Brückenschlag mit Pinsel und Meißel

Ausstellung im Töpfermuseum

„Kunst baut Brücken“ lautete das Motto des diesjährigen Europa-Symposiums Thurnau. Maler und Bildhauer aus Deutschland und Tschechien versammelten sich in der oberfränkischen Kleinstadt, um eine Woche lang gemeinsam an ihren Werken zu arbeiten. Veranstalter des Europa-Symposiums Thurnau ist der gleichnamige Verein. Als krönender Abschluss fand eine Vernissage statt. Nun werden die Gemälde und Skulpturen noch einen Monat lang gezeigt.

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Schloss Thurnau | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Im Thurnauer Schloss herrscht an diesem letzten Samstag im August reger Betrieb. Künstler eilen mit Gemälden in der Hand über den Schlosshof. Die Säle, in denen sie in den Tagen zuvor ihre Staffeleien aufgestellt hatten, werden für die Vernissage hergerichtet. Im erhöhten oberen Teil des Schlosshofes probt eine Sängerin. Nach und nach strömen Besucher und Pressevertreter in den Schlosshof. Schließlich ist alles bereit. Die Ausstellung von Werken, die aus dem 12. Europa-Symposium Thurnau hervorgegangen sind, kann eröffnet werden. Manfred Gareis, erster Vorsitzender des veranstaltenden Vereins, begrüßt die Gäste. Dann geht er auf das Thema des Symposiums ein:

Mittelalterliche Wandmalereien im Schloss Thurnau | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

„Bei dem Motto ‚Kunst baut Brücken‘ geht es nicht nur um Brücken zwischen Menschen und zwischen Nachbarn, sondern auch um Brücken über die Zeiten und die Jahrhunderte hinweg. Das ist eine sehr schöne Sache.“

Im persönlichen Gespräch führt der emeritierte Universitätsprofessor für Tiermedizin den Gedanken näher aus:

„In Thurnau kann man eine ganz besondere Brücke sehen. Das ist die Brücke zwischen dem Schloss und der Kirche, also die Verbindung zwischen der weltlichen und kirchlichen Sphäre. Wir wollen aber mit unseren Brücken Freundschaften stärken, speziell mit unseren tschechischen Nachbarn. Und in diesem Jahr arbeiten wir im Schloss in Räumen, die von Künstlern des 14. und 15. Jahrhunderts ausgestaltet wurden. Da wollen wir Brücken über die Zeiten, also über die Jahrhunderte schlagen. In diesen wunderschönen Räumen mit den alten Wandmalereien arbeiten derzeit tschechische und deutsche Künstler. Sie beleben diese Räume in toller Art und Weise neu.“

Der Zauber alter Gemäuer

Gemälde von Anna Schumacher | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Gareis weiß aus vielen Gesprächen mit den Künstlern des Europa-Symposiums, dass sie für das Flair des mittelalterlichen Städtchens Thurnau sehr empfänglich sind. Das trifft auch auf die Prager Malerin Anna Schumacher zu. Auf dem Weg zum Atelier entdeckte sie eine mittelalterliche Wandmalerei mit Tierfiguren. Die Malerin empfand das Motiv während des Symposiums auf einem Gemälde im naiven Stil nach. Zuhause in Prag arbeitet die Künstlerin vorwiegend als Buchillustratorin von Kinder- und Jugendbüchern sowie als Graphikerin.

Vítězslava Krahmerová | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Die von Gareis angesprochene Brücke zwischen weltlicher und geistlicher Kunst verkörperte beim 12. Thurnauer Europa-Symposium die Pilsner Sopranistin und Violinistin Vitězslava Krahmerová. Sie sorgte für die musikalische Umrahmung der Ausstellungseröffnung. Zu ihrem bevorzugten Repertoire gehört geistliche Barockmusik. Bei der Vernissage setzte sie einen anderen Akzent. Als sie die Stücke für ihren Auftritt auswählte, habe sie nicht lange überlegen müssen:

„Es war ziemlich einfach. Es ging mir hauptsächlich darum, das Herz der Beteiligten zu erwärmen und einfach eine schöne Stimmung zu erzeugen, ohne schwere klassische Stücke. Das war mein Hauptanliegen.“

Skulpturengarten von Michael Sauer | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Für Vítězslava Krahmerová war es der erste Besuch in Thurnau. Ein Urgestein des Europa-Symposiums ist hingegen der Berliner Bildhauer Michael Sauer. Er hat in Thurnau einen Zweitwohnsitz. Den Garten des idyllischen Bauernhauses bevölkern Sandstein-Skulpturen, die Sauer selbst geschaffen hat. Beim Symposium kommen jedes Jahr ein paar neue Werke dazu. Diesmal hat der Bildhauer eine Schar Hühner geschaffen. Die Künstlerkollegen finden bei Micheal Sauer offene Türen vor. Sie können auf seinem Grundstück an ihren Werken arbeiten. Genutzt hat diese Möglichkeit auch der Karlsbader Designer und Bildhauer Tomáš Dolejš. Er arbeitete an einer Frauenfigur aus Cortenstahl-Drähten. Das Werk wurde aber in nur einer Woche nicht fertig. Deshalb brachte er noch ein zweites Objekt nach Thurnau mit, das ebenfalls aus dem Stahl mit der rostbraunen Patina gestaltet ist. Was es darstellt, erklärt Tomáš Dolejš so:

Tomáš Dolejš | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

„Ich habe das Objekt ‚Klemme‘ genannt. Zwischen zwei keilförmigen Flächen ist eine Figur eingeklemmt, die beengt wirkt, eingekeilt. Meine Absicht war, die Beklommenheit auszudrücken, die ich während der Corona-Lockdowns empfand.“

Inspiration durch Austausch

Vernissage im Schloss Thurnau | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Aus der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit beim Symposium ziehe er persönlichen und künstlerischen Gewinn.

„Ich finde es toll, dass sich hier die tschechische und die deutsche Mentalität mischen. Dies ist ein Symposium bildender Künstler. Wir geben uns gegenseitig Ratschläge, diskutieren über unsere Werke, und das auf Tschechisch und Deutsch. Es kommt zu einem wirklichen Austausch.“

Manfred Gareis mit Lenka Sárová Malíská und Varvara Divišová | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Als „tschechische Seele“ des Europa-Symposiums Thurnau würdigte Manfred Gareis die Karlsbader Malerin Varvara Divišová. Sie hat die Idee eines bilateralen Künstlersymposiums nach Tschechien verpflanzt. Varvara Divišová veranstaltet selbst einen Workshop, an dem deutsche Künstler teilnehmen, die sie in Thurnau kennengelernt hat. Benannt ist das Treffen nach dem Ort, an dem er das erste Mal stattfand: dem Dorf Milíře. Schon längst habe sich der Veranstaltungsort aber verlagert, so Divišová:

„Seit sieben Jahren halten wir den Workshop in Horní Blatná ab, das ist in der Nähe von Karlsbad. Unsere Freunde aus Deutschland organisieren ihn gemeinsam mit uns und nehmen dann auch teil. Jeden Herbst gibt es dann in Karlovy Vary eine Ausstellung, die von Oktober bis Januar gezeigt wird.“

Künstler und Veranstalter des 12. Europa-Symposiums Thurnau | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Dass sich zwischen den Künstlern eine vitale Wechselbeziehung entwickelt hat, spürt man in Thurnau auf Schritt und Tritt. Und so blieb die Würdigung Varvara Divišovás als „tschechische Seele“ des Europa-Symposiums auch nicht unkommentiert im Raum stehen. Ihre Künstlerkollegin Anna Vančátová ergänzt:

Manfred Gareis | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

„Der Gründervater dieses Symposiums ist Albrecht Volk. Er wird hier als eine wichtige Persönlichkeit angesehen, denn er ist die Seele dieses ganzen Projektes.“

Breite institutionelle Unterstützung

Das sieht Manfred Gareis ähnlich. Er wies in seiner Eröffnungsrede darauf hin, dass der Hallstädter Steinbildhauer auch beim diesjährigen zwölften Jahrgang wieder der künstlerische Leiter des Symposiums war. Albrecht Volk verwendet für seine Skulpturen ausschließlich fränkischen Sandstein.

Martin Bernreuther,  Erster Bürgermeister von Thurnau,  übergibt den Künstlern Andenken | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

Anna Vančátová lebt in Dobříš bei Prag. Auf ihren Gemälden finden sich oft groteske Züge. Sie sei von der anregenden Atmosphäre begeistert, die in Thurnau herrsche, so die Künstlerin:

„Ich sehe von meinem hiesigen Atelier in den Garten hinaus, in dem die Bildhauer arbeiten. Sie arbeiten sehr intensiv, unentwegt wird gemeißelt und gehämmert, das klingt wohltuend in den Ohren.“

Vertreter der Stadt Thurnau und des Landkreises Kulmbach würdigten die kulturelle Bedeutung des Symposiums in Grußworten. Bürgermeister Martin Bernreuther überreichte jedem der Künstler einen Keramik-Schmetterling als Andenken. Die Teilnehmer bedankten sich ihrerseits bei der Stadt mit Miniaturgemälden, die sie eigens für das Rathaus gemalt haben. Auch die Universitäten Bayreuth und Bamberg haben das Symposium unterstützt. Sie stellten einen Saal als Atelier zur Verfügung, der zu einem Hochschulinstitut gehört. Und das Töpfermuseum hielt das oberste Stockwerk für die Ausstellung frei. Manfred Gareis fasst zusammen:

Töpfermuseum Thurnau | Foto: Maria Hammerich-Maier,  Radio Prague International

„Im Töpfermuseum von Thurnau sind die kleineren Skulpturen und die Gemälde zu sehen. Im Skulpturengarten werden die Werke aus Sandstein und Metall ausgestellt.“

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