Äußerungen der tschechischen muslimischen Gemeinden zum aktuellen Geschehen

Die Mosche in Brno

Die Organisationen und Gemeinden der Angehörigen des islamischen Glaubens in der Tschechischen Republik distanzieren sich eindeutig von den Terroranschlägen der vergangenen Woche auf die amerikanischen Metropolen. Wie viele andere Muslime verstehen auch sie die Bedeutung des Wortes "Islam" als Weg des Friedens. Wie die tschechischen Muslime ihre Lage in der Tschechischen Republik und das Geschehen in Amerika einschätzen, dazu mehr in einem Beitrag von Karin Schöne.

In den letzten Tagen richten sich viele Blicke in Tschechien auf eine sonst wenig wahrgenommene Bevölkerungsgruppe - und häufig auch mit Argwohn. Dabei wollen sich die Angehörigen des islamischen Glaubens nicht mit dem in New York und Washington verübten Terror in Verbindung gebracht sehen. Der Vorsitzende des Dachverbandes der muslimischen Gemeinden und Organisationen in der Tschechischen Republik, Muhamad Ali Silhavy, schilderte uns die Sicht des Korans auf die Anwendung von Gewalt gegenüber Andersgläubigen:

"Im Koran steht geschrieben: Wer einen Menschen tötet, tötet die ganze Menschheit. Das bedeutet auch, dass der Islam gegen Terror, gegen Mord an unschuldigen Menschen ist. Das heißt auch, dass das, was in New York vorgefallen ist, also der Mord an unschuldigen Zivilisten, verurteilt werden muss. Zum zweiten sind diese Handlungen mit Selbstmord verbunden und auch der Selbstmord wird vom islamischen Glauben verurteilt."

Mit dieser Begründung protestierte die tschechische muslimische Gemeinde am Dienstag gegen die unangebrachte Verwendung des Begriffes des "islamischen Terrorismus" in den tschechischen Medien. In einem Brief an den tschechischen Rundfunk- und Fernsehrat forderte sie zur Korrektur des Terminus´ auf. Einer der Verfasser des Briefes, der Vorsitzende der islamischen Stiftung in Brno (Brünn) Munib Hasan, betonte: die muslimische Gemeinde erhoffe sich, dass in den Medien wie in der tschechischen Gesellschaft auch künftig eine Unterscheidung zwischen Terrorismus und Islam getroffen werde. Bisher, so Silhavy, habe noch keiner der 16 Angehörigen der muslimischen Gemeinde im südmährischen Trebic irgendwelche Aversionen erfahren. Es sei aber vorgekommen, dass muslimische Kinder in der Schule beschimpft wurden. Über einen weiteren Fall weiß Munib Hasan zu berichten:

Ich weiß von einem Fall in Prag, dass eine Familie einen anonymen Drohanruf erhielt. Sonst haben wir außer diesem Vorfall nichts verzeichnen können.

Zur Frage, wie er den geplanten Vergeltungsschlag der USA einschätzt, äußerte Hasan gegenüber Radio Prag :

"Wir hoffen, dass die Vereinigten Staaten, zum einen als Supermacht keine unüberlegten Schritte unternehmen und dass bei ihrem Vergeltungsschlag nicht unschuldige Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Also wollen wir hoffen, dass man überlegt handelt und dass dabei vor allem die Kraft der Logik und nicht die Logik der Kraft siegen wird."

Man verfolgt daher sehr aufmerksam alle Schritte, die von Seiten der USA unternommen werden. Der Vorsitzende der islamischen Stiftung äußerte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, dass er eine Beteiligung der Organe der UNO und des Weltsicherheitsrates an der Fahndung nach dem Urheber der Terroranschläge begrüßen würde. Für den Fall, dass die Schuld Einzelner nicht klar bewiesen ist, schließen die Brünner Muslime eine Protestaktion gegen eine unangemessene Antwort der USA nicht aus.

Autor: Karin Schöne
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