Wenn Bürger Baudenkmäler retten
Tschechien ist das Land der Burgen, Klöster und Schlösser, sie werden von Touristen aus aller Welt besucht. Daneben gibt es viele kleinere Baudenkmäler, die oft nicht restauriert wurden und selbst vielen Einheimischen unbekannt sind. Trotzdem prägen sie die jeweilige Gegend. Wo sich die öffentliche Hand nicht um Sehenswürdigkeiten kümmert, da engagieren sich glücklicherweise aber Bürger.
Das Kloster in Broumov
Zweimal wurde die Gegend im 20. Jahrhundert stark in Mitleidenschaft gezogen, zunächst mit der Vertreibung der ursprünglichen deutschsprachigen Bewohner nach dem Zweiten Weltkrieg und dann durch die antiklerikale Politik des kommunistischen Regimes. Sie zerstörte das Ordensleben auch in diesem Kloster. Das weitläufige Areal wurde zu unterschiedlen Zwecken missbraucht und verfiel. Dass es heute sorgfältig restauriert ist und von weitem strahlt, das ist vor allem dem Unternehmer Jan Školník zu verdanken. Der gebürtige Prager war vor einigen Jahren von diesem abgelegenen Teil Tschechiens fasziniert und zog nach Broumov. Hier betreibt er seitdem eine Firma für Filtrationstechnik. 2004 gründete er mit ein paar Mitstreitern die Agentur für Entwicklung des sogenannten Braunauer Landes.
„Wenn eine Bürgerinitiative ein ziemlich großes Projekt an einem denkmalgeschützten Gebäude verwirklichen will, stößt sie zunächst auf ein gewisses Misstrauen. Die Menschen sind skeptisch, ob das Projekt umgesetzt werden kann und was es ihnen bringt. Aber je länger die Initiative aktiv ist, desto mehr Menschen verstehen ihre Arbeit und machen mit. Für mich ist es eine Frage der Geduld. Ich bin der Meinung, dass man eine Sache nicht vorantreiben sollte, wenn sie abgelehnt wird. Man muss erklären und argumentieren, bis alle verstehen, worum es geht. Und meine Erfahrung ist, dass dies wirklich funktioniert.“Die Hauptidee der Agentur war am Anfang eigentlich gar nicht die Restaurierung des Klosters, so Jan Školník. Das Ziel sei vielmehr gewesen, die Menschen mit ihrer eigenen Region vertrauter zu machen. Das heißt: Schätze der Barockarchitektur zu präsentieren, kulturelle Veranstaltungen zu organisieren und Menschen zu vernetzen. Jedes Jahr gibt es zum Beispiel Konzerte in kleinen Barockkirchen auf dem Land, dabei treten anerkannte Musiker auf. So war dies auch im Kloster Broumov. Das Anwesen wurde im Rahmen der Kirchen-Restitution den Benediktinern zurückgegeben, die Sanierungsarbeiten überstiegen jedoch die Kräfte der wenigen Mönche dort.
Kulturelle Institution von europäischem Rang
Gerade jetzt sind zehn Jahre vergangen, seitdem Freiwillige die Klostergärten wieder hergerichtet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Dann gab es Konzerte, Ausstellungen und Theatervorstellungen auf dem Areal. So lief es dann auch mit dem Kloster selbst, wie Jan Školník schildert:„Wir haben begonnen, das Objekt intensiv als Begegnungszentrum zu nutzen. Zunächst kamen nur die Menschen von hier, dann haben wir auch Gäste aus weiter Ferne zu Vorträgen oder Symposien eingeladen. Dazu war glücklicherweise keine große Investition notwendig, es reichte, die Räumlichkeiten aufzuräumen oder ein bisschen auszubessern. Erst dann kam die Restaurierung, die zum Großteil aus EU-Mitteln finanziert wurde. Damals hatten wir bereits genügend Erfahrung mit der Belebung des Klosterareals gesammelt. Mittlerweile ist das unser größtes Projekt geworden. Unsere Vision ist, aus dem Kloster eine kulturelle Institution von europäischem Rang zu machen, das Programm soll international sein. Zugleich soll das Kloster auch als Begegnungszentrum dienen. Idealerweise treffen sich hier Einheimische und Gäste aus der Ferne.“
Bei der Restaurierung von historischen Gemäuern kommt es manchmal zu Konflikten mit dem Denkmalamt. Besonders wenn das Gebäude einem anderen Zweck dienen soll als dem ursprünglichen, prallen die Interessen des Investors und der Denkmalschützer aufeinander. In den 1990er Jahren scheiterten daher viele Renovierungsvorhaben. Heutzutage scheint die Lage jedoch besser. Die Bauherrn, egal ob Firmen oder gemeinnützige Organisationen, besprechen ihre Pläne rechtzeitig mit den zuständigen Behörden, um Interessenskollisionen zu vermeiden. Martin Tomášek ist stellvertretender Leiter des Nationalen Denkmalamtes in Prag:
„Unsere im Gesetz festgelegte Rolle ist es, dem Bauherrn mit Rat zur Verfügung stehen. Zunächst besichtigen unsere Experten das Objekt und legen fest, welche Elemente schützenswert sind und was berücksichtigt werden muss. In der zweiten Phase beurteilen sie die Projektdokumentation und erstellen ein Gutachten für das Bauamt. Das fällt natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich aus, aber vielleicht sind wir in den letzten Jahren wohlwollender geworden, wenn es um den Umbau für eine andere Nutzung geht. Wir bemühen uns, historische Gebäude zu erhalten, auch wenn sie aus kunsthistorischer Sicht an Wert verlieren. Ihre Geschichte wird aber weitergeschrieben, und das ist das Wichtigste.“Ehrung vom Staat
Um vorbildliche Sanierungen historischer Objekte publik zu machen, verleiht das Nationale Denkmalschutzamt seit 2014 den Preis „Patrimonium pro futuro“. Die Zahl der angemeldeten Projekte steigt von Jahr zu Jahr, 2017 konnte die Jury bereits aus 24 Bewerbungen auswählen. Was besonders erfreulich ist: Immer mehr gemeinnützige Organisationen kümmern sich um Restaurierungsprojekte, und sie sind erfolgreich mit ihren Anträgen auf Unterstützung durch EU-Fonds. Martin Tomášek nennt dazu Beispiele:„Die Gesellschaft ‚Zubačka‘, die sich um die einzige Zahnradbahnstrecke Tschechiens von Tanvald nach Kořenov kümmert, wurde für die Rettung des alten Heizhauses geehrt. Ihre Mitglieder haben praktisch eine Ruine, in der vor mehreren Jahren die Decke eingestürzt war, wieder in den Originalzustand gebracht. Im Gebäude sind nun historische Fahrzeuge untergebracht, die auch auf der Denkmalschutzliste stehen. Ein weiterer Preisträger ist zum Beispiel ein Verein aus dem nordböhmischen Städtchen Úštěk, der sich um eine vollständige Restaurierung der dortigen Wallfahrtskirche verdient gemacht hat. In Nordböhmen ist auch eine Gemeinschaft aktiv, die im Moment noch ohne EU Gelder Umgebindehäuser pflegt.“
Obwohl bereits vieles bei der Rettung des kulturellen Erbes erreicht wurde, sind sich die Experten und engagierten Bauherren einig: Die Denkmalpflege ist eine unendliche Aufgabe – auch deswegen, weil Objekte, die heute noch nicht schützenswert erscheinen, morgen vielleicht schon anders bewertet werden.