Atomwaffen, Afghanistan, Temelín, neuer Botschafter: Rückblick auf zwei Tage USA-Russland-Gipfel

Barack Obama (Foto: Štěpánka Budková)

Präsident Dimitri Medwedew ist am Donnerstagnachmittag aus Prag abgeflogen. Und mit ihm, so berichten jedenfalls Augenzeugen, als Reisemitbringsel der Delegation gleich kistenweise tschechisches Bier. Barack Obama, der mit Medwedew am Donnerstag auf der Prager Burg einen neuen Atomwaffen-Abrüstungsvertrag unterzeichnet hat, ist noch in Prag geblieben. Am Abend lud er elf Staats- und Regierungschefs aus mittel- und osteuropäischen Staaten in die Residenz des amerikanischen Botschafters in Prag. Mit dabei war auch der tschechische Premierminister Jan Fischer. Kurz vor seinem Rückflug traf Obama noch Präsident Klaus und die tschechische Regierung zu bilateralen Gesprächen.

Zu fortgeschrittener Stunde bat Premier Fischer am Donnerstagabend zum Pressegespräch in die Regierungsvilla über den Dächern der Prager Kleinseite. Während über der nächtlichen Stadt die Hubschrauber zum Schutz des US-Präsidenten kreisten, zog der tschechische Regierungschef Bilanz über einen ereignisreichen Tag.

Jan Fischer und Barack Obama  (Foto: ČTK)
„Ich denke, die Unterzeichnung des New-Start-Vertrages ist nicht nur wegen seines Inhaltes bedeutend, sondern vor allem als Signal. Als Signal dafür, dass sich die zwei Supermächte USA und Russland über ein sehr heikles Thema verständigt und schließlich eine gemeinsame Lösung gefunden haben.“

Das Abendessen mit Präsident Obama und den elf Staats- und Regierungschefs von Estland über Polen bis Kroatien habe in sehr entspannter Atmosphäre stattgefunden, berichtete Premier Fischer:

„Der amerikanische Präsident hat uns versichert, dass wir weiterhin zum so genannten euro-atlantischen Raum gehören. Und zwar auch jene Länder, die den Nato-Beitritt erst anstreben.“

Obama habe diese euro-atlantische Partnerschaft als Wertegemeinschaft beschrieben, die es zu bewahren gelte. Die Befürchtung, die ost- und mitteleuropäischen Staaten könnten in den Schatten der gestärkten russisch-amerikanischen Partnerschaft geraten, sei also unbegründet, betonte Premier Fischer.

Besprochen haben die Staats- und Regierungschefs mit Obama auch die Zusammenarbeit in Afghanistan. Gerade die Frage der Aufstockung der Kontingente in Afghanistan hat das Verhältnis zwischen den USA und einigen ihrer europäischen Verbündeten zuletzt belastet. Darunter ist auch Tschechien, das rund 500 Soldaten vor allem in der Provinz Logar stationiert hat. Für die Entsendung von weiteren rund 55 Soldaten gibt es im tschechischen Abgeordnetenhaus zurzeit keine Mehrheit.

„Möglicher Weise arbeiten wir, also die tschechische Regierung, ein neues Konzept für den Einsatz in Afghanistan aus. Die Zahl der zusätzlichen Soldaten würde zwar gleichbleiben, aber statt weiteren Kampftruppen könnten wir mehr Spezialisten entsenden, zum Beispiel Polizei-Ausbilder. Damit würden wir den Bedürfnissen unserer amerikanischen Partner gerecht werden. Und gleichzeitig würden damit die Chancen auf eine Zustimmung im tschechischen Abgeordnetenhaus steigen“, so Premier Fischer, der mittlerweile auf dem Weg in die USA ist. Dort wird er am Montag auf Einladung von Barack Obama gemeinsam mit über 40 Regierungschefs an einem Gipfel zur Kernwaffensicherheit teilnehmen.

Ein weiteres Thema, über das am Rande des amerikanisch-russischen Gipfels in Prag diskutiert wurde, war der Ausbau des tschechischen Kernkraftwerkes Temelín. Neben einem französischen Konzern zeigen auch russische und amerikanische Firmen Interesse an dem Milliardenauftrag. Präsident Klaus und Premier Fischer bestätigten zwar darüber mit Medwedew und Obama gesprochen zu haben. Doch weitere Details drangen nicht an die Öffentlichkeit.

Kernkraftwerk Temelín
Intensiv beschäftigt haben sich Politiker und Delegationen außerdem mit der Neubesetzung der US-Botschaft in Prag. Seit über einem Jahr ist der Botschafter-Posten vakant. Am Freitagvormittag hat Präsident Barack Obama seinem Amtskollegen Václav Klaus dem Vernehmen nach den neuen Botschafter vorgestellt. Doch sein Name bleibt vorerst geheim. In einigen Wochen könnte er offiziell nominiert werden, versicherte US-Außenministerin Hillary Clinton ihrem tschechischen Gegenüber Jan Kohout.

Am Freitagvormmittag gegen 10:45 ist die „Air Force One“ mit Präsident Obama an Bord in Prag Richtung Washington gestartet. Ob auch sie tschechisches Bier geladen hatte, so wie Medwedews Iljuschin, ist nicht bekannt.