„Bitte einmal Stille in Stereo!“ – Die Tongestalter des Tschechischen Rundfunks

Was wären Hörspiele ohne die richtigen Hintergrundgeräusche? Sie wären wohl nur halb so spannend. Im Tschechischen Rundfunk arbeiten mehrere Sound-Designer. Ihre Tätigkeit stellt Radio Prag International anlässlich des 100. Jubiläums des Rundfunks vor.

Studio B in Karlín | Foto: Klára Škodová,  Tschechischer Rundfunk
Studio B in Karlín | Foto: Klára Škodová,  Tschechischer Rundfunk

Im Prager Stadtteil Karlín befindet sich das Volkshaus (Národní dům). Es beherbergt nicht nur den Prager Regionalsender des Tschechischen Rundfunks. Im Gebäude findet sich auch das Studio B, in dem vor allem Hörspiele aufgenommen werden. Der Tongestalter Petr Šplíchal hat den Schlüssel zur Studiotür. Für den Sound-Designer ist es ein Leichtes, zum Beispiel mittels Kokosnussschalen das Galoppieren eines Pferdes zu imitieren…

„Das Studio B ist zudem ein Lager aller möglichen Gegenstände, die wir für die Erzeugung von Tönen benutzen. Mit diesem Spiralschlauch für Abwasser etwa, der normalerweise von Elektrikern verwendet wird, ahmen wir ein Raubtier im Urwald nach“, so Šplíchal.

Treppe | Foto: Tereza Čistotová,  Tschechischer Rundfunk

Auch ein Bett und eine Treppe stehen in dem Raum bereit oder eine Wanne, in der mitunter die Soundkulisse für Seeschlachten geschaffen wird. Selbstverständlich dürfen ebenso Türen in verschiedenen Ausführungen nicht fehlen.

Die Königsdisziplin der Tongestalter ist das Live-Hörspiel. Für Šplíchal ist dies immer auch mit ein wenig Anspannung verbunden:

„Natürlich sind wir aufgeregt. Das ist aber eigentlich gut, denn man konzentriert sich dann besser. Eine Woche vorher gibt es die ersten Proben, auch mit dem Orchester und den Schauspielern.“

Foto: Sabina Vosecká,  Tschechischer Rundfunk

Um perfekt vorbereitet zu sein, wird das Manuskript detailliert durchgegangen und alle Einsätze notiert, wie Šplíchal an einem Beispiel zeigt:

„Das Ticken der Uhr übernimmt hier Petr. Weil er nicht rechtzeitig zur Tür kommen würde, ist dafür dann Jiří verantwortlich. Vom Mischpult aus spielen wir den vorproduzierten vorbeifahrenden Zug ein. Das Morsegerät übernehmen wir aber wieder live.“

Petr Šplíchal | Foto: Sabina Vosecká,  Tschechischer Rundfunk

Seit 40 Jahren arbeitet Petr Šplíchal mittlerweile im Tschechischen Rundfunk und genauso lange teilt er sich ein Büro mit Jiří Litoš. Die beiden verbringen außerdem einen Großteil ihrer Freizeit zusammen, so spielen sie etwa in einer Country-Band und fahren gemeinsam in den Urlaub. Jiří Litoš zufolge versucht das Team auch abseits der Live-Aufzeichnungen allen Anforderungen der Regisseure entgegenzukommen. Mitunter sei das aber gar nicht so einfach. Einmal habe Litoš Moses vertonen sollen, der komplett erschöpft durch die Wüste watet und sich kaum noch auf den Beinen halten kann. Im Tonarchiv wurde der Sound-Designer jedoch nicht fündig. Er musste also selbst Hand anlegen:

„Bei uns in Roztoky habe ich einen großen Haufen Sand auf der Straße gefunden. Um ein Uhr nachts ging ich dort hin, baute meine Technik auf und schaltete sie ein. Dann ging ich immer drei Schritte nach oben, ließ mich fallen und schlitterte den Berg hinunter – und dann das Ganze wieder von vorn. Nach einiger Zeit habe ich aber einen Mann bemerkt. Er ging Gassi und sah mich an wie einen Verrückten. Dass auf der anderen Seite des Sandberges die Mikrophone standen, konnte er ja nicht wissen. Ich war einfach voll in meiner Rolle, um Moses wie gewünscht zu verkörpern.“

Foto: Sabina Vosecká,  Tschechischer Rundfunk

Mitunter würde die Regie jedoch noch weitaus komplexere Bitten haben, bei denen Kreativität gefordert sei: Einmal hätte es etwa eine Anfrage nach einer sich drehenden Erdkugel gegeben, so Litoš. Auch ein Ton für den Kampf einer Unterwasserspinne mit einem Kraken sei bereits gefordert worden. Oder einfach… nichts.

„Der Auftrag lautete: ein einsamer Schwimmer am Meer. Keine Welle regt sich. Es ist windstill. Das Wasser plätschert nicht. Es herrscht absolute Stille und Nebel. Und das alles bitte in Stereo!“

Petr Šplíchal | Foto: Barbora Kvapilová,  Tschechischer Rundfunk
Autoren: Ferdinand Hauser , Barbora Kvapilová
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