Bunte Laternen und ein Tatoo des Heiligen - St.-Martins-Umzug in Prag

Illustrationsfoto: ČTK

Für Kinder in Deutschland ist der 11. November ein besonderes Highlight. Am Abend des Martins-Tages ziehen sie mit bunten Laternen durch die Straße. In Tschechien allerdings ist diese Tradition nahezu unbekannt. „So kann das nicht weitergehen“, dachte sich Cornelia Zörner. Die Leiterin des deutschen Kindergartens in Prag hat darum vor ein paar Jahren den Martinsumzug importiert.

Gelbe Monde mit lachenden Gesichtern, leuchtende Schiffe, Häuser und sogar ein ICE-Zug – Laternen in allen Formen und Farben. Es ist ein bunter Lichtwurm, der sich den kleinen Hügel in einem Außenbezirk von Prag hinaufschlängelt. Aber nicht nur die Laternen leuchten, auch die Augen der etwa 70 Mädchen und Jungs, die diese an langen Stöcken vor sich hertragen. Dabei singen sie lauthals Martinslieder. Ob sie wissen, wer der Heilige Martin war?

„Der Heilige Martin? Ähhhh, das weiß ich nicht so genau“, meint ein Junge etwas verlegen. Auch sein Freund, der daneben steht, kann nicht weiterhelfen: „Mein Opa erzählt immer Geschichten und einmal oder zweimal hat er schon von dem erzählt, aber ich hab das schon wieder vergessen.“

Dass viele Kinder keine Antwort wissen, hat einen Grund: Noch vor wenigen Jahren waren Martinsumzüge in der Tschechischen Republik nahezu unbekannt. Als Cornelia Zörner, die Leiterin des deutschen Kindergartens in Prag, vor fünf Jahren den ersten Laternenumzug organisieren wollte, lief dies nicht ohne Probleme ab, wie sie erzählt:

„Wir haben Laternen gebastelt und dann wurde uns gesagt, dass wir hier nicht mit Laternen laufen könnten, weil das an die Oktoberrevolution erinnert. Ich fand es schade, mit den gebastelten Laternen nur rumzusitzen, und da habe ich gesagt, dass wir zumindest zu dem Sportplatz gehen, der in der Mitte der Wohnblöcke stand. Der war wie ein Affenkäfig eingezäunt und dann sind wir da drin herumgelaufen. Das war unser erster Laternenumzug.“

Illustrationsfoto: ČTK
Oktoberrevolution hin oder her, den Kindern machte es so großen Spaß, dass die Umzüge auch in den darauffolgenden Jahren und bald auch durch die Straßen des ganzen Viertels stattfanden. Die älteren Kinder wissen daher schon ein bisschen mehr, was es mit dem Heiligen auf sich hat.

„Er war im Krieg und er wollte nicht mehr im Krieg sein und dann hat er mit den Leuten geteilt.“

Der lange Fluss aus Lichtern strömt um ein Lagerfeuer zusammen. Hier erzählt Pfarrer Frank Leßmann-Pfeifer noch einmal die Geschichte vom Heiligen Martin, der in einer kalten Winternacht seinen Mantel mit einem Bettler teilte. Dann gibt es für alle selbstgebackene Martinsmännchen und Pfarrer Leszmann-Pfeiffer hat noch eine besondere Überraschung für die Kinder parat: St. Martin-Tatoos! Die Kids waren begeistert und so wird auch sicher im nächsten Jahr wieder gesungen: Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.