Vom Hochzeits-Raser bis zur Sterbehilfe
Unsere Rubrik „Der Medienspiegel“ erscheint heute in einem neuen Gewand. Für das Ohr jedenfalls. Aber auch inhaltlich hat sich etwas verändert. Statt Kommentare und Aufmacher der Zeitungen zu präsentieren, blättern wir in Zukunft weiter, sozusagen bis zur „Seite drei“ und werfen einen Blick auf die Schwerpunkte, die die Zeitungen jenseits der politischen Tagesagenda setzen.
Die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ wartet gleich an zwei Tagen, am Montag und am Dienstag, mit der verkehrswidrigen Fahrt des Sozialdemokraten-Chefs Jirí Paroubek auf, als dieser nämlich am Samstag auf dem Weg in seine zweite Ehe war. „Die wilde Fahrt des Bräutigams“ und „Jiri Paroubek fahrend und schlafend“, so titelte die „Mladá fronta Dnes“ auf ihrer Seite drei. Dazu ausführliches Kartenmaterial über die Wegstrecke, die der Fahrer von Paroubek mit angeblich 200 Km/h und unter Missachtung der durchgezogenen Linie zurückgelegt hat. Paroubek sagte, er habe geschlafen.
An den beiden folgenden Tagen stand bei der „Mladá fronta Dnes“ die Seite drei ganz im Zeichen des Prager Oberbürgermeisters Pavel Bém, der seine Villa in Prag angeblich für die Hälfte des Marktpreises gemietet hat. Am Donnerstag bekam Pavel Bém unter dem Titel „Das süße Leben der Politiker“ noch Gesellschaft von Regierungschef Mirek Topolánek im unteren Teil der dritten Seite. Der Premier wurde bereits zum zweiten Mal auf der Rückkehr von einer Auslandsreise mit einer Regierungsmaschine in den Alpen abgesetzt – angeblich zum Skifahren.
Die „Lidové noviny“, die zweite große Volkszeitung auf dem tschechischen Markt, hat in dieser Woche gänzlich andere Themenschwerpunkte auf der Seite drei platziert. „Das Abschalten der Geräte. Ärzte und Krankenhäuser warten auf Gesetzesänderungen – bislang vergeblich“, so überschrieb die„Lidové noviny“ am Montag die ganze Seite und diskutierte mit Stimmen von Fachleuten das aktuelle Thema Sterbehilfe.Helena Fibingerová, zu Zeiten des Eisernen Vorhangs Kugelstoßerin, heute Mitglied im tschechischen Rundfunk- und Fernsehrat, hat gedroht dem Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens den Vertrag nicht zu verlängern. Der Grund: Die Macher einer Dokumentation über Fibingerová wollten nicht so wie sie das wollte. Die „Lidové noviny“ nahm das am Dienstag zum Anlass, den Rundfunk- und Fernsehrat unter die Lupe zu nehmen und fragt, wer denn da denn sonst noch so sitzt und was der Rat eigentlich macht.
Die Seite drei am Mittwoch galt der Gesundheitsreform, die Anfang Januar teilweise in Kraft treten soll. Das Ministerium hat eine Broschüre über die Veränderungen herausgegeben und so titelt die„Lidové noviny“: „Planen Sie ihre Ausgaben – mit einer Anleitung“. Am Donnerstag hieß es dann in der „Lidovky“, wie die Tageszeitung im Volksmund genannt wird: „Die Schulen haben ein Rezept gegen Schikane gefunden“. Berichtet wurde über ein Pilotprojekt an 17 Schulen, bei dem Lehrer lernen, wie sie mit dem Problem ´Schikane unter Schülern´ umgehen können. So viel über die Themenschwerpunkt in einigen Tageszeitungen der auslaufenden Woche.