„Wahre Freunde in Zeiten der Krise“ – Tschechiens Außenminister Lipavský besucht Wien
Tschechiens Außenminister Jan Lipavský (Piraten) hat am Dienstag Wien besucht. Dort traf er auf seinen österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg (ÖVP). Die Chefdiplomaten einigten sich, außenpolitisch auf derselben Wellenlänge zu sein. In die Donaumetropole war Lipavský auch gereist, um Auszeichnungen zu übergeben und dem bilingualen Schulverein Komenský einen Besuch abzustatten.
Es war Jan Lipavskýs erster bilateraler Besuch in Wien seit seinem Amtsantritt als Außenminister. Auf dem Programm stand am Dienstag vor allem ein Treffen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg. Der Krieg in der Ukraine und der Kampf Israels gegen die Hamas waren eines der Themen des Treffens. So sagte Schallenberg bei der gemeinsamen Pressekonferenz nach den Verhandlungen:
„In diesen Zeiten der Krise sind Österreich und Tschechien wahre Freunde und Partner. Wir wissen, dass wir aufeinander zählen können.“
Der österreichische Außenminister betonte zudem die gemeinsame Ansicht hinsichtlich der Konflikte:
„Wir teilen die Solidarität mit der Ukraine und Israel und sind einer Meinung, dass diese Länder das Recht haben, sich selbst zu verteidigen.“
Wenngleich Schallenberg die gemeinsame „Solidarität“ Österreichs und Tschechiens für die Ukraine betont – in Zahlen gemessen geht sie stark auseinander. So hat Tschechien milliardenschwere Waffenlieferungen und über 80 Panzer an Kiew geschickt, Wien hat in dieser Form gar keine Hilfe geleistet. Hinsichtlich des Konflikts zwischen Israel und der Hamas scheint man allerdings tatsächlich einer Meinung zu sein. Diese gemeinsame Geisteshaltung zeigte sich zuletzt unter anderem darin, dass die beiden Länder zu den insgesamt 14 Staaten gehören, die gegen eine UN-Resolution gestimmt haben. In dieser war eine humanitäre Waffenruhe im Gazastreifen gefordert worden, ohne den Terror der Hamas zu verurteilen. Zudem besuchten Tschechiens Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) und der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Ende Oktober gemeinsam Israel.
Außer über die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine sprachen die beiden Außenminister auch über die illegale Migration in die EU. Lipavský machte dabei noch einmal die tschechische Haltung klar:
„Wir müssen aktiv daran arbeiten, dieses Problem als solches anzugehen. Unsere beiden Länder haben in dieser Hinsicht viele gemeinsame Ansichten, und darüber bin ich sehr froh.“
Ein weiteres Thema der Diskussion, in dem beide Seiten übereinstimmten, war die EU-Osterweiterung – die Ukraine einbegriffen. Einigkeit also in vielen wichtigen Bereichen, und dies trage dann auch dazu bei, dass die bilateralen Beziehungen derzeit so herausragend seien, so Lipavský in Wien:
„Das liegt eben nicht nur an unserer geographischen Nähe und unserer Nachbarschaft. Das liegt auch daran, dass wir außenpolitisch viel gemein haben.“
Schallenberg bekräftigte ebenfalls mehrfach die tschechisch-österreichische Freundschaft. So sagte er etwa:
„Noch vor einigen Jahren – und das ist gar nicht so lange her – war jede Reise eines österreichischen Ministers nach Prag ein Hindernisparcours. Man musste zwischen heiklen Themen hindurchnavigieren, etwa wegen der unterschiedlichen Wahrnehmung der Geschichte. Donnerwetter, wie sich das geändert hat!“
Jan Lipavský nutzte seinen Besuch in der Donaumetropole auch, um eine Rede an der Diplomatischen Akademie zu halten. Dort stellte er die derzeitige tschechische Sicherheitsstrategie vor.
„Es liegt auf der Hand, dass Russlands imperialistische Ambitionen derzeit die größte Gefahr für die tschechische Unabhängigkeit und Souveränität bedeuten“,
so der Außenminister zu einem der Ankerpunkte der Strategie. Lipavský besuchte zudem den bilingualen Schulverein Komenský, der im vergangenen Jahr sein 150-jähriges Bestehen gefeiert hat.
Dem Vereinsobmann, Karl Hanzl, übergab der Chefdiplomat eine der Auszeichnungen des Außenministeriums. Bei einem Empfang in der tschechischen Botschaft überreichte Lipavský am Abend zudem eine weitere Verdienstmedaille. Sie ging an den Politiker Martin Eichtinger (ÖVP), der in der Vergangenheit Landesrat in der niederösterreichischen Landesregierung war. In dieser Rolle habe Eichtinger die Zusammenarbeit zwischen Niederösterreich und den angrenzenden tschechischen Kreisen bedeutend vorangetrieben, heißt es in der Begründung.