Burcák - der Herbstbote
Es ist wieder soweit. Mit dem Herbst kommt auch der Burèák, der gärende Traubensaft, zu uns. Dazu die folgenden Betrachtungen von Alexander Schneller.
Es gibt viele Anzeichen des nahenden Herbsts. So werden die Tage merklich kürzer, es ist morgens und abends kühler, die ersten Blätter verfärben sich oder schaukeln bereits zu Boden, und die Nullgradgrenze sinkt bedrohlich. Ja, sogar der erste Schnee kann fallen. Dass der Herbst gekommen ist, das wissen wir aber spätestens dann, wenn, wie es jetzt der Fall ist, der Burèák in den Weinstuben und Restaurants angeboten wird. Der Burèák, auf Deutsch gärender Most oder Sturmwein oder Sauser genannt, je nach Region, der Burèák also ist hierzulande von weissen Trauben, wohingegen zum Beispiel in der Schweiz fast ausschliesslich roter Sauser getrunken wird. Wie auch immer, jetzt im September und Anfang Oktober ist er zunächst noch süsslich und schön gelb, mit zunehmender Gärung wird er herber und bekommt den unverwechselbaren Geschmack, bis er dann bräunlich, bitter und damit ungeniessbar wird. Die nächsten Wochen also sind die besten für den Genuss dieses Getränks
. So sitze ich in der Weinstube mit einem Glas Burèák, esse dazu ein bisschen Käse, ein Stück Wurst, im besten Fall noch ein paar frische Walnüsse und bemerke, wie gegen Abend die untergehende Sonne einen goldenen Glanz durch Prags Strassen ziehen lässt. Das warme Licht des Herbsts eben. Jetzt beginnt auch die Zeit der Vinobraní, der Weinfeste oder Winzerfeste, die in der ganzen Republik, ob in den traditionellen Weingebieten wie Znojmo oder in den Prager Vierteln Vinohrady und ikov, zu Ehren von Bacchus gefeiert werden.
Da ich den Burèák sehr schätze und er der Vorbote all der kulinarischen Köstlichkeiten des Herbsts ist, kaufe ich mir eine anderthalb Literflasche davon. Flugs eile ich nach Hause und freue mich schon darauf, eine währschafte Brotzeit mit dem herrlichen Getränk zu verzehren. Aber Vorsicht: Wer die Flasche zu schnell öffnet, der muss es büssen. Der obergärige Saft schiesst wie geschüttelter Sekt nach einem Formel 1-Sieg von Michael Schumacher aus der Flasche. Also, liebe Hörerinnen und Hörer, die Flasche ganz langsam nach und nach öffnen, die Luft entweichen lassen. Und dann endlich, nach ein bisschen Geduld und entsprechender Vorfreude, ist es soweit. Das Glas gefüllt, die Wurst geschnitten, den Käse arrangiert, die Nüsse geknackt, die Birnen geschält, die Trauben gewaschen und - geniessen. Allerdings mit Mass, denn der Burèák hat eine, gelinde gesagt, leicht abführende Wirkung. Trotzdem: Guten Appetit und Wohl bekomms wünscht Alexander Schneller.