Auf den Spuren einer nicht mehr existierenden Gemeinde

Und jetzt geht es bei uns Richtung Nordböhmen, genauer gesagt zu einem Ort im sogenannten Sluknov/Schlukenau-Zipfel, an dem sich einst die am nördlichsten gelegene Gemeinde der ehemaligen Tschechoslowakei befand. Bereits zum dritten Mal veranstaltete die Gesellschaft für den Transport der Jahrszeiten - so der etwas kurios klingende offizielle Titel eines inoffiziell existierenden Vereins mit Sitz in Decin - Tetschen am vergangenen Wochenende einen Ausflug zu dem erwähnten Ort. Jitka Mladkova war dabei:

Der Ort hatte einst einen Namen - Fugau auf deutsch, Fukov auf tschechisch. Nach mehr als 500 Jahren hörte er auf zu existieren. Bis 1945 gab es hier 141 Häuser mit rund 800, zum Großteil deutschsprachigen Bewohnern. In der

Gemeinde war u.a. eine zwei-Klassen-Schule, die St.Wenzels-Kirche mit einem Pfarrhaus, ein Postamt und jeweils ein Zollamt auf der tschechischen und der deutschen Seite der hier verlaufenden Staatsgrenze. Diese bildet auch heute auf einem kurzen Abschnitt die Spree, die nicht weit von hier ihre drei Quellen hat. Die Entfernung zwischen der einstigen tschechischen auf der einen und der bis heute existierenden deutschen Ansiedlung auf der anderen Seite ließe sich buchstäblich mit dem Katzensprung als Maßeinheit vergleichen. Durch die Kriegsereignisse und die danach folgende Vertreibung der meisten Einwohner der Gemeinde ist hier alles anders geworden. Fugau/Fukov rappelte sich nicht mehr zu einem neuen Leben auf, im Gegenteil! Der Verfallprozess endete 1960, als die Dorfkirche mit dem Friedhof und die Schule in die Luft gesprengt wurden, der Rest wurde mit dem Bulldozer dem Boden gleichgemacht. Einen der Organisatoren der Wanderung nach Fukov - Milan Rosenkranz von der "Gesellschaft für den Transport der Jahreszeiten" - fragte ich, warum diese Veranstaltung bereits zum 3.Mal auf dem ansonsten eher kuriosen Programm seines Vereins stand. In diesem Falle nämlich, wie seiner Antwort zu entnehmen ist, hatte man etwas anderes im Sinn:

"Eine Reihe unserer Mitglieder interessiert sich für die Geschichte, und in jüngster Zeit, nachdem sich bei uns die politischen Verhältnisse entspannt hatten, sagten wir uns, dass wir auch an die noch nicht so weit entfernte Geschichte erinnern sollten. Zu dieser gehört auch die Gemeinde Fukov, die seit 1945 nach der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung faktisch kontinuierlich liquidiert wurde und letztendlich nicht nur von der tschechischen, sondern auch von der europäischen Landkarte verschwunden ist. So haben wir diese Gemeinde als Beispiel gewählt, wie alte Traditionen wiederbelebt werden sollten."

An der ersten Wanderung nach Fukov, die im Juli 1999 stattfand, nahmen 11 Personen teil, voriges Jahr waren es schon über 40, am letzten Wochenende 71. Außerdem wurde im letzten Jahr an Stelle der verschwundenen Gemeinde Fukov/Fugau aus Anlass ihrer Liquidierung am 23.September 1960 ein Holzkreuz in der Nähe des ehemaligen Friedhofs aufgestellt. In Anwesenheit einige Hundert Teilnehmern aus Tschechien und Deutschland wurde hier auch eine Gedenkmesse unter freiem Himmel zelebriert.