Biathlon in Tschechien wird zusehends breiter und stärker
Die neue Saison der Wintersportler rückt immer näher. Ende November starten die Biathleten im schwedischen Östersund in den Weltcup, und da wollen auch die tschechischen Asse wieder ganz vorn mitmischen. Zu ihnen gehört die 26-jährige Gabriela Soukalová, und sie ist – im Gegensatz zum Vorjahr – wieder voll motiviert. Knapp drei Jahre älter als sie ist Leichtathletin Zuzana Hejnová. Über die 400-Meter-Hürdenstrecke hat sie im August in Peking WM-Gold gewonnen, und am vergangenen Samstag durfte sich Hejnová in Prag mit einem weiteren Titel schmücken.
„Es ist zu sehen, dass der tschechische Biathlonsport immer stärker wird. Dazu muss ich eine Episode erzählen. Als wir mit unserem Tross im Biathlonzentrum eintrafen, haben uns die Franzosen mit offenen Augen angeschaut und gefragt, was dies für eine Mannschaft sei. Ich habe geantwortet, wir haben wirklich so viele Talente, die international mithalten könnten. Daraus folgt, dass wir bereits mit einer breiten Basis arbeiten.“
Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Da Biathlon in den zurückliegenden zwei, drei Jahren in Tschechien merklich an Popularität gewonnen hat, wird diese Sportart jetzt auch besser finanziert – sowohl durch Sponsoren als auch aus staatlichen Quellen. Verbandschef Jiří Hamza ist darüber sehr zufrieden:„Der Biathlonsport in Tschechien hat eine Position erreicht, von der vor fünf bis sieben Jahren noch niemand zu träumen wagte. Das ist zweifellos das Ergebnis unserer guten Arbeit, besonders aber der Trainer und der Athleten. Hinzu kommt die Ausrichtung großer Wettkämpfe, die wir in Nové Město na Moravě veranstalten.“
Hamza verweist aber darauf, dass es immer wieder neuer Anstrengungen bedürfe, um das hohe Niveau zu halten:„Mit der Zeit verändern sich auch die Voraussetzungen. Unsere Asse werden älter, und der Erwartungsdruck auf sie nimmt zu. Ich denke aber, bisher kommen sie damit gut zurecht. Es macht Spaß, ihnen beim Training zuzuschauen, denn man sieht, wie sie füreinander da sind.“
Ein Mitglied aus dem mit WM-Gold dekorierten Erfolgsquartett ist Gabriela Soukalová. Nach den Olympischen Spielen in Sotschi, bei denen sie zwei Silbermedaillen gewann, war die Popularität der inzwischen 26-Jährigen immens gestiegen. Und zwar so sehr, dass sie von einem zum nächsten Veranstaltungstermin hetzte, um den zahlreichen Wünschen von Sponsoren und Fans nachzukommen. Das wirkte sich nachteilig auf die Vorbereitung der vergangenen Saison aus. Heute gesteht Soukalová:
„Für mich war es im vorigen Jahr bei den Wettkämpfen oft sehr schwer, überhaupt an den Start zu gehen. Ich fühlte mich schon auf den ersten 100 Metern ziemlich müde. Es war eine schlimme Quälerei für mich.“Aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres aber habe sie gelernt und in diesem Sommer nur solche Termine wahrgenommen, die sich mit dem Training zeitlich gut vereinbaren ließen. Zudem mache es ihr wieder richtig Spaß, mit den anderen Top-Biathleten des Landes gemeinsam zu trainieren:
„Ich bin in einem tollen Kollektiv von Leuten, die unheimlich positiv sind. Ich denke, gerade wegen dieser positiven Einstellung von uns allen sind wir auch zu solch guten Leistungen fähig.“
Und auf die Frage, mit welchem Elan sie in die neue Saison gehe, antwortete die Biathletin aus dem nordböhmischen Jablonec nad Nisou / Gablonz:
„Ich fühle mich super. Von mir aus kann es losgehen, ich kann es kaum erwarten.“
Zuzana Hejnová ist tschechischer „Leichtathlet des Jahres“
Während sich Biathletin Gabriela Soukalová also darauf freut, schon bald wieder internationale Rennen bestreiten zu können, bekam eine andere Sportlerin am vergangenen Samstag noch einen weiteren Lohn für ihren Erfolg in der abgelaufenen Saison. Zuzana Hejnová wurde zur Siegerin der Umfrage nach dem besten tschechischen Leichtathleten des Jahres gekürt. Hierzulande wird die Trophäe in einer Wertung für Männer und Frauen gemeinsam vergeben.Die Hürdenläuferin aus Liberec / Reichenberg, die bei Dukla Prag unter Übungsleiter Dalibor Kupka trainiert, hat diese Wahl nach 2013 zum zweiten Mal gewonnen. Vor zwei Jahren wurde sie in Moskau erstmals Weltmeisterin auf ihrer Paradestrecke, den 400 Meter Hürden. Diesen Erfolg hat sie in diesem Jahr bei der WM in Peking wiederholt. Dazwischen aber, im Jahr 2014, war sie verletzungsbedingt eine ganze Saison lang nur zum Zuschauen verurteilt gewesen. Umso größer ist die Freude, dass sie auch ihre nationale Spitzenposition wieder zurückerobert hat:
„Es ist sehr schön, nach zwei Jahren wieder auf den Thron zurückzukehren. Nach dem letzten Jahr habe ich nicht so recht geglaubt, dass ich wieder dieser Form finden kann, wie ich sie zuvor hatte. Der Sieg bei dieser Umfrage ist daher große Genugtuung für mich.“Aber selbst zu Beginn der diesjährigen Saison konnte Zuzana Hejnová nicht davon ausgehen, noch bis zur WM im August so richtig Tritt zu fassen. Bei der Hallen-Europameisterschaft Anfang März in Prag war sie nämlich kläglich bei dem Versuch gescheitert, auch in die Phalanx der besten 800-Meter-Läuferinnen vorzudringen. Vor der WM in Peking hatte sie deshalb ihr Ziel auch nicht allzu hoch gesteckt:
„Ich hatte überhaupt keine Vorstellungen darüber, wie gut ich in Form bin. Mein Ziel war es zunächst, das Finale zu erreichen. Von Lauf zu Lauf lief es aber besser, daher stieg mein Glaube, dass auch die Goldmedaille drin ist. Das Schönste war für mich das Gefühl, das ich immer besser wurde. Deshalb ist es am Ende so ausgegangen, wie es besser nicht sein konnte.“Auf diesen Lorbeeren will sich die 28-Jährige aber längst nicht ausruhen. Im Gegenteil. Zuzana Hejnová steckt bereits mit Feuereifer in der Vorbereitung auf die nächste Saison:
„Die Füße schmerzen zwar vom Training, doch das ist für diese Zeit normal. Alles läuft bisher gut, und gegenüber dem vergangenen Jahr fühle ich mich um vieles besser. Wenn ich gesund bleibe, dann wird auch die neue Saison super.“