bericht von unserem freien Mitarbeiter Armin Sandmann:

Jegliche Komplikationen um die EU-Beitrittsverhandlungen der Staaten Mittel- und Osteuropas rufen Angst und Unbehagen hervor. Wenn dann noch über diese Probleme lauthals debattiert wird sollte dies auf sachlicher Ebene geschehen, denn sonst löst dies eine Welle des Entsetzens aus. Gerade die öffentliche Meinung zur EU-Osterweiterung in den derzeitigen EU-Mitgliedsländern ist eine kritische Sache, die gerade den Beitritt auch der Tschechischen Republik zu einem Fiasko werden lassen könnte. Doch was war die Absicht des EU-Kommissars Verheugen, als er diese Idee des Referendums gerade jetzt vorbrachte? Es darf darüber spekuliert werden.

Einerseits dürfte Günther Verheugen damit Druck auf den Fortgang der inneren institutionellen Reformen der Europäischen Union machen wollen, und andererseits dürfte dies innenpolitische Gründe gehabt haben, denn

EU-Kommissar Günther Verheugen
EU-Kommissar Verheugen als Mitglied der regierenden Sozialdemokraten ist kein Freund der all zu optimistischen Politik von Außenminister Joschka Fischer. Doch trotz seiner Beteuerungen, dass er selbst nur seine persönliche Meinung geäußert habe und im Grunde nur ein Referendum zu grundsätzlichen Fragen der Osterweiterung der EU in Erwähnung gezogen habe, forderten der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Hans-Gert Pöttering, eine genaue Erklärung zu seinen Aussagen. Damit solle, so Pöttering weiter, gerade in den Kandidatenländern der aufkommende Zweifel an der Seriosität der EU zerstreut werden.

Aus Deutschland selbst kamen Befürchtungen aus gesellschaftspolitischen Kreisen auf, den zu einem Referendum müsse die deutsche Verfassung geändert werden. Auch habe man aus historischen Gründen schlechte Erfahrungen mit dem Referendum als solchen aus der Zeit der Weimarer Republik. Grüne und Sozialisten im Europaparlament stärkten dem EU-Kommissar hingegen den Rücken, in dem man aus ihrem Lager verlauten ließ, dass Günther Verheugen mit seinem Vorschlag nur mehr Initiative bei den EU-Politikern hervorrufen wollte, damit diese mehr auf die öffentliche Meinung in den Mitgliedsländern der EU einwirken. Doch wie kann solch eine Äußerung für die kommenden Mitgliedsanwärter der EU klingen, denen man nicht einmal in der Lage ist ein Beitrittsdatum mitzuteilen.

Autor: Armin Sandmann
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