Askiburgion, ein unbekannter Landstrich Tschechiens

Nizky Jesenik

In den Sendungen von Radio Prag geht es nun weiter mit dem Regionaljournal. Dagmar Keberlova führt Sie in eine sowohl in der Tschechischen Republik als auch im Ausland wenig bekannte Region in Nordmähren. Dass es mehr als wertvoll ist, sich dorthin zu begeben, das zeigt sie ihnen in den folgenden Minuten.

Nizky Jesenik
Den Jesenik, das Altvatergebirge, kennen vielleicht die meisten Tschechen, doch den niedrigeren Teil, den Nizky Jesenik, nicht unbedingt. Doch leisten einige Menschen dort viel Arbeit. Menschen, die sich in der Vereinigung Der Heimatwanderer, schon vor Jahren zusammengefunden haben. Mehr dazu von Petr Anderle, dem Leiter des Heimatwanderers:

"Da müssen wir ein wenig in die Geschichte zurück. Unser Verband wurde nach 1989 gegründet zur Wiederherstellung eines kulturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gedächtnisses, das durch zwei totalitäre Systeme praktisch zur Gänze zerstört wurde. Unser Hauptziel ist es, den Menschen die Geschichte dieser Region, vor allem der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erklären. Wir wollen die Kontinuität der geschichtlichen Zusammenhänge wieder etablieren."

Den Namen für den Verband, der Heimatwanderer, haben sich die Gründer von einem Landsmann aus dem 19. Jahrhundert ausgeliehen, der damals einen deutsch-tschechischen Kalender herausgegeben hatte. Beide Sprachversionen hatten diesen Namen. Es war damals sowohl ein geschichtlicher als auch ein geographischer Wanderer gemeint, und dies entspreche auch der Tätigkeit des Verbandes. Deshalb habe man den Namen angenommen. Heute sei dieser schon ein Synonym für viele kulturelle und geschichtliche Veranstaltungen, die in dieser Region stattfinden, sagte mir Herr Anderle weiter. Der Name für die Region ist sehr originell, obwohl ebenfalls nur übernommen, diesmal sogar aus dem Griechenland des 2. Jahrhunderts:

Moravsky Beroun,  foto: Google Maps
"Der Name ist uns eingefallen weil wir so diese Gegend charakterisieren wollten. Es ist ein Teil des damaligen Sudetenlandes und geographisch durch zwei Gebirgsmassive definiert. Die Aufteilung in Landkreise finden wir etwas ungünstig, da dies gegen die Traditionen der Jahrhunderte geht. Den Oberbegriff haben wir im 2. Jahrhundert bei dem griechischen Mathematiker und Geografen Ptolemaios gefunden. Er malte in Alexandrien Landkarten, so wie sie ihm von Soldaten und Geschäftsleuten erzählt wurden. Dort wo heute Böhmen und Mähren ist, malte er ein Land, das von Biochamen bewohnt wird - wahrscheinlich eine Anspielung auf Böhmen - und wenn wir seine Karte mit der heutigen vergleichen, liegt Askiburgion gerade dort, wo sich unsere Region befindet."

Unlängst bekam man für den Namen sogar Lob von einem Linguisten, der entdeckt hat, dass der Name Askiburgion aus der altgermanischen Sprache stammt und so viel wie Eschengebirge bedeutet. Auf Tschechisch sei es dem aktuellen Namen sehr ähnlich, Jasaniky, die Übersetzung für Eschengebirge, und dies klingt fast gleich wie Jeseniky, was der tatsächliche Name des Gebirgsmassivs ist.

Im Herbst dieses Jahres hat der Verband eine CD herausgegeben, die eine gute Leistung für den Bekanntheitsgrad der Region darstellt. Mehr dazu von Petr Anderle:

Velky und Maly Roudny
"Die CD ist eines der Produkte unserer Tätigkeit. Wir wollen den Menschen die Schönheiten dieses Landstrichs zeigen, vor allem die Gegend des Nizky Jesenik. Es ist eine Landschaft die nicht nur sehr schön ist, sondern auch viele Denkmäler hat, wie verschiedene Kreuze, Kapellen, Kirchen und andere Kulturdenkmäler. In der Region von Bruntal gibt es nach Prag die meisten Kulturdenkmäler des Landes. Leider waren viele sehr vernachlässigt, wir arbeiten allmählich an der Renovierung, und einiges ist uns schon gelungen. Wir glauben, dass der Fremdenverkehr eines der Dinge ist, die der Region helfen können. Das ist uns nicht nur so eingefallen. Wir gehen erneut von der Geschichte aus, denn in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts war dieses Gebiet zwar relativ arm, aber Tourismus war eine der wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten. Bei allen Selbstverwaltungsbehörden hat es damals eine Tourismuszentrale gegeben. Jedes Gasthaus hatte damals ein oder zwei Zimmer zu Übernachten, denn damals galt die Regel: Der Gast, der frühstückt, ist besser als der, der zu Mittag isst. Was wir also bieten können? Eine wunderschöne Landschaft, Denkmäler, Kultur. Diese Art von Touristik kann sehr beliebt werden, denn sie bringt Erkenntnisse mit sich und dafür sind die Menschen bereit, Geld auszugeben. Diese Art von Touristik hat Zukunft, und eines der bisher nicht entdeckten Gebiete ist das Niedrige Altsvatergebirge."

Nizky Jesenik
Die CD enthält alle möglichen nützlichen Dinge: verschiedene Tourismuspfade, Photos aus der Region, ein Inhaltsverzeichnis, die wichtigsten Kontakte für Unterkunft und Verpflegung. Nun komme es nur noch darauf an, was jeder Besucher für sich selbst aus diesen Informationen herausholt. Die CD ist auch in englischer, deutscher und polnischer Sprache verfasst.

So eine große Sache hätte man allerdings nicht so einfach zustande bringen können, wenn man die Erfahrung aus der vorangehenden zehnjährigen Tätigkeit nicht gehabt hätte, sagt Herr Anderle weiter. Gleich im Jahre 1990 hatte man begonnen, die Zeitschrift "Zeit" herauszugeben. Seit dem Jahr 2000 ist es dann eine Reihe von Heimatstudien. Von diesen gibt es ca. 8 pro Jahr, und alle Ausgaben betreffen sowohl die Geschichte als auch die Gegenwart. Sie entdecken interessante Orte, Denkmäler, Einheimische, Legenden. Über all das wird geschrieben, und das hilft den Menschen, Orte kennen zu lernen, die sie vielleicht nur als Bahnstationen kennen. Und es gibt vieles zum Kennen lernen, denn es handelt sich in diesem Sinne um eine sehr reiche Region. Die Menschen, die hier vor Jahrzehnten gelebt haben und die jetzt vom Heimatwanderer entdeckt werden, hätten schon damals die europäische Gemeinschaft viel besser verstanden als die Menschen von heute, sagt Herr Anderle weiter. Denn es war egal, welche Sprache sie gesprochen haben. Wichtig war die Zugehörigkeit zum Ort. Der Heimatwanderer versucht, sich auch mit dem Thema des Sudetenlandes auseinander zu setzen. Doch damit stehe man erst am Anfang, sagt er:

Budisov nad Budisovkou,  foto: Google Maps
"Wir wollen das Sudetenland nicht aus dem Blickwinkel der Jahre 1938 bis 1947 betrachten. Auch wenn wir dieser Zeit nicht ausweichen wollen, glauben wir, dass das Sudetenland sehr gelitten hat. Alle Angriffe der Tataren, Mongolen, Schweden hatten sich hier auf diesem hart geprüften Gebiet abgespielt. Nicht nur Tschechien, sondern ganz Europa ist unserer Meinung nach dem Sudetenland etwas schuldig. Europa sollte darüber nachdenken, ob und wie das Sudetenland rehabilitiert werden könnte. Und dies auch mithilfe europäischen Geldes. Bevor wir aber so etwas verlangen, müssen zuerst wir wissen, wie das Geld anzuwenden. Wir wollen ein Netz von kleinen Projekten schaffen, dass zur bürgerlichen Rehabilitierung des Sudetenlandes führen würde. Diese Projekte sollen von Non-profit Organisationen getragen werden."

Weitere Informationen über Askiburgion finden Sie unter www.askiburgion.cz und dies auch in Deutsch.