Filmfestival Karlovy Vary beginnt – Streit um russischen Film im Programm

Die größte Filmschau hierzulande beginnt. Das Internationale Filmfestival Karlovy Vary zeigt rund 170 Spiel- und Kurzfilme.

Karel Och | Foto:  ČT24

In Karlovy Vary / Karlsbad beginnt am Freitag das 56. Internationale Filmfestival. Auf dem Programm stehen rund 130 Spiel- und Dokumentarfilme sowie 40 Kurzfilme. Laut dem künstlerischen Leiter des Festivals, Karel Och, war das Filmangebot in diesem Jahr enorm:

„Nach den zwei seltsamen Pandemie-Jahren war es schwer einzuschätzen, ob mehr oder weniger Streifen angemeldet werden. Wir haben uns darüber gefreut, dass es nicht weniger waren. Eher im Gegenteil – es gibt mehr Low-Budget-Filme. Stärker vertreten als üblich sind Komödien, damit reagieren wir auf die Traumata und Depressionen aus der Corona-Zeit.“

Film „Kapitän Wolkonogow entkam“ | Foto:  Film Servis Festival Karlovy Vary

Kurz vor der Eröffnung hat auch das aktuelle politische Geschehen das Festival beeinflusst. In einem offenen Brief protestierten ukrainische Filmemacher gegen die Aufnahme des russischen Films „Kapitän Wolkonogow entkam“ in das Programm. Die Festivalleitung lehnt jedoch ab, den Film aus dem Programm zu nehmen. Karel Och:

„Wir haben unsere Entscheidung bestätigt, diesen Streifen zu zeigen. Der Film, den wir im Herbst vergangenen Jahres in Venedig gesehen haben, spielt im Jahr 1938. Es handelt sich um eine direkte Anklage gegen ein Regime, an dessen Spitze ein verrücktes Individuum steht. Damit wird auch das gegenwärtige Geschehen in Russland intensiv kommentiert – bis hin zur Tatsache, dass ein Mensch imstande ist, die Massen zu manipulieren.“

Film „Kapitän Wolkonogow entkam“ | Foto:  Film Servis Festival Karlovy Vary

Kritiker sagen, der Film sei vom russischen Staat finanziert, und die Macher seien an Propagandafilmen beteiligt gewesen. Karel Och weist diese Argumente zurück:

„Wir haben volles Verständnis für die Briefe und Protestnoten seitens der Ukrainer. Das ist eine Reaktion, die in der jetzigen äußerst komplizierten Lage nachvollziehbar ist. Unsere ukrainischen Kollegen müssen aber auch verstehen, dass wir eine etwas andere Meinung haben können. Sie haben sich nach der Veröffentlichung unserer Reaktion nicht mehr zu Wort gemeldet. Das könnte meiner Meinung nach ein Beweis dafür sein, dass sie unsere Meinung respektieren.“

Streifen „Mariupol 2“ | Foto:  Film Servis Festival Karlovy Vary

Seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine hat das Karlsbader Filmfestival seine Unterstützung für ukrainische Künstler zum Ausdruck gebracht. In Zusammenarbeit mit dem Festival in Odessa, das wegen des Krieges nicht stattfinden kann, werden in der westböhmischen Kurstadt ukrainische Filme in Arbeit vorgestellt. Im Hauptprogramm laufen vier ukrainische Filme sowie der Streifen „Mariupol 2“, der vom Krieg und der Stadt zeugt, die zu einem seiner Symbole wurde.

Foto: Slavomír Kubeš,  ČTK

Aber natürlich werden auch wie üblich Kino-Stars über den roten Teppich des zentralen Veranstaltungsorts im Hotel Thermal laufen. Der Oscar-Preisträger Geoffrey Rush nimmt einen Kristall-Globus für sein Lebenswerk entgegen. Benicio Del Toro wird bei der Abschlussveranstaltung mit dem Preis des Festivalpräsidenten ausgezeichnet. Zudem wird der Hollywood-Schauspieler Liev Schreiber als Gast erwartet. Von den tschechischen Schauspielern erhält der Komiker Bolek Polívka den Preis des Festivalpräsidenten. Des Weiteren gedenken die Organisatoren der kürzlich verstorbenen langjährigen künstlerischen Leiterin des Festivals, Eva Zaoralová, und zwar mit einer Ausstellung und der Aufführung von Fellinis Streifen „La Strada“, den die Filmexpertin einst ins Tschechische übersetzt hat.

Das Festival läuft bis 9. Juli. Die Filme werden in zwölf Kinosälen in der Stadt gezeigt, die meisten von ihnen in den Sälen des Hotels Thermal.