Billig-Fluggesellschaften werden bei tschechischen Reisenden immer beliebter

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Passend zur Urlaubszeit befasst sich Robert Schuster in einer neuen Folge unserer Sendereihe Schauplatz mit der wachsenden Beliebheit von billigen Fluggesellschaften in Tschechien.

Niedrige Kosten,  billige Flüge,  so die einfache Rechnung...
Nicht nur in den Sommermonaten und während der Urlaubszeit entschließt sich eine immer größer werdende Zahl von Tschechen dazu, per Flugzeug zu verreisen. Neben Flügen mit der nationalen Fluggesellschaft Ceské Aerolinie bzw. spezialisierten Charter-Gesellschaften erfreuen sich auch Billig-Fluggesellschaften hierzulande wachsender Beliebtheit.

Davon zeugen auch nicht zuletzt die von der Prager Flughafenverwaltung jüngst veröffentlichten Zahlen. Während im Jahr 2002 insgesamt annähernd 340 000 Passagiere und somit fünf Prozent aller Prager Fluggäste das Angebot der einen oder anderen billigen Fluggesellschaft wahrnahmen, hat sich im vergangenen Jahr dieses Volumen mit knapp 680 000 Reisenden verdoppelt. Für dieses Jahr ist mit einer weiteren Steigerung zu rechnen - nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zahl der Billig-Fluggesellschaften immer größer wird. Nur vom Prager Flughafen aus fliegen mittlerweile zehn solcher Unternehmen und bieten den Reisenden Verbindungen in insgesamt 15 europäische Destinationen an.

Vergleichbare Trends lassen sich übrigens auch in den anderen europäischen Ländern feststellen. Rein statistisch gesehen begnügen sich bereits rund 29 Prozent der flugreisenden Europäer nur mit dem notwendigsten Reisekomfort, verzichten an Bord auf Kaffee und Essen, und akzeptieren, dass die Maschinen, um Gebühren zu sparen, auf entlegenen kleineren Flughäfen landen.

Verfolgt man die geschäftlichen Aktivitäten der westeuropäische Fluggesellschaften, sieht man, dass diese sich immer stärker auf den mitteleuropäischen Raum konzentrieren und teilweise auch sogar ihre Firmenzentralen nach Ungarn oder in die Slowakei verlagern. Ein gutes Beispiel dafür ist das Unternehmen Skyeurope mit Sitz in der slowakischen Metropole Bratislava.

Wie gelingt es die Kunden in Mitteleuropa, die ja in vielen Lebensbereichen als sehr konservativ gelten und ihre Angewohnheiten nur äußerst ungern ändern, davon zu überzeugen vermehrt von ihren Autos, oder den Bussen eben auf Flugzeuge umzusteigen? Schließlich kann bei vielen potentiellen Kunden aus den Ländern Mitteleuropas die Meinung überwiegen, dass sich nur reiche Leute das Fliegen leisten können. Darüber unterhielten wir uns mit Stanislav Saling von der Billig-Fluggesellschaft Skyeurope, der am Beispiel seiner Airline gleich einleitend die wichtigsten Wettberwerbsvorteile der Billiganbieter zusammenfasst:

"Gegenwärtig fliegen wir in 18 Destinationen in zwölf Ländern. Dazu gehören auch jene Ziele, die allgemein in den Augen der Kunden als die attraktivsten gelten, wie London, Paris, Amsterdam, Barcelona oder Rom. Der Hauptunterschied zu den großen, nationalen Fluggesellschaften besteht darin, dass es immer um direkte Flüge geht, also ohne die Notwendigkeit umsteigen zu müssen. Darauf hinzuweisen ist deshalb wichtig, weil darin auch der Grund für die weitaus niedrigeren Kosten liegt, damit die Flüge erschwinglich bleiben. Wir fliegen schon ab 25 Euro, d.h. umgerechnet etwa 900 Tschechische Kronen."

Schon seitdem die ersten billigen Fluggesellschaften Ende der 90er Jahre ihren Betrieb in Westeuropa aufnahmen und mit ihrem Angebot erste Erfolge bei den Kunden verzeichneten, streiten sich Martkforscher bei der Frage, woher die neuen Unternehmen ihre Passagiere lukrieren. Die erste Erklärungsmöglichkeit scheint die plausibelste zu sein, nämlich, dass die großen nationalen Gesellschaften federn lassen mussten. Die zweite Erklärung trifft vor allem für den mitteleuropäischen Raum zu, nämlich dass es sich um Reisende handelt, die bislang mit andereren Mitteln ans Ziel gelangten - vornehmlich mit Bussen, oder mit Zügen.

Unser Gesprächspartner Stanislav Saling demonstriert das insbesondere an den ostslowakischen Facharbeitern, die in Prag oder im Westteil Tschechiens beschäftigt sind. Bis vor kurzen legten sie die fast 900 Kilometer große Distanz zwischen Arbeitsplatz und Heimatstadt in neun Stunden mit dem Bus und elf oder zwölf mit der Bahn hin. Nun dauert ein Flug von Prag in Richtung Kosice weniger als eine Stunde.

Die ostlowakische Metropole Kosice ist neben Bratislava, Budapest und Warschau eine der vier Heimatstandorte von Skyeurope in Mitteleuropa, wie Herr Saling im Gespräch mit Radio Prag ausführt:

"Passagiere die von diesen vier Flughäfen abfliegen und wiederum ankommen bilden ungefähr zur Hälfte Bürger aus diesen Ländern, d.h. aus Polen, Ungarn und der Slowakei. Die andere Hälfte sind dann Reisende aus übrigen Ländern. Es ist interessant, dass aber die billigen Fluggesellschaften auch zunehmend für Westeuropäer attraktiv werden. Nehmen wir etwa die slowakische Hauptstadt Bratislava, um ein konkretes Beispiel zu zeigen, deren Flughafen ungefähr 50 Kilometer von Wien entfernt liegt. Viele österreichische Passagiere entscheiden sich deshalb aus Kostengründen nach Bratislava zu kommen und von dort aus zu fliegen. Nur bei den Flügen unserer Gesellschaft aus Bratislava machen Österreicher ungefähr ein Drittel aus. Was die detaillierte Struktur unserer Passagiere angeht, so bestehen diese weitgehend aus drei Gruppen: Touristen, Familienangehörige und Business-Clientel."

Trotz des Booms, den die Fluggesellschaften gerade in Europa am Beginn des 21. Jahrhunderts verzeichnen konnten, haben die dramatischen Entwicklungen in der Weltpolitik der letzten Jahre, verbunden mit der latenten Gefahr von Terroranschlägen und Flugzeugentführungen viele potentielle Passagiere verunsichert und die Branche in eine Krise gestürzt.

Auch die Preisschwankungen auf dem Ölmarkt der letzten Wochen haben gerade kurz vor dem Beginn der Hauptsaison das Fluggeschäft stark beeinträchtigt. Einige nationale Fluganbieter, ebenso auch viele Charter-Gesellschaften griffen deshalb zu einer Notmaßnahme und verlangten von den Kunden angesichts des hohen Ölpreises Nachzahlungen für bereits bestellte Flüge und Reisen.

Wie können aber gerade die Anbieter von Billig-Flügen, die ja ohnehin schon ihre Kosten auf ein Mindestmaß gesenkt haben, diesen Entwicklungen standhalten? Hören sie dazu die Meinung von Stanislav Saling:

"Es ist in der Kompetenz der Führung unseres Unternehmens zu entscheiden, ob und wie die veränderten Ölpreise sich in der Kostenstruktur niederschlagen sollten. Wir werden aber versuchen unsere bisherigen Preise zu halten, denn wichtig und entscheidend ist letztendlich, dass die Passagiere diese Schwankungen nicht bezahlen müssen und dass der bisherige Umfang der Dienstleistungen erhalten bleibt."

Ein weiterer Weg, um diese Risiken möglichst auszuschließen, oder sie zumindest in Grenzen zu halten, ist eine verstärkte Kooperation der einzelnen Fluggesellschaften. Die großen nationalen Airlines haben bereits vor Jahren begonnen, auf diese Weise dem erhöhten Konkurrenzdruck zu begegnen. Ist diese Strategie auch für die kleinen Anbieter von Billig-Flügen verfolgenswert? Das war unsere abschließende Frage an Stanislav Saling von Skyeurope:

"Wir befördern Passagiere z.B. nur von Bratislava nach Amsterdam, oder von London nach Warschau, bzw. andere Destinationen ohne weitere Verbindungsflüge. So halten es auch die anderen Billig-Fluggesellschaften und deshalb ist es auch nicht zwingend notwendig solche Kooperationen einzugehen, so wie wir sie bei den größeren Anbietern finden. Es gibt aber mittlerweile dennoch eine Assoziation europäischer Billigfluganbieter mit Sitz in Brüssel, die aber nicht als Allianz im eigentlichen Sinn des Wortes gesehen werden kann. Vielmehr ist es eine lobbyistiche Gruppe, die das Ziel hat, die Interessen dieser spezifischen Flugunternehmen zu vertreten. Aber wie gesagt, vergleichbare Allianzen wie bei den nationalen Gesellschaften sind im Marktsegment der Billig-Fluggesellschaften zwecks einer Zusammenlegung von Dienstleistungen und dergleichen nicht zu erwarten."