Blaue Mauritius und Co.

Der Brief nach Bombay (Foto: Klára Stejskalová)
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Briefmarkensammler aus aller Welt zieht es diese Woche nach Prag. Denn die mittlerweile schon legendäre Weltausstellung Praga findet nach zehn Jahren wieder statt. Was gibt es diesmal zu sehen? Und was macht die Veranstaltung so besonders?

František Beneš  (Foto: Klára Stejskalová)
Es dürfte in diesem Jahr das wichtigste Ereignis für Briefmarkensammler in Europa sein. Die sogenannte Praga gilt als ein Fest der Philatelie. Ausrichter ist der tschechische Verband. Das Prunkstück dieses Mal ist der Bombay Cover Post Office mit zwei roten Mauritius. František Beneš ist Mitglied der Ausstellungskommission:

„Es handelt sich dabei um einen Brief, auf dem zwei Marken desselben Wertes kleben. Die Mauritius` haben einen breiten Rand, das gibt es bei keiner anderen dieser Marken. Damals waren die Briefmarken am Rand nicht gezackt, sie wurden auf der Post ausgeschnitten. Und da es sich in dem Fall um die ersten Marken des kleinen Inselstaates im Indischen Ozean handelte, wussten sie auf der Post nicht so recht, ob sie einen Rand lassen sollten. Meist wurden die Briefmarken dicht am Bild ausgeschnitten.“

Von den insgesamt zwölf blauen und wohl 15 roten Mauritius haben daher nur die beiden des Bombay Cover Post Office einen breiten Rand. Der Brief wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Indien gefunden. Dank eines tschechischen Investors ist er nun erstmals hierzulande zu sehen.

„Der Brief aus Mauritius war an die Bibel-Gesellschaft in Bombay adressiert. Diese hatte dem anglikanischen Pastor auf der Insel einige Bücher geschickt. 1897 wurde die Sendung für die Gemeinde der Philatelisten entdeckt. Danach gehörte sie zu unterschiedlichen Sammlungen von Weltrang, ist aber bisher nur selten ausgestellt worden“, so Beneš.

Der Brief nach Bombay

Der Brief nach Bombay  (Foto: Klára Stejskalová)
Dieses Prachtstück wird nun im öffentlichen Teil der Weltausstellung gezeigt. Dazu kommen noch zwei weitere seltene Briefmarken aus dem heutigen Urlaubsparadies im Indischen Ozean:

„Es sind eine Rote Mauritius sowie eine Blaue Mauritius, also die weltweit berühmteste Briefmarke. Konkret wird das Exemplar zu sehen sein, das als die schönste aller bekannten Blauen Mauritius gilt“, sagt der Mitorganisator.

Die Briefmarkenweltausstellung steht ansonsten dieses Jahr im Zeichen der tschechoslowakischen Geschichte. Das heißt, zentrale Themen sind das Ende des Zweiten Weltkriegs, die Staatsgründung vor 100 Jahren und die Herausgabe der ersten Briefmarke des neuen Staates. Allerdings fehlt das teuerste tschechoslowakische Stück. Es ist eine hellgrüne Marke der k. u. k. Post, die 1919 verkehrt herum mit dem Aufdruck Pošta československá versehen wurde. Ihr aktueller Sammlerwert beträgt 7,8 Millionen Kronen (gut 300.000 Euro) František Beneš:

Der Brief nach Bombay  (Foto: Offizielle Webseite Praga 2018)
„Sie wird nicht zu sehen sein, weil unser Bewerbungsschluss im November vergangenen Jahres lag und der damalige Besitzer sie nicht ausstellen wollte. Der neue Eigner, der sie mittlerweile erworben hat, hat zudem noch im Auktionssaal verkündet, dass er kein Sammler sei, sondern die Marke später teurer verkaufen möchte. Wir wollen aber unsere Ausstellung nicht dafür hergeben, dass jemand für eine Briefmarke wirbt, um an ihr zu verdienen.“

Denn eigentlich wendet sich die Praga 2018 ans Fachpublikum, das in Vereinen und Verbänden organisiert ist. Das kommt unter anderem zusammen, um sich in Wettbewerben zu messen. Dabei überlegen sich die Sammler selbst Themen, die sie vorstellen wollen. Beneš erläutert einige Möglichkeiten:

Foto: Offizielle Webseite Praga 2018
„Zum Beispiel seltene Arten der Briefbeförderung wie in der Antarktis und der Arktis oder im Weltraum. Oder ganz im Gegenteil: die Post in der Gegend von Budweis in Südböhmen etwa. Man kann sich aber auch mit Tieren auf Briefmarken beschäftigen. Die Themen sollten attraktiv dargestellt sein, und das mit möglichst seltenen Marken.“

Zudem lässt sich der Umfang der Präsentation wählen. Entweder ein Kasten, fünf Kästen oder acht. In jede der Boxen passen 16 Din-A-4-Blätter. Die Auszeichnungen werden dann in unterschiedlichen Kategorien vergeben. Sie reichen von der Großen Goldmedaille bis hinunter zu einer einfachen Teilnahmebestätigung.

Neben Sammlern kommen trotzdem aber auch Händler nach Prag. Sie treffen sich in einem weiteren Teil der Briefmarkenweltausstellung. Insgesamt an vier Orten in der tschechischen Hauptstadt dreht sich alles um die kleinen, gezackten Sammlerobjekte: im Hotel Clarion am Kongresszentrum, im Postmuseum, im Mucha-Museum sowie im Kongresszentrum des Hotels Olympik.

Tradition seit 1938

Die Praga geht auf eine erste ähnliche Ausstellung zurück, die bereits 1938 stattfand. Erst später wurde daraus die heutige Form. Die kommunistischen Machthaber hätten nach 1945 geschickt die Begeisterung der Tschechen und Slowaken für das Briefmarkensammeln ausgenutzt, sagt František Beneš:

Foto: Didgeman / Pixabay,  CC0
„Beginnend mit den Jahren 1950 und 1955 haben sie philatelistische Ausstellungen großzügig unterstützt. 1962 machten sie dann sogar die erste Weltausstellung möglich. Diese dauerte mehrere Monate lang, es kamen unglaubliche eine Million Menschen deswegen hierher. Der ganze damalige Julius-Fučík-Kultur- und Erholungspark, das heutige Prager Messegelände, wurde dafür genutzt. Wohl aus Dankbarkeit wurde mit Ladislav Dvořák dann ein Tscheche zum Präsidenten des Weltverbandes für Philatelie gewählt. Dies war der einzige internationale Verband, der nicht unter dem Einfluss Moskaus stand, und trotzdem von jemandem aus dem damaligen Ostblock geleitet wurde.“

Laut Beneš wurde der tschechoslowakische Philatelisten-Verband formell sogar ein Teil der politischen Macht. Man nahm ihn in die Volksfront auf, die aber nicht wirklich Entscheidungsbefugnisse hatte. Dadurch sei das Briefmarkensammeln hierzulande stark im Bewusstsein der Menschen verankert worden, glaubt der Funktionär:

„Nach dem Machtwechsel von 1989 blieb das Interesse an der Philatelie weiter bestehen. Deswegen können wir auch eine solch große Veranstaltung ausrichten wie die Praga, die sich nicht einmal Großbritannien, Österreich oder Deutschland getrauen zu finanzieren. Dort träfe sie vielleicht auch nicht auf dasselbe Interesse wie bei uns.“

Zur letzten Briefmarkenweltausstellung in Prag vor zehn Jahren kamen im Übrigen insgesamt rund 40.000 Besucher.


Die PRAGA 2018 läuft noch bis zum Samstag, 18. August, an vier verschiedenen Orten in Prag. Die Sammlerstücke des Wettbewerbs sind im Hotel Clarion (Freyova 9, Prag 9) und im Postmuseum (Nové mlýny 2, Prag 1) zu sehen. Briefmarken, die nicht im Wettbewerb laufen, mit dem Thema Alfons Mucha zeigt das Mucha-Museum (Pánská 7, Prag 1). Und im Kongress-Hotel Olympik (U Sluncové 14, Prag 8) findet eine Verkaufsausstellung statt. Alle Veranstaltungsorte sind täglich von 10 bis 18 Uhr zugänglich, nur am Samstag wird schon um 16 Uhr geschlossen.