Wird in Tschechien die Impfung nicht mehr obligatorisch sein?

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In Tschechien ist es derzeit obligatorisch, Kinder impfen zu lassen. Seit einigen Monaten wird hierzulande allerdings heftig darüber diskutiert, ob diese Pflichtschutzimpfung beibehalten werden soll. Anlass zu dieser Diskussion gab die Vereinigung Paracelsus, die eine Forderung nach Aufhebung der Pflichtschutzimpfung erhoben hatte. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Dagmar Keberlova.

Das Ziel der Vereinigung ist klar - das Recht zu entscheiden, ob mein Kind geimpft werden muss oder nicht, soll bei den Eltern bleiben. Mit dieser Initiative wendete sich die Vereinigung an alle politischen Parteien, an das Abgeordnetenhaus, an den Senat, den Präsidenten, den Ombudsmann und an die Regierung. Warum man dies wolle, dazu sagte Monika Jasmina Tronickova von der Vereinigung Paracelsus gegenüber Radio Prag:

"Weil wir glauben, dass die Eltern das Recht haben, selbst zu entscheiden. Ein weiterer Grund ist der, dass es auch Nebenwirkungen geben kann, den Tod miteingeschlossen, und diese Entscheidung sollte daher nicht nur beim Arzt liegen. Außerdem werden die Eltern in Tschechien nicht ausreichend über die Impfungen informiert."

Also Kritik nicht nur an die Gesetzgebung, sondern auch an die Ärzte. Eine offizielle Möglichkeit, sein Kind von der Impfung fernzuhalten, gibt es derzeit nicht. In vielen Fällen gehen die besorgten Eltern laut Paracelsus-Mitarbeiterin Jasmina Tronickova dann so vor, dass sie einen Arzt aufsuchen, der ihnen ihr Kind "pro forma" impft, also nur einen Stempel macht, ohne das Kind wirklich geimpft zu haben.

Eine Stellungnahme seitens der Ärzte ist es uns nicht gelungen, bis zur Sendezeit zu bekommen, mit der Begründung, im Wartesaal sitzen 50 Kinder und warten auf die Impfung gegen Kinderlähmung.

Laut dem Klinik-Psychologen Bohuslav Charvat, der sich hierzu für die Tageszeitung Pravo geäußert hatte, nehme die Auseinandersetzung ein immer größeres Ausmaß an und es gehe dabei nicht nur um die Medizin, sondern um das demokratische Recht, dass ein möglichst geringer Einfluss des Staates in die Belange der Bürger eingreifen sollte. Laut Charvat wird früher oder später mit der Integration des Landes in die Europäische Union die Pflichtschutzimpfung durch die freiwillige Impfung ersetzt. Dass sich bis zu den Wahlen im Juni nichts mehr ändern wird, ist nicht nur den Vertretern von Paracelsus klar. Nach den Wahlen hoffen sie, dass die neue Regierung für ihre Argumente offener sein werde:

"Ich hoffe zumindest, dass wir danach etwas bewirken werden können. Denn mir kommt die derzeitige Regelung unnatürlich, sogar unmenschlich vor. Derzeit werden etwa 95 bis 98 Prozent aller Kinder in Tschechien geimpft. Die Argumente beider Seiten, sowohl pro als auch contra sind viele. Auf der einen Seite gilt es einer Erkrankung vorzubeugen, auf der anderen mögliche Nebenwirkungen zu verhindern. Ein Mangel, der von beiden Seiten zugegeben wird besteht darin, dass zu wenig Informationen seitens der Ärzte an die Eltern erteilt werden."