Angst vor der Rezession? – In Tschechien keine Panik angebracht
Deutschland steckt in der Rezession. Das meldeten am Donnerstag alle tschechischen Medien an erster Stelle. Deutschland ist der größte Handelspartner von Tschechien. Nun steigt auch die Angst, dass die tschechische Wirtschaft mit ins Tal gerissen wird. Christian Rühmkorf hat darüber mit Sebastian Holtgrewe von der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer gesprochen.
Herr Holtgreve, am Donnerstag kam die Meldung vom Statistischen Bundesamt: Deutschland rutscht in die Rezession. Das ist eine Meldung, die in Tschechien einen großen Aufschrei verursacht hat. Alle Medien haben darüber berichtet. Was bedeutet das für Tschechien, für die tschechische Wirtschaft, wenn das große Nachbarland Deutschland in die Rezession rutscht.
„Eine Rezession in Deutschland ist auch hier in Tschechien deutlich spürbar oder wird deutlich spürbar sein. Die deutsche und die tschechische Wirtschaft sind sehr eng miteinander verbunden. Tschechien ist ein exportorientiertes Land und wichtigster Abnehmer ist nun mal Deutschland. Und wenn in Deutschland die Nachfrage zurückgeht, dann werden das die tschechischen Unternehmen ganz deutlich zu spüren bekommen.“
Wie viel Prozent des tschechischen Exports landen dann tatsächlich in Deutschland?
„Es sind derzeit gut 30 Prozent. 30 Prozent der Artikel, die hier in Tschechien exportiert werden, landen in Deutschland. Häufig sind das auch Artikel aus den Kernbranchen hier und auch in Deutschland, das heißt aus der Automobilbranche und dem Maschinenbau. Und gerade diese Branchen sind ja vom aktuellen Nachfragerückgang besonders stark betroffen.“
Die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer ist der Knotenpunkt zwischen der deutschen und der tschechischen Wirtschaft. Welche Reaktionen verzeichnen Sie von tschechischen Exportfirmen in dieser Situation?„Unsere Mitgliedsunternehmen reagieren selbstverständlich auf diese Situation. Gerade die produzierenden Firmen haben gar keine andere Wahl, als zu reagieren. Wenn ich plötzlich 20 Prozent weniger Produkte verkaufen kann, muss ich eben sehen, wie ich meinen Laden hier in Tschechien am Laufen halte. Konkret bedeutet das für die Unternehmen hier, dass viele produzierende Firmen Mitarbeiter freigesetzt haben, Verträge von Leiharbeitern nicht verlängert haben und sich auf jeden Fall Gedanken machen, wie sie zumindest für eine mittelfristige Periode ihren Personalbestand in gewisser Weise auch verringern können.“
Die Bundesregierung denkt über ein Konjunkturprogramm nach, versucht also Maßnahmen zu treffen, die die Wirtschaft stützen könnten. Wie sieht das in Tschechien aus? Würden Sie der tschechischen Regierung ein Konjunkturprogramm empfehlen? So etwas ist ja sehr umstritten.
„Konjunkturprogramme sind ja auch in Deutschland nicht unumstrittten. Und jetzt hier in Tschechien panisch zu reagieren, halte ich nicht für angebracht. Ich denke, dass die tschechische Wirtschaft nach wie vor sehr robust dasteht und sehr gut ist und durchaus auch die Kraft hat, mal so ein Konjunkturtal zu durchschreiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier sinnvoll wäre, jetzt mit aller Macht die Konjunktur wieder anzuschieben.“Ihre Prognose – werden die tschechischen Bürger, die Konjunkturkrise, die Wirtschaftskrise in ihrem Portemonnaie konkret zu spüren bekommen?
„Da gehe ich ganz stark von aus. In den letzten Jahren hatten wir immer starke Wachstümer beim Gehaltsniveau hier in der Tschechischen Republik und das wird sich mit Sicherheit jetzt ein bisschen regulieren. Es wird zwei, drei Jahre dauern, bis wir wieder große Gehaltssprünge hier in Tschechien machen und ich denke, das wird der einzelne Bürger - mit Sicherheit nicht in allen - aber in manchen Bereichen doch deutlich zu spüren bekommen.“