Bessere Welt, selbst gemacht: das Jugendprogramm "Make a connection"
Mit verschränkten Armen darauf warten, dass die Welt so wird, wie man sie haben möchte - das funktioniert selten. Vielmehr geht es darum, selbst etwas in Bewegung zu setzen. Genau das will das internationale Stiftungsprogramm "Make a connection" jungen Menschen in Tschechien mit auf den Weg geben. "Pripoj se - schalt dich ein", heißt der tschechische Ableger. Thomas Kirschner hat das Programm für eine neue Ausgabe von Forum Gesellschaft unter die Lupe genommen....
Junge Leute, tatkräftig und den Kopf voller Ideen - das ist die Zielgruppe des Programms "Make a connection". Der weitere Name ist zugleich das Motto: "Pripoj se - schalt´ dich ein!"
"Einschalten sollen sich junge Leute im Alter von 16 bis 24 Jahren, und zwar in das öffentliche Leben und in die Gesellschaft in dem Ort, an dem sie leben. Es geht darum, dass die Jugendlichen erkennen, dass auch sie etwas für ihre Umgebung, für die Menschen um sie herum tun können - dass sie Kontakt aufnehmen und etwas gemeinsam etwas Nützliches entstehen lassen können."
Erklärt Programmleiterin Anna Onucova. Das Prinzip ist einfach, die Bedingungen sind bewusst offen gehalten, so dass Platz für die verschiedensten Ideen bleibt:
"Junge Leute tun sich mit einer Gruppe von Freunden zusammen, denken sich ein Projekt aus, und dafür können sie Geld bekommen. Die einzige Bedingung ist, dass sich die geplante Aktion nicht nur auf die Gruppe selbst richtet, sondern nach außen zielt."
Getragen wird das Programm in Tschechien von der Stiftung zur Entwicklung der Bürgergesellschaft NROS. Die Finanzierung kommt weltweit in mehr als 20 Ländern vom Mobilfunkkonzern Nokia. Der will mit seinem Engagement in der Jugendarbeit zeigen, dass sich der Firmenslogan "Connecting people / die Menschen verbinden" nicht nur auf Handys bezieht. 50.000 Kronen, also gut 1700 Euro, können maximal für ein Projekt beantragt werden. Mit welchen Ideen kommen die Jugendlichen?
"Das ist immer eine schwere Frage, denn die Projekte sind sehr unterschiedlich - eine wirklich bunte Palette. Das fängt an mit Hilfeleistungen für benachteiligte Gruppen, für Behinderte oder Heimkinder etwa. Aber es gibt auch Aktionen, bei denen sich eine Clique Jugendlicher sagt, dass sie für ihre Altersgenossen etwas auf die Beine stellen will. Und weil sie gerne Skateboard fahren, bauen sie eben einen Skatepark auf. Es gab auch Projekte, bei denen die Jugendlichen sich im Rathaus um legale Graffiti-Flächen bemüht und dort dann Happenings organisiert haben. Das ist also wirklich ganz verschieden, und wir beschränken in keiner Weise die tollen Ideen, die die jungen Leute haben. Wichtig ist nur, dass zu sehen ist, dass sie es nicht nur für sich selbst machen."
Nicht selten mischen sich die jungen Leute also in die kommunale Politik ein, knüpfen Kontakte zu den Ämtern, machen Bürgermeister und Behörden auf ihre Ideen aufmerksam und bereichern das öffentliche Leben in ihrer Stadt:
"Ich meine, genau darum geht es bei dem Programm - deshalb ja auch der Name - ´pripoj se, schalt´ dich ein´! Wir versuchen den jungen Leuten zu sagen: Wenn euch da, wo ihr seid, etwas fehlt, dann versucht euch zum Beispiel mit den Ämtern in Verbindung zu setzen und das zusammen auf den Weg zu bringen. Bei den meisten Projekten brauchen die Jugendlichen die Unterstützung der Behörden - und darum geht es eben: sich zusammenzutun und es gemeinsam zu schaffen."
Gefördert werden die Jugendlichen bei "Make a connection - pripoj se" aber nicht nur finanziell. Zu dem Programmzyklus gehören auch Fortbildungen: Wie setze ich meine Ideen richtig um? Wie kommuniziere ich mit den Medien? Wie gewinne ich Partner für meine Aktion? Theorie und Praxis bringen für die jungen Leute nicht nur einen enormen Zuwachs an Erfahrungen und an Selbstbewusstsein, sondern regelmäßig auch viel Spaß in der Gruppe - auch wenn Worte wie Projektarbeit und Finanzmanagement zunächst kaum danach klingen, wie Programmleiterin Anna Onucova einräumt:
"Es ist nicht leicht, Jugendliche für das Programm zu gewinnen. Ein Problem ist natürlich immer, die Informationen direkt zu den jungen Leuten zu bekommen, die es betrifft. Aber ich glaube, so schlecht sind wir nicht dran, denn wir bekommen jedes Jahr viel mehr Anträge, als wir unterstützen können."
Wichtig ist es, den Jugendlichen die Scheu zu nehmen, sich auf etwas Unbekanntes einzulassen, und ihnen zu zeigen, dass es tatsächlich um ihre Ideen geht, meint Anna Onucova von der Stiftung NROS:
"Wir versuchen natürlich, die Jugendlichen so anzusprechen, dass es für sie interessant ist. Wir schreiben also nicht auf die Plakate: ´Realisiert eure eigenen Projekte´, sondern etwa: ´Hast Du den Kopf voller Ideen? Fehlt Dir Geld dafür? Seid ihr eine gute Truppe und wollt was machen?´- so, dass wir ihnen in ihrer Sprache sagen: Hier ist die Möglichkeit - kommt und klinkt euch ein." konec cesky
Seit 2002 gibt es das Angebot von "Make a connection" in Tschechien. Mehr als 350 Projekte von insgesamt 3000 Jugendlichen konnten in dieser Zeit unterstützt werden; erreicht wurden mit ihnen rund 120.000 Menschen. Unter den Projekten, die im Rahmen des Programms entstanden sind, gibt es auch zahlreiche Erfolgsgeschichten, die auch nach dem Auslaufen der finanziellen Förderung durch "Make a connection" weiterleben - so etwa eine Aktion mit dem Titel "Nicht nur Menschen helfen":
"Da hat sich eine Gruppe junger Leute, darunter auch Medizinstudenten, vorgenommen, den Patienten im Prager Großkrankenhaus Motol den Aufenthalt in der Klinik ein bisschen schöner zu machen - vor allem den Senioren, den Langzeitpatienten oder den Kindern auf der Krebsstation. Und das mit einer anerkannten Methode, der Canistherapie - das heißt, sie bringen einen speziell ausgebildeten Hund mit, und der lockert das Leben der Patienten etwas auf. Und das haben sie tatsächlich umgesetzt. Das Projekt wurde uns in den ersten beiden Jahren unterstützt, und währenddessen haben sie es so ans Laufen gebracht, dass es jetzt schon im vierten Jahr funktioniert! Sie haben Sponsoren gefunden und auch die Vorbehalte im Krankenhaus überwunden, wo es am Anfang hieß, dass die Hunde nicht herein dürfen. Aber das ist schon passe, und jetzt funktioniert die Zusammenarbeit."
Am kommenden Wochenende steuert "Make a connection" nun auf einen der Höhepunkte des gesamten Programmes zu: Im nordböhmischen Jicin findet am 1. August das erste Make-a-connection-Festival statt. Projekte und Aktionen aus dem gesamten Programmzeitraum stellen sich vor, auf zwei Bühnen spielen einige der bekanntesten tschechischen Bands gemeinsam mit jungen Gruppen aus dem Programm - und natürlich gibt es auch jede Menge Möglichkeiten für die Besucher, sich selbst einzuschalten:
"Die Idee zu dem Festival hatten wir im vergangenen Jahr, als wir uns gesagt haben: ´Make a connection´ gibt es in Tschechien schon fünf Jahre, und in dieser Zeit gab es einen Haufen gute Ideen und tolle Projekte, und es wäre schade, wenn das nur in den Kreisen derer bleibt, die das direkt miterlebt haben. Zugleich haben wir gedacht: Das ist eine gute Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu zeigen, was ehrenamtliche und freiwillige Arbeit eigentlich sein kann - dass es nicht nur darum geht, dass irgendwelche Leute weit weg in Katastrophengebiete fahren. Freiwilligenarbeit, das kann eben auch heißen, mit dem Hund ins Krankenhaus zu gehen oder einen Skatepark aufzubauen, kurzum etwas den anderen zu bieten."
Für die anderen etwas bewegen und sich damit selbst weiterentwickeln - das ist der Effekt, auf den "Make a connection" zielt. Was aber hat das Programm bei seiner Leiterin Anna Onucova selbst verändert?
"Ich weiß nicht - vielleicht, dass ich durch das Programm immer in Kontakt mit den jungen Leuten bin. Das ist super, wenn man das Gefühl hat, dass man sie versteht. Das ist interessant zu beobachten, wie sie oft anders sind: voller Einfälle und voller Kraft - manchmal denke ich schon, das verstehe ich nicht mehr, aber wenn wir dann darüber reden, ist das wieder anders. Das ist so ein wechselseitiges Geben und Nehmen."