Hoffnung auf den Home Run: Tschechische Baseballer möchten bei Heim-EM erste Medaille
Seit Sonntag beherbergt Tschechien die europäische Elite im Baseball der Männer. Das Heimteam gehört mittlerweile zu den Favoriten auf den EM-Titel. Allerdings ist nach der Teilnahme an den Baseball World Classics in Japan in diesem Jahr auch der Druck gestiegen.
Tschechien ist derzeit der Gastgeber der Baseball-EM. Das Turnier der 16 besten Mannschaften des Kontinents wird im mährisch-schlesischen Ostrava / Ostrau, im südmährischen Brno / Brünn im südwestmährischen Třebíč / Trebitsch und in Prag sowie ab der Finalrunde auch im südmährischen Blansko ausgetragen.
Während Deutschland und die Schweiz die Vorrunde im Rahmen der Gruppe D im Stadion der Eagles Praha im Prager Stadtteil Krč bestreiten, spielt Gastgeber Tschechien sozusagen in seinem Nationalstadion, dem Arrows Park in Ostrau. Nationaltrainer Pavel Chadim:
„Ich denke, dieser Austragungsort hebt den Baseball auf eine neue Ebene. Ich bin froh, dass wir in Ostrau spielen, ich habe das Stadion dort gerne. Wenn das Spielfeld noch um ein paar Meter länger wäre, dann würde ich es als perfekt bezeichnen. Aber das ganze Areal mit den Baseball- und Softball-Feldern ist wunderschön.“
Schon am Sonntag gelang dabei dem Team um Mannschaftskapitän und Feldspieler Petr Zýma der Start in den Titelkampf. Mit 9:0 siegte man gegen Österreich. Und Trainer Chadim befand nach der Begegnung, dass die Leistung in allen Mannschaftsteilen ausgeglichen gut gewesen sei. Ihn habe dabei sehr gefreut, wie seine Schützlinge auf den Gegner aus dem Nachbarland reagiert hätten.
Teilnahme an World Baseball Classic
In der Vorrunde trifft Tschechien zudem am Montag noch auf Griechenland und am Dienstag auf Spanien. Das erste Ziel ist auf jeden Fall der Einzug in das Viertelfinale. Marek Chlup ist Spieler der Eagles Praha und zuletzt auch des US-amerikanischen Profi-Baseball-Teams Lake Country DockHounds aus Wisconsin. Kurz vor der Europameisterschaft sagte der Feldspieler im Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Ich denke, wir haben eine angenehme Gruppe. Zwar gilt Spanien auf dem Papier als stärker als wir, aber eigentlich sind wir auf gleicher Höhe. Österreich und Griechenland sollten wir zum Auftakt auf jeden Fall schlagen. Aber wir dürfen sie natürlich auch nicht unterschätzen, denn eine Niederlage gegen eine der beiden Mannschaften wäre sehr unangenehm. Deswegen müssen wir sofort aufs Ganze gehen. Im Anschluss geht es nur noch darum, dass wir uns auf Platz eins der Gruppe fürs Viertelfinale qualifizieren. Dafür werden wir auch Spanien besiegen müssen. Die Begegnung mit ihnen wird sicher nicht einfach, aber schon vergangenes Jahr haben wir gezeigt, dass wir es mit ihnen aufnehmen können.“
Und dieses Selbstvertrauen kommt nicht von ungefähr. Erstmals in der Geschichte dieses Sports hierzulande war nämlich das Nationalteam zum prestigeträchtigen Turnier World Baseball Classic eingeladen. Und Tschechien machte keine schlechte Figur, obwohl das Team nur aus halbprofessionellen Spielern besteht, die alle auch noch einem Brotberuf nachgehen. So konnte sich das Team durch einen Sieg gegen China den vierten Platz in seiner Gruppe sichern. Das bedeutet, dass die tschechischen Baseballer auch in vier Jahren bei der nächsten Auflage des Turniers dabei sind.
Das World Baseball Classic hat zudem die Aufmerksamkeit der tschechischen Öffentlichkeit auf diesen Sport gelenkt, der bisher ein Nischendasein gefristet hat. So meinte der Pitcher Martin Schneider, der mit 37 Jahren das älteste Mitglied im Nationalteam ist:
„Anderswo in der Welt waren wir bis dahin sehr viel bekannter als in Tschechien. Als wir aber vom World Baseball Classic zurückkamen, haben wir gemerkt, welchen Boom wir in unserer Heimat ausgelöst haben. Uns hat es sehr angenehm überrascht, wie viele Menschen nun Baseball sehen wollten – einen Sport, den sie vorher überhaupt nicht gekannt haben. Unser Spiel gegen Japan bei dem Turnier haben zum Beispiel 800.000 bis 900.000 Menschen am Fernseher verfolgt. Das wäre früher nicht vorstellbar gewesen.“
Und der Trend zeigt sich auch bei der laufenden Europameisterschaft. Das Auftaktspiel gegen Österreich war schon viele Tage im Vorfeld ausverkauft. Und volle Tribünen gibt es auch bei der Begegnung gegen Spanien.
„Dass das Spiel gegen Griechenland noch nicht ausverkauft ist, schiebe ich auf den Termin am Montag. Wenn aber jeden Tag gespielt wird, dann müssen wir eben auch am Montag ran“, so Trainer Chadim.
Außerdem können die Mannen um Kapitän Zýma mittlerweile auch gegen die größten Teams des Kontinents bestehen. In Vorbereitung auf die EM bestritten die Tschechen drei Begegnungen mit dem 24-fachen Europameister Niederlande. Dabei konnte ein Spiel mit 6:0 gewonnen werden, das erste ging mit 0:1 verloren und das letzte mit 1:6.
In den vergangenen Jahren sind die tschechischen Baseballer immer näher an die europäische Spitze herangerückt. Bei der EM 2014 gelang sogar der vierte Platz, zudem stehen vier fünfte Plätze seit 2001 zu Buche. Spieler und Trainer wittern nun die Chance auf die historisch erste Medaille…
„Ich denke, die Spieler sind auch deswegen gereift, weil die meisten von uns neben dem Sport auch noch einem normalen Beruf nachgehen. Dadurch stehen wir ein bisschen über den Dingen. Und genau das dürfte uns im Vergleich zu den Profis helfen, die sich vom Baseball vollständig ernähren können“, sagte Nationaltrainer Chadim im Vorfeld des Turniers.
Und Martin Schneider setzt dem sogar noch etwas drauf:
„Wir haben schon seit Jahren dieselben Ambitionen: Bei jeder EM, an der wir teilnehmen, wollen wir diese historisch erste Medaille erringen, die uns bisher immer nur knapp entgangen ist. Regelmäßig fehlte ein kleiner Schritt zum Erfolg. Wir wollen also auf einem der ersten drei Plätze landen. Ich persönlich mache mit, um den Titel zu holen.“
Doch es gibt auch noch einige weitere starke Mitbewerber. Marek Chlup zählt sie auf:
„Meiner Ansicht nach sind dies die Niederlande, Israel, Großbritannien, Italien, Spanien, vielleicht auch noch Deutschland. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen, aber das dürften die stärksten Teams sein.“
Das deutsche Team startete im Übrigen am Sonntag ebenfalls mit einem klaren Sieg. Die Schützlinge von Bundestrainer Jendrick Speer setzten sich mit 17:4 gegen Belgien durch. Auch die weiteren Favoriten siegten allesamt. Der Titelkampf zu Ende dieser Woche findet dann in Brünn statt. Dort werden Halbfinale, Spiel um Platz drei sowie Finale ausgetragen.