Kein Geld und keine Zeit: Ärzte in Tschechien machen immer weniger Hausbesuche
Die Allgemeinärzte in Tschechien machen immer weniger Hausbesuche. Dafür fehle es an Zeit und Geld, so die Begründung. Das Gesundheitsministerium will diese Dienstleistung nun besser finanzieren.
Ludmila Bezdíčková leitet eine Gemeinschaftspraxis im sechsten Prager Stadtbezirk. Gerade ist sie aber bei einer 88-jährigen Patientin zu Hause. Sie misst den Blutdruck, schaut sich die geschwollenen Beine an und fragt nach dem allgemeinen Befinden der Diabetikerin. Sie könne keine hohen Winterschuhe mehr tragen, beklagt die Patientin, und allgemein falle ihr das Gehen schwer. Deswegen könne sie auch nicht persönlich in die Praxis kommen.
Bezdíčková hat mehrere Patienten in Behandlung, die nicht mehr mobil sind. Deswegen macht sie etwa einmal in der Woche Hausbesuche…
„Manchmal sind es Fälle von Orientierungslosigkeit, manchmal Verletzungen nach einem Sturz. Dann ist nicht sofort klar, ob es so ernst ist, dass ein Krankenwagen gerufen werden muss.“
Mitunter verabreicht die Ärztin bei ihren Außenterminen aber auch Impfungen.
Immer weniger von Bezdíčkovás Kollegen in Tschechien bieten allerdings einen solchen Service an. So informiert die größte staatliche Krankenkasse, VZP, dass heute landesweit 20 Prozent weniger Hausbesuche gemacht würden als noch vor zehn Jahren. Bei Patienten im Kindesalter ist die Zahl sogar um die Hälfte zurückgegangen. Dem Institut für Gesundheitsinformationen und Statistik (ÚZIS) zufolge fehlt diese Dienstleistung vor allem in Prag sowie in den Kreisen Ústí nad Labem / Aussig und Karlovy Vary / Karlsbad.
Darauf wolle das Gesundheitsministerium nun regieren, kündigte Ressortsprecher Ondřej Jakob in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks an:
„Im Leistungskatalog für 2025 erfolgt eine Anhebung der Kostenerstattung für Fahrten von medizinischem Personal um fünf Prozent. Die Erhöhung bezieht sich vor allem auf Besuchsdienste von Hausärzten und die häusliche Gesundheitspflege.“
Damit werden Ärzte in Prag zum Beispiel 58 Kronen (2,30 Euro) für einen Hausbesuch in Rechnung stellen können, hinzu kommen noch die Gebühren für die eigentliche Behandlung. Viele Mediziner halten das aber weiterhin für zu wenig und fordern etwa 500 Kronen (20 Euro) pro Fahrt.
Die schlechte Finanzierung ist aber offenbar nicht das einzige Problem. Ludmila Bezdíčková führt auch die terminliche Überlastung an. Ein Hausarzt ist in Tschechien zwar verpflichtet, den Patienten bei Bedarf zu Hause aufzusuchen – dabei darf aber der Betrieb der Praxis nicht eingeschränkt werden. Diese Bedingung ließe sich nur selten erfüllen, berichtet Bezdíčková. Die Pragerin sitzt im Ausschuss der tschechischen Vereinigung der Hausärzte, und diese schlägt nun vor, dass auch die Arzthelferinnen und –helfer aus den Praxen Hausbesuche absolvieren können – zumindest bei jenen Patienten, deren Krankengeschichte ihnen bekannt ist:
„Wenn dies eine adäquat bezahlte Leistung wäre, würde die Schwester dem Arzt auf diese Weise die Arbeit erleichtern. Sie könnte sich ein qualifiziertes Urteil bilden, ob der Besuch des Doktors notwendig ist. Oder sie berichtet einfach über den Gesundheitszustand des Patienten und berät sich mit dem registrierten Hausarzt dann über das weitere Vorgehen.“
In der gesamten Diskussion müsse auch berücksichtigt werden, dass die Zahl der Senioren immer weiter steige, fügt Bezdíčková hinzu. Wenn keine Hausbesuche mehr absolviert würden, müsse umso häufiger ein Krankenwagen gerufen werden. Und das werde dann noch teurer, so die Ärztin.