Atelier Páral in Cesky Krumlov

Cesky Krumlov, foto: CzechTourism

Eine Agentur des tschechischen Keramikdesigns, ein Internationales Kunststudio, drei Galerien. Dies alles hat der Bildhauer und Keramiker Milan Páral in der südböhmischen Stadt Cesky Krumlov gegründet und aufgebaut. Ein Gespräch mit dieser bedeutenden Persönlichkeiten des künstlerischen Lebens in Krummau, das übrigens sehr reich ist, hören Sie im nachfolgenden Kultursalon. Am Mikrophon begrüßen Sie Markéta Maurová und Philipp Kauthe.

Cesky Krumlov,  foto: CzechTourism
Unser Gespräch spielte sich an einem wunderschönen Spätsommertag ab. Wir saßen auf einer Terrasse an der Moldau. Die Sonne schien, die Luft war kühl und der Fluss murmelte im Hintergrund. "Es ist schön hier" waren die ersten Worte, die ich von Milan Páral gehört habe. Er hat sie während unseres Gesprächs mehrmals wiederholt, und das obwohl er noch etwa drei Wochen vorher mit dem Hochwasser kämpfen musste. Das Wasser hat ihm alles genommen, doch Milan Páral betrachtet dies nicht als Katastrophe, sondern als Aufforderung, besser anzufangen. Die Terrasse, auf der wir gemeinsam saßen, gehörte zu seinem Atelier des Internationalen Kunststudios...

"Das hier ist ein besonderer Ort in Krummau. Er heißt "Auf der Pforte" und nur wenige Leute wissen davon. Es ist hier schön geschlossen, vor der Öffentlichkeit versteckt und gleichzeitig ganz im historischen Stadtkern. Ich muss wiederholen: Es ist schön hier. Und da es hier schön ist, habe ich mein Atelier vor einigen Jahren gerade hier errichtet. Ich liebe diesen Ort sehr. Und bekanntlich teilt man, wenn jemand etwas liebt, seine Freude gerne mit anderen Leuten. Die Freude verdoppelt sich dadurch."

Milan Páral ist zwar in Prag geboren, betrachtet sich selbst jedoch als einen Krummauer. Der Lokalpatriotismus ist aus jedem Wort zu hören.

"Ich lebe seit frühester Kindheit in Krummau, und ich habe diese Stadt liebgewonnen. Wenn man jung ist und das Bedürfnis hat, sich mittels der bildenden Kunst zu realisieren, widmet man sich natürlich zunächst dem Zeichnen oder Malen. Ich habe hier in der Stadt auf solche Weise gelebt, dass ich auf den Straßen und Bürgersteigen zu sitzen und die Architektur von Krummau zu malen pflegte. Ich fühle mich hier seit der Kindheit sehr wohl. Und konkret dieses Atelier habe ich gefunden... Es dauerte eigentlich sieben Jahre. Da ich etwas expansiv bin und immer mehr Raum brauche, musste ich mein Atelier in meinem Haus verlassen, das mir zu klein war. Und nach sieben Jahren intensiver Suche habe ich diese schöne alte Scheune gefunden. Seitdem habe ich diesen Ort sehr liebgewonnen."

In der Scheune entstand bald ein neues Atelier, in dem Milan Páral nicht allein arbeitet. Wie wir bereits gehört haben, will er seine Freude mit anderen Leuten teilen. Und so gründete er eine Galerie, ein internationales Künstlerstudio und - wie er betont - einen Treffpunkt guter Menschen. Alles begann damit, dass vor vielen Jahren, kurz nach der Samtenen Revolution, ein unbekannter Mann aus den USA an Párals Tür klopfte und sagte, er sei auch Bildhauer. Milan Páral lud ihn nach Krummau ein und sein Kollege blieb nicht 2-3 Tage, wie geplant, sondern anderthalb Jahre bei ihm. Das war der Anfang. Später schlossen sich weitere Künstler aus dem In- und Ausland an, bis 1995 ein internationales Künstlerstudio mit einer Galerie und einem Informationszentrum gegründet wurde. Wie die Tätigkeit seines Studios aussieht, davon erzählt weiter Milan Páral.

"Die Leute leben in Krummau und sie erleben Krummau, diesen schönen Ort, und sie arbeiten hier. Und unter dem Eindruck dessen, was sie hier erleben, schaffen sie ein Werk oder eine Sammlung. Diese Werke werden meistens im nachfolgenden Jahr in die neue internationale Ausstellung der Keramikkunst eingeordnet, die wir in zwei Galerien im Schloss veranstalten."

In diesem Herbst wollte Milan Páral gemeinsam mit einer Gruppe von Künstlern Masken bilden. Doch das Schicksal hat anders entschieden. Das Hochwasser verhinderte nicht nur die Veranstaltung dieses Treffens, sondern vernichtete auch das ganze Atelier "Auf der Pforte". Sein Besitzer erinnert sich an die August-Tage dieses Jahres und seine Bemühung, möglichst vieles zu retten:

"Es verlief ziemlich hektisch, weil es keine Informationen gab. Das ist logisch, ich kann es verstehen. Unglücklicherweise ging zwei Wochen vor dem Hochwasser eine große Ausstellung zu Ende und wir haben die Werke in drei großen LKWs hierher gebracht und hier entstand ein Kunstdepot. Wir kämpften daher mit der Zeit und versuchten, Gegenstände, Zeichnungen und Gemälde möglichst hoch zu tragen. Wir haben aber kein oberes Stockwerk, wohin wir dies alles hätten tragen können. Und so stopften wir Schränke und Regale voll und waren uns nicht darüber im klaren, dass wenn das Wasser steigt, alle diese Möbel aus Holz schwimmen würden. Sie schwammen und alles fiel aus den Schränken und Regalen heraus."

Dies hat Milan Páral jedoch erst festgestellt, als er wieder in sein Atelier zurückkommen konnte...

"Der erste Blick war katastrophal. Das war ein gefällter Wald. Der gesamte Raum war voll von zerstörten Sachen bis zur Höhe von anderthalb Metern. Darum geht es aber nicht so sehr. In der Zeit, als der Wasserpegel sank, habe ich daran gedacht, was sich drin befand, ob es überlebte oder nicht. Das Herz war natürlich dabei, weil es meine Kinder sind - jede Statue und jedes Bild. Aber ich habe auch daran gedacht - es sei dort dieses oder jenes Werk von diesem oder jenem Autor - und hatte eher um diese Werke Angst.

Man hätte in einer solchen Situation Skepsis, Verzweifelung erwartet. Glücklicherweise betrachtet der Bildhauer die Ereignisse auf eine völlig andere Weise, als eine neue Gelegenheit, als eine Aufforderung... Nicht nur für seine eigene künstlerische Arbeit, sondern auch für das gesamte Leben der Gesellschaft...

"Aber was. Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Sehr wichtig ist daran, dass wir, die Menschheit, dank dem Hochwasser eine riesige Menge Ballast losgeworden sind. Wir sind auf eine merkwürdige Weise zu stark wirtschaftlich, marktwirtschaftlich orientiert. Wir unterliegen verschiedenen Werbungen und kaufen Sachen, die wir für unser Leben gar nicht brauchen, und umgeben uns mit dem Ballast... Und das Wasser hat es uns weggenommen. Das ist wunderbar. Es stehen mir jetzt drei gereinigte Ateliers zur Verfügung. Das ist eine tolle Aufforderung anzufangen und besser anzufangen. Nun ist die Zeit zum Nachdenken, was wir gut machen, was wir schlecht machen. Wenn wir renovieren und aufs Neue anfangen werden, dann sollen wir besser renovieren und besser anfangen."

Aus künstlerischer Perspektive findet Milan Páral in der Hochwasserkatastrophe neue schöpferische Impulse. Ihm persönlich sei bereits klar, wie aufs Neue anzufangen sei. Er kenne sein Thema jetzt bereits...

"Natürlich. Das ist klar. Das Hochwasser war ein Spiegel, der unserer Gesellschaft auf hervorragende Weise vorgehalten wurde. Wissen Sie, in solchen hektischen Zeiten können wir unterschiedlichen Reaktionen begegnen. Sie treffen schöne Menschen, die bereit sind, Ihnen zu helfen und Ihnen ihren letzten Mantel zu geben, und sie treffen auch eine gewisse Art von Blutsaugerei. Das ist unsere Gemeinschaft, das ist unser ganzer Planet. Und hier trat es in gesteigerter Form auf. Das ist das Thema: wir, die Gesellschaft, in dieser Zeit, in diesem Zeitalter. Die Renovierung des Ateliers soll qualitativ besser sein und an dieser Stelle soll für immer eine bildhauerische Raumkomposition entstehen, die auf diesen Zustand reagiert, diesen Zustand und diese Zeit bezeugt."

Das erste Kunstwerk, das unmittelbar auf das Hochwasser reagiert, ist bereits geschaffen worden. Eine blaue Linie zeigt an einer Mauer vor dem Atelier, bis wohin das Wasser reichte.

"Es ist wohl sehr einfach: Ein Mann kann natürlich nicht solche Sachen machen, die nicht zu sehen sind. Das ist das Problem eines Mannes, insbesondere wenn er sich in der bildenden Kunst realisiert. Stellen Sie sich mich vor, wie ich hier zwei Wochen lang nur aufräume und Sachen hin und her trage... Da würde ich verrückt. Als die Lage also gewissermaßen erträglich war und der Schimmel weg war, konnte ich es psychisch nicht mehr aushalten. Ich konnte aber nicht mit der Arbeit anfangen, weil die Öfen, Materialien, Technologien unter Wasser standen... Und so habe ich meine Selbstrealisierung irgendwo anders gefunden. Ich begann, aus einem Kobaltmosaik, das ich zufällig hatte und das nicht weggeschwemmt werden kann, das ewig ist, also ich begann daraus eine Kobaltlinie zusammenzusetzen, die den Höchststand der Moldau dokumentiert. Wohl damit es nicht vergessen wird. Es ist eigentlich die erste Tat, die erste Stufe auf der Treppe, die vor uns steht, um den Statuenraum zu realisieren, der unsere Werte, unsere Philosophie, die heutige Zeit oder sogar unsere Werteskala widerspiegeln wird."