Žídeks Traum: Baseball-Schiedsrichter in den USA

Zdeněk Žídek (Foto: ČT Sport)

Baseball ist eine von den drei typischen amerikanischen Sportarten. Europäer haben es so auch schwer, in diesem US-Sport Fuß zu fassen. Doch nun schickt sich ein junger Tscheche an, als erster Europäer einmal Spiele in der berühmten Major League Baseball zu pfeifen. Er heißt Zdeněk Žídek und kommt aus Plzeň / Pilsen.

Zdeněk Žídek  (Foto: ČT Sport)
Zdeněk Žídek liebt Baseball. In Tschechien griff er aber erst einmal zum Softballschläger, verrät der 26-Jährige:

„Darüber bin ich zum Baseball gekommen. Später habe ich dann damit begonnen, Softballspiele auch als Referee zu leiten. Sicher sind sich beide Sportarten ähnlich. Aber es bedurfte eines Zufall, bis ich dann auch zum Baseball kam.“

Die Karriere von Žídek als Softballspieler war zudem recht kurz. Denn beizeiten spürte er, dass sein Talent für diesen Sport auf einer ganz anderen Ebene liegt:

„Ich habe nur ein paar Spiele in der Extraliga absolviert. Meine Leistungen waren jedoch nicht sehr berauschend. Nebenbei stand ich fünf Jahre lang als Schiedsrichter auf dem Feld. Als ich merkte, dass ich in dieser Rolle einfach besser bin, habe ich meine Spielerkarriere relativ früh beendet.“

Major League Baseball  (Foto: slgckgc,  Flickr,  CC BY 2.0)
Žídek hatte die Trillerpfeife schon als 14-Jähriger im Mund. Sein Talent als Unparteiischer war offensichtlich, und so nahm der junge Pilsener recht zügig eine Sprosse nach der anderen auf seiner neuen Karriereleiter:

„Im Softball bin ich bis auf eine der höchsten Stufen gelangt, die es in diesem Sport gibt: Ich habe Begegnungen bei der Weltmeisterschaft gepfiffen. Als einzige Überlegung blieben also nur noch die Olympischen Spiele. Doch nach 2008 ist Softball wieder aus dem olympischen Programm gestrichen worden. Und um davon als Profischiedsrichter leben zu können, dafür ist dieser Sport nicht lukrativ genug. Deshalb habe ich mich vor den Computer gesetzt, um zu erfahren, wie man zum Referee in der MLB wird. Und nun stehe ich am Anfang dieses steinigen Weges.“

Zdeněk Žídek: „Im Softball bin ich bis auf eine der höchsten Stufen gelangt, die es in diesem Sport gibt: Ich habe Begegnungen bei der Weltmeisterschaft gepfiffen. Um davon aber als Profischiedsrichter leben zu können, dafür ist dieser Sport nicht lukrativ genug.

Wohlgemerkt, die Major League Baseball, kurz: MLB, ist eine der vier beliebtesten professionellen Sportligen in den Vereinigten Staaten. Und gemessen an der Gesamt-Besucherzahl ist sie mit konstant über 70 Millionen Zuschauern pro Saison die meistbesuchte Sportliga der Welt. Wer in dieser Spielklasse bestehen will, muss fast schon ein Martyrium an Ausbildung und Training auf sich nehmen. Žídek aber hat diesen Weg für sich bewusst gewählt:

„Zunächst muss man sich an einer von zwei professionellen Schiedsrichterschulen anmelden. Beide sind in Florida. Eine ist auf die Major League und die andere auf die Minor League Baseball ausgerichtet. 2018 bekam ich die Möglichkeit, einen Kurs der ersten Akademie zu belegen. Ich kam in die engere Auswahl der besten Schiedsrichteranwärter aus beiden Schulen. Und in diesem Jahr habe ich mit Erfolg auch die zweite Akademie besucht.“

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Žídek hat die Aufnahmetests also bestanden. Als erster Europäer hat er nun einen Profivertrag als Schiedsrichter unterschrieben. Doch wer glaubt, dass der 26-Jährige schon bald in der MLB pfeifen wird, der ist auf dem Holzweg:

„Ein Schiedsrichter kann im Unterschied zu einem Spieler die einzelnen Stufen seiner Klassifizierung nicht überspringen. Ich beginne folglich als Rookie. Jedes Jahr kann ich mich dann um eine Kategorie nach oben arbeiten. Frühestens in sechs Jahren könnte ich dann in der MLB sein – doch dies wäre ein kometenhafter Aufstieg.“

In der Regel braucht man zehn Jahre, um als sogenannter Umpire in der Major League agieren zu können. Jetzt aber beginnt Žídek auf der untersten Stufe:

Žídek: „Ein Schiedsrichter kann im Unterschied zu einem Spieler die einzelnen Stufen seiner Klassifizierung nicht überspringen. Ich beginne folglich als Rookie. Frühestens in sechs Jahren könnte ich dann in der MLB sein – doch dies wäre ein kometenhafter Aufstieg.“

„In meinem Fall wäre es ideal, wenn ich ab 1. März einsteigen könnte. Dazu benötige ich aber noch das Visum. Mein Vertrag jedenfalls gilt für die Gulf Coast League, deren Saison Mitte Juni beginnt. Die zehn besten Teilnehmer der Akademie, zu denen ich gehören sollte, haben jedoch die Möglichkeit, zuvor ein sogenanntes Erweiterungstraining zu absolvieren. Das würde für mich ungefähr Mitte April beginnen, sofern ich bis dahin meine Arbeitserlaubnis habe.“

Doch auch danach muss sich Žídek auf eine harte und entbehrungsreiche Lehrzeit als künftiger MLB-Schiedsrichter einstellen. In den ersten Jahren ist man ständig unterwegs. Als Referee der unteren Ligen bekommt man immerhin einen Schiedsrichterkollegen und einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Doch niemand könne garantieren, dass alles rund läuft, schätzt Židek ein:

Foto: MrsBrown,  Pixabay,  Pixabay License
„Wir hatten einige Vorträge, bei denen wir mit der harten Realität des Schiedsrichterdaseins konfrontiert wurden. Das wird wirklich nicht leicht, denn als Umpire hat man quasi kein Zuhause. Man hockt zudem fast das ganze Jahr über mit seinem Kollegen zusammen. In einer kurzen Saison sind es 75 Spiele und in einer langen Saison 140 Spiele, die man mit ihm zusammen absolvieren muss. Wenn die Chemie zwischen beiden nicht stimmt, kann es ein Problem geben. Auf der anderen Seite ist es der vorgeschriebene Weg zur Erfüllung eines Traums, und die Liebe zum Baseball übertrifft letztlich alles.“

Am Ende würde man für seine Anstrengungen aber auch gut belohnt, weiß Židek:

Žídek: „Wichtig ist zu sagen, dass es in der MLB exakt 76 Umpires gibt – keinen mehr und keinen weniger. Also wartet man stets, bis einer von ihnen zum Beispiel in Rente geht. Und das erste Papier, das man von der Triple-A erhält, ist ein unbefristeter Vertrag.“

„Wenn man dann an der Schwelle steht, wartet man nur noch auf den entscheidenden Anruf. Wichtig ist aber zu sagen, dass es in der MLB exakt 76 Umpires gibt – keinen mehr und keinen weniger. Also wartet man stets, bis einer von ihnen zum Beispiel in Rente geht. Und das erste Papier, das man von der Triple-A erhält, ist ein unbefristeter Vertrag.“

Die Triple-A (AAA) ist die höchste Klasse des amerikanischen Minor League Baseballs. Um sein großes Ziel eines Tages zu erreichen, hat Zdeněk Žídek neben seiner Leidenschaft für Baseball auch zwei nicht unerhebliche Voraussetzungen mit nach Übersee gebracht. Eine davon ist sein Jurastudium, das er an der Prager Karlsuniversität abgeschlossen hat:

„In Amerika hat mir das jetzt geholfen. Die Prinzipien der logischen Argumentation und das Lösen von Situationen im Baseball beruhen nämlich beide auf einer Rechtsgrundlage. Wenn es überdies zu Protesten kommt, dann sind in den Profiligen auch Anwälte im Einsatz. Und wenn man schlecht entscheidet oder etwas ungenau aufschreibt, hat man möglicherweise ein Problem.“

Baseball-Schiedsrichter  (Illustrationsfoto: Keith Johnston,  Pixabay / CC0)
Der zweite Faktor, der für Žídeks neue Karriere von immenser Bedeutung ist, sind seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse:

„Das ist eine Grundvoraussetzung, ohne brillantes Englisch würde es nicht gehen. Ich habe Englisch zwar nur am Gymnasium gelernt und danach noch einen Sprachkurs besucht, andererseits habe ich schon ein gewisses Sprachtalent. In den Vereinigten Staaten gibt es viele Schiedsrichter, die kein Englisch sprechen, sowohl aus Lateinamerika als auch aus Japan. Doch wenn diese Referees wirklich nach oben kommen wollen, ist die Sprache eine absolute Bedingung. Und hier geht es nicht so sehr um das reine Englisch, sondern man muss auch den Jargon verstehen, um nicht überrascht zu werden. Denn bei einer kniffligen Situation sollte man auch mit den Managern der Teams sachlich streiten können. Und das wird anstrengend, wenn man die Sprache nicht beherrscht.“

Derart gut gerüstet glaubt Zdeněk Žídek fest daran, dass sich sein Traum vom Schiedsrichter in der Major League Baseball eines Tages erfüllen wird. Und ein gutes Omen dafür gibt es schon: Zwei Tage vor Silvester 2018 heiratete er in Florida seine junge Frau, die seinen Weg voll und ganz unterstützen will.

Autor: Lothar Martin
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