Weltkino mit Blick nach Osten: Karlsbad feiert das 50. Filmfest
Die Filmfestspiele von Karlovy Vary / Karlsbad haben begonnen. Weil es der 50. Jahrgang ist, feiert sich das Festival auch ein wenig selbst. Im Mittelpunkt stehen natürlich die Filme, ganz besonders die aus Mittel- und Osteuropa.
Ein Festival für alle soll es sein, hatten die Veranstalter im Vorfeld des Jubiläumsjahrgangs angekündigt. Zu den Stammgästen gehört Gaby Babić. Sie leitet mit dem Go-East-Festival in Wiesbaden selbst ein Filmfest. Was macht Karlsbad für sie aus?
„Das Besondere an diesem Festival ist, dass die Screenings unglaublich gut besucht sind. Auch von sehr jungen Menschen. Hier akkreditieren sich sehr viele Studenten aus ganz Tschechien und nehmen sehr aktiv an dem Festival teil. Zudem ist es sehr professionell aufgezogen, es herrscht eine sehr sympathische, nette Stimmung.“Abseits von den Stars in ihren Hotels wird gegrillt und gezeltet. Die Innenstadt rund um das Festivalzentrum, das Hotel Thermal, quillt fast über – und die Mischung aus Kurgästen älteren Semesters und jungen Studenten und Filmleuten, die gibt es eindeutig nur in Karlsbad. Gaby Babić:
„Es hat auf jeden Fall einen besonderen Stellenwert – schon historisch, denn es ist das älteste osteuropäische Filmfestival überhaupt. Und das erste, das von der internationalen Vereinigung der Filmproduzenten auch als A-Festival anerkannt wurde. Damit steht es wirklich auf einer Stufe mit anderen großen Festivals – obwohl Cannes und Berlin noch größer sind.“Karlsbad jedoch hat die längere Geschichte. Im August 1946 war der Auftakt für das Festival, damals lief es parallel in Marienbad und Karlsbad. Während des Sozialismus fungierte das Filmfest lange als Fenster in den Westen. Inzwischen ist es umgekehrt. Filmleute aus aller Welt kommen hierher, um sich Streifen aus Mittel- und Osteuropa anzusehen. Laut Programmdirektor Karel Och ist die Sektion „In den Osten vom Westen“ (Na východ od Západu) das eigentliche Aushängeschild des Festivals. Gaby Babić ist der gleichen Meinung:
„Ich aus meiner Perspektive sehe das auf jeden Fall so. Diese Festivalsektion zeigt brandneue Produktionen aus den Ländern Osteuropas, das ist auch der Fokus unseres Festivals in Deutschland. Insofern ist es ideal, wenn man sich informieren möchte, was in diesen Ländern los ist. Wobei in ‚East of the West‘ auch türkische und griechische Produktionen zu sehen sind.“Zwölf Streifen konkurrieren in dieser Sektion, Gaby Babić sitzt in der Jury. In diesem Jahr dabei sind unter anderem die polnisch-tschechische Koproduktion „Cesta do Řima“ (Reise nach Rom), ein groteskes Roadmovie. Begeistert aufgenommen vom jungen Publikum wurde das polnische Melodram „Chemo“. Mit der Verfilmung von Dorota Masłowskas Theaterstück „Wir kommen gut mit uns klar“ ist sogar noch ein dritter Beitrag aus Polen vertreten.
Daneben laufen in der Sektion unter anderem Filme aus Albanien, Kroatien, Bosnien, Griechenland, der Türkei und Ungarn. Die Preise in Karlsbad werden am Samstag vergeben. Bis dahin sieht Gaby Babić täglich etwa fünf Filme aus allen Sektionen. Für sie hat das gesamte Festival noch einmal an Qualität gewonnen, seit Karel Och die künstlerische Leitung übernommen hat.„Er hat zum Beispiel ein Faible für New American Cinema, also wenn man so will die neue Welle im amerikanischen Kino in den 1960ern und 1970ern. Das ist hier sehr stark vertreten. Ich finde, er ist ein super Festivalmacher und jemand, der von Film viel versteht und sich in der Filmgeschichte sehr gut auskennt. Wenn man hierherkommt, kann man sich wirklich Weltkino in allen Facetten ansehen. Das ist wirklich etwas Besonderes.“