Vor 120 Jahren geboren: Juscelino Kubitschek, Brasiliens Präsident mit tschechischen Wurzeln
Sie war sein größtes Projekt: Die neue Hauptstadt Brasilia wurde in nur drei Jahren im Landesinneren Brasiliens aus dem Boden gestampft. Initiator war Staatspräsident Juscelino Kubitschek, dessen Vorfahren einst aus den Böhmischen Ländern in die neue Welt gekommen waren.
Der Mann, den in Brasilien alle nur mit seinen Initialen JK bezeichnen, kam am 12. September 1902 zur Welt. Beim Tod des Vaters war Kubitschek erst zwölf Jahre alt und wuchs daraufhin bei seiner Mutter unter ärmlichen Bedingungen auf. Doch er konnte aufs Gymnasium gehen und studierte danach sogar Medizin. Juscelino Kubitschek hat sich immer zu seinen tschechischen Wurzeln bekannt. Als er in Europa als Arzt arbeitete, so unter anderem in Wien und Berlin, besuchte er 1930 auch Prag. Und er war überrascht, wie viele Kubíčeks es im dortigen Telefonbuch gab. Seine Vorfahren waren angeblich einst aus dem südböhmischen Třeboň / Wittingau nach Südamerika ausgereist.
Auch nach seiner Rückkehr nach Brasilien ordinierte Kubitschek weiter als Arzt. Zugleich stieg er in die Politik ein. Als der Zweite Weltkrieg begann, wurde er Bürgermeister der Millionenstadt Belo Horizonte und später Gouverneur des Bundesstaates Minas Gerais. Kubitschek war beliebt und konnte sowohl mit Staatsmännern als auch mit den Menschen aus dem Volk reden. 1955 wurde er zum brasilianischen Staatspräsidenten gewählt. Schon bald ließ er sich auf sein wohl größtes Abenteuer ein: eine neue Hauptstadt zu erschaffen. So entstand Brasilia – gut 1000 Kilometer entfernt von den Küstenmetropolen, die bisher die kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Zentren des Landes gewesen waren.
Ungeklärte Todesumstände
1964 putschte sich in Brasilien die Armee an die Macht, und Juscelino Kubitschek wurde jegliches politisches Engagement untersagt. Er ging ins Exil und lebte dann gut drei Jahre lang in Europa und den USA. Am 22. August 1976 kam Kubitschek bei Resende in Brasilien bei einem Verkehrsunfall unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben. Zwar wurde der Fall untersucht, doch die Ergebnisse sind widersprüchlich: Ein Bericht spricht von einem Attentat, ein anderer stellt das in Abrede. Zu Kubitscheks Beerdigung kamen rund 350.000 Menschen. 1996 wurde dem früheren brasilianischen Präsidenten posthum der tschechische Masaryk-Orden verliehen.