3. Österreichisch-Tschechisches Bürgermeistertreffen in Iglau

Bürgermeistertreffen in Iglau

Etwa 150 Bürgermeister aus Tschechien und Österreich trafen sich vergangene Woche in Jihlava / Iglau, eine gute Autostunde südöstlich von Prag. Nach den erfolgreichen Österreichisch-Tschechischen Bürgermeistertreffen in Budweis im Jahr 2006 und Groß Siegharts im Jahr 2007 war es bereits die dritte Begegnung ihrer Art. Motto: Gelebte Partnerschaft. Diesjähriges Schwerpunktthema: Die Abfallwirtschaft.

Bürgermeistertreffen in Iglau
Der große Saal im Dělnický dům, im Arbeiterhaus von Iglau ist gut gefüllt, als die Österreichische Botschafterin Margot Klestil-Löffler ihre Eröffnungsrede hält. Bürgermeister aus den verschiedensten Regionen Tschechiens und Österreichs sind gekommen – teilweise alte Bekannte, die bereits in diversen Projekten oder Städtepartnerschaften zusammenarbeiten, teilweise noch Fremde, die das gemeinsame Thema Abfallwirtschaft nach Iglau gebracht hat.

Thomas Weninger, der Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes, zur Bedeutung der Konferenz:

„2007 war das Jahr, in dem weltweit erstmals mehr Menschen in Städten gelebt und gearbeitet haben als im ländlichen Raum. Das stellt natürlich große Herausforderungen für diese Städte und städtischen Zentren dar, weil die Menschen erwarten, dass die Städte funktionieren. Das betrifft die Daseinsvorsorge in all ihren Dimensionen: vom öffentlichen Personennahverkehr über die Bereiche Versorgung und Entsorgung bis hin zu den Bereichen Soziales und Gesundheit. Wir befassen uns heute bei unserem dritten Bürgermeistertreffen mit der Thematik Abfallwirtschaft, also mit der Entsorgung. Dabei geht es darum, dass gewährleistet wird, dass die Abfallentsorgung funktioniert. Also dass der Müll abgeholt und entsprechend dem technischen Standard verbrannt oder endgelagert wird.“

Thomas Weninger
Der direkte Kontakt unter den Kommunalpolitikern ist für den Erfolg solcher Veranstaltungen ausschlaggebend – und natürlich die Bereitschaft, voneinander etwas zu lernen. Thomas Weninger:

„Der erste Punkt ist – neben dem persönlichen Kennenlernen – sicher der Informationsaustausch. Meine Erfahrung ist die, dass viele Bürgermeister dann sagen: Ich war in dieser oder jener Stadt oder Gemeinde, die machen das dort so oder so, und wir sehen uns an, ob das auch bei uns so geht. Das voneinander Lernen ist sicher ein zentraler Aspekt. Darüber hinaus ist es schlicht und einfach ein Beispiel dafür, dass Europa zusammenwächst, dass Europa Normalität ist. Diese Normalität ist aber gleichzeitig in Gefahr, eben weil es so normal ist, dass wir jetzt ohne Schwierigkeiten über die Grenze fahren, und wir das gar nicht verteidigen, nicht leben. So wie wir die Demokratie jeden Tag leben müssen, müssen wir auch das geeinte Europa leben, und diese Vielfalt, die wir gerade in den Städten und Kommunen haben. Dazu gehören auch solche Bürgermeistertreffen.“

Botschafterin Margot Klestil-Löffler
Was kostet wie viel in welchen Gemeinden? Wer bezahlt was? Sollen die Kommunen die Abfallbeseitigung selbst organisieren oder lieber mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten? Welche neuen Technologien stehen im Bereich der Abfallwirtschaft zur Verfügung? Bei der Beantwortung dieser Fragen helfen die Erfahrungen anderer schon ein gutes Stück weiter, glaubt auch Oldřich Vlasák, der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes der Tschechischen Republik:

„Es geht in erster Linie um den Austausch von Information. Eine Gemeinde, die auf einem bestimmten Gebiet erfolgreich ist, die wird sich auf solchen Treffen natürlich damit rühmen. Auf diese Art gelangt das betreffende Projekt ins breitere Bewusstsein. Und weil die Bürgermeister ihre Arbeit so gut wie möglich machen wollen, werden einige versuchen, das Projekt zu kopieren, Informationen darüber zu sammeln, oder sich in bestimmten Fällen für eine Änderung der Gesetzeslage einzusetzen.“

Der Bereich der Legislative erstreckt sich dabei von den großen gesamtstaatlichen Abfallwirtschaftskonzepten bis hin zu Detailfragen. Etwa die, ob private Firmen uneingeschränkt Altmetall ankaufen dürfen, oder sich damit der Hehlerei schuldig machen, weil immer mehr Metall geklaut wird – Leitplanken, Satellitenschüsseln und Kanaldeckel inklusive.

Oldřich Vlasák
Auch wenn viele Probleme in den nationalen Parlamenten oder auf Ebene der Europäischen Union gelöst werden müssen – die Kommunikation mit den Gemeinden muss stimmen. Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes:

„Jedes Gebiet von Europa ist Gemeindegebiet. Die Gemeindeebene oder städtische Ebene ist die erste Ebene. Nicht die unterste, sondern die erste Ebene, die, wo die Menschen mit ihren Anliegen und Problemen hinkommen. Wenn man mit einem Bürgermeister durch seine Stadt geht, dann sieht man: Der ist bekannt, der wird angesprochen. Da kann man sich nicht auf Brüssel oder die jeweilige Bundeshauptstadt ausreden, sondern hier geht es um konkrete Antworten. Aber da soll man die Städte auch arbeiten lassen. Insofern ist es für uns Städte besonders schade, dass der Lissabonner Vertrag in Irland kein positives Votum gebracht hat, weil in diesem Vertrag erstmals auch die kommunale Ebene verankert gewesen wäre, und der Zielsubsidiarität die Rolle zugesprochen worden ist, die wir auf kommunaler Ebene schlicht und einfach brauchen.“

Bürgermeistertreffen in Iglau
Nikolaus Seiwald, der Österreichische Handelsdelegierte in Tschechien, wies in seinem Grußwort auf die immer stärker werdenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern hin. Tschechien sei weltweit der sechstwichtigste Handelspartner Österreichs. Das Handelsvolumen von über acht Milliarden Euro sei fast so groß wie das mit Japan und China zusammen. Die Abfallwirtschaft spielt in den bilateralen Handelsbeziehungen eine wichtige Rolle, erklärt Oldřich Vlasák, der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes der Tschechischen Republik:

„Nach der Samtenen Revolution sind endlich auch Technologien zu uns gekommen, die in anderen Teilen der Welt bereits selbstverständlich waren. Im Bereich der Abfallwirtschaft betraf das in erster Linie die Mülldeponien. Vor allem Firmen aus Österreich, Deutschland und Dänemark haben in Tschechien investiert und langfristig hier Fuß gefasst. Die Abfallwirtschaft hat sich damit von Grund auf geändert. Die Gemeinden haben erkannt, dass es sich um ein ernsthaftes Problem handelt, und begannen die ersten wirklichen Deponien zu errichten. Das heißt, dass der Müll nicht mehr einfach irgendwo hinter der Stadt weggeworfen wurde. Man begann, vorher geologische Untersuchungen zu machen, kümmerte sich um den Abzug der Gase, die auf Mülldeponien entstehen, und so weiter. All diese Technologien haben wir übernommen, und heute kann man sagen, dass die Deponien den europäischen Standards hundertprozentig entsprechen. Tschechien muss sich für seine Abfallwirtschaft heute sicher nicht mehr schämen.“

Fotos: Autor