Arbeitslosigkeit auf Rekordtief - aber neue Problemgebiete

Die Arbeitslosenzahlen in Tschechien sinken weiter, dieser Trend herrscht fast landesweit vor. Selbst dort, wo das einstige eiserne Herz der tschechoslowakischen Wirtschaft fast aufgehört hat zu schlagen, gerät der Arbeitsmarkt wieder leicht in Bewegung: in den Schwerindustrie-Gebieten Nordböhmens und Nordmährens. Doch zum Jubeln geht dort niemand auf die Arbeitsämter - ein Bericht über die neuen Beschäftigungszahlen in Tschechien.

Petr Necas
Die Aussagen über den tschechischen Arbeitsmarkt im September klingen wohltuend und die Prognosen beruhigen weiter. Nur noch 6,2 Prozent der Erwerbspersonen konnten in dem Monat keine bezahlte Beschäftigung finden.

"Ich nehme an, dass die Arbeitslosigkeit im Laufe des Oktobers auf unter sechs Prozent fallen und damit den niedrigsten Wert der vergangenen zehn Jahre erreichen wird. Grund ist das Wirtschaftswachstum, das stabil ist. Wir haben auch weiterhin die Kraft, einen Wachstumswert zwischen fünf und sechs Prozent zu erreichen."

So sieht Ales Michl, der Wirtschaftsanalytiker der Raiffeisenbank, die Lage. Arbeits- und Sozialminister Petr Necas legte sogar noch einen drauf. Würden die Sozialreformen der Regierung inklusive des neuen Arbeitsgesetzbuches umgesetzt und würde gleichzeitig das Wirtschaftswachstum anhalten, dann sei sogar ein Wert unter fünf Prozent erreichbar.

Allerdings sind die Ergebnisse weiterhin regional sehr unterschiedlich. Während Städte wie Prag oder das mittelböhmische Mlada Boleslav / Jungbunzlau bereits seit langer Zeit Vollbeschäftigung melden, liegen die Arbeitslosenzahlen in Nordböhmen und Nordmähren konstant deutlich über dem Landesschnitt. Die Spannbreite beträgt derzeit zwischen 1,8 Prozent in Prag-West und 16,6 Prozent in Most / Brüx. Zwar konnten auch in den von der Arbeitslosigkeit am schwersten betroffenen Regionen mehr Menschen Beschäftigung finden. So stiegen die Beschäftigungszahlen in 73 von insgesamt 77 Bezirken des Landes. Doch entstehen neue Problemzonen in den ländlichen Bereichen Nordmährens. Dort klagen Regionalpolitiker, dass es an ausbaufähigen Gewerbegebieten fehlt, die neue Investoren anlocken können. Die Leiterin des Bezirks-Arbeitsamtes in Opava / Troppau, Jarmila Materankova, konstatierte deswegen ernüchtert:

"Uns fehlen gewöhnliche Arbeitsstellen für einfache Leute. Nur auf solche können sich unsere Klienten auch bewerben."

Zugleich kommt in den Regionen hoher Arbeitslosigkeit hinzu, dass die Hälfte der Menschen ohne Beschäftigung schwer zu vermitteln ist. Sie sind entweder länger als ein Jahr keiner geregelten Beschäftigung mehr nachgegangen, über 50 Jahre alt oder haben wegen Behinderungen nur äußerst schweren Zutritt zum Arbeitsmarkt. Und das betrifft die ländlichen wie die industriell geprägten Gebiete gleichermaßen. Und da mag die Wirtschaft boomen, wie sie will: Es ist kaum anzunehmen, dass sich hier ohne spezielle Hilfsprogramme in den nächsten Jahren durchschlagende Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt erzielen lassen.

Autor: Till Janzer
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