Christdemokraten und Bürgermeister-Vereinigung trennen sich wieder
In drei Monaten finden in Tschechien die Wahlen zum Abgeordnetenhaus statt. Noch haben alle Parteien knapp einen Monat Zeit, sich dafür anzumelden. Die Verhandlungen über mögliche Bündnisse einschließlich dazugehöriger Positionsgefechte haben aber schon längst begonnen. Jüngstes Beispiel ist die Koalition der Christdemokraten mit der Vereinigung von Bürgermeistern und Unabhängigen (Stan). Nach nur dreimonatiger Zusammenarbeit haben die Christdemokraten die Scheidung eingereicht.
Mit anderen Worten: Das vordem feste Bündnis soll in ein loses umgewandelt werden – analog der Koalition zwischen der Partei Top 09 und Stan bei der letzten Parlamentswahl. Der Hauptgrund für diese Entscheidung ist die Angst vor einem Scheitern bei den Wahlen. Dies bestätigt der christdemokratische Senator und Kreishauptmann, Jiří Čunek:
„Wir wollen die Zusammenarbeit nicht aufheben, aber wir wollten die Zehn-Prozent-Hürde beseitigen.“
Jetzt nämlich, wenn die Christdemokraten allein und eigenständig in die Wahlen gehen werden, müssen sie „nur“ eine Fünf-Prozent-Hürde überspringen, um im Abgeordnetenhaus zu sitzen. Und dies sei auch das Hauptziel:„Wir wollen nicht riskieren, dass hierzulande nur eine Partei regieren wird“, so Parteichef Bělobrádek als Anspielung auf die Partei Ano von Miliardär und Ex-Finanzminister Andrej Babiš. Diese liegt derzeit mit über 30 Prozent weiter klar in Front.
Bei den Bürgermeistern und Unabhängigen ist die Gefühlswelt über die Auflösung des Wahlbündnisses indes sehr breit gefächert – sie reicht von purer Enttäuschung bis zu vollem Verständnis. Zur letzteren Gruppe gehört der Vorsitzende von Stan, Petr Gazdík. Auch für ihn ist vor allem der Ausgang der Wahlen besonders wichtig:
„Wir sind uns ganz bestimmt der Verantwortung bewusst, die wir tragen, und zwar nicht nur gegenüber unseren Mitgliedern, sondern auch gegenüber dem Land. Denn diese Wahlen entscheiden darüber, ob wir der westlichste Teil von Osteuropa oder der östlichste Teil von Westeuropa werden.“
Dennoch wird es Gazdík nicht einfach haben, die Mitglieder der Vereinigung auf den Vorschlag der Christdemokraten einzuschwören. Denn unter den Bürgermeistern und Unabhängigen mehren sich die Stimmen, selbständig oder gar nicht an den Wahlen teilzunehmen. Entscheiden will sich die Partei bei einem Treffen am Dienstag, informierte Gazdik.Auch bei den Politologen gehen die Meinungen etwas darüber auseinander, ob der Bruch des Bündnisses eine logische Konsequenz war oder aber ein weiterer Schritt zurück in die Bedeutungslosigkeit. Karel Komínek indes wurde deutlich:
„Ich denke, das ist ein großer Fehler. Politik ist ein Geschäft mit dem Vertrauen. Das Bündnis hat zunächst das Signal ausgesandt, man sei bereit, etwas zu riskieren. In dem Moment, wenn eine Vereinbarung gebrochen wird, fällt die Marke. Die Christdemokraten haben zudem den Ruf, unberechenbar und nicht vertrauenswürdig zu sein. Mit der Auflösung des Bündnisses haben sie das erneut bestätigt.“