Darts in Tschechien: Eigene Premier League und ein WM-Teilnehmer

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Zwischen Weihnachten und Neujahr haben traditionelle Wintersportarten wie Skispringen oder Eishockey einen festen Platz im internationalen Terminkalender. Seit einigen Jahren aber drückt zur gleichen Zeit ein Event der Sportwelt immer mehr seinen Stempel auf: die Weltmeisterschaft im Darts. Dieser Sport gewinnt langsam, aber sicher auch hierzulande an Popularität.

Pavel Korda  (Foto: DarthBob,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

Allein die Verkündung des neuen Weltmeisters versetzt die mittlerweile Millionen Anhänger des Darts in Verzücken. Schließlich werden die Titelkämpfe im Pfeilewerfen regelrecht zelebriert. Dies bestätigt auch einer, der es wissen muss:

„Die Weltmeisterschaft ist ganz klar der prestigeträchtigste Wettkampf der Saison und erhält regelmäßig die größte Beachtung aller Darts-Events“, sagt Tschechiens bekanntester Darts-Veranstalter und Kommentator, Pavel Korda. Der Promoter nennt aber noch einen zweiten Grund, weshalb die Dartsspieler der WM die allergrößte Aufmerksamkeit beimessen:

„Die Titelkämpfe sind ungemein wichtig für das Selbstvertrauen. Denn jeder Spieler hat die Möglichkeit, sich in guter Form seinen Sponsoren und Partnern zu präsentieren. Das wird auch registriert, denn die Weltmeisterschaft wird in der ganzen Welt im Fernsehen übertragen, selbst in Ländern, wo Darts ansonsten nicht gezeigt wird.“

Illustrationsfoto: Greg Neate,  Flickr,  CC BY 2.0

Die Weltmeisterschaft im Darts wird seit 1994 ausgespielt. Seitdem haben sich nur neun Teilnehmer in die Siegerliste eingetragen – allen voran Darts-Legende Phil Taylor, er allein gewann 14 WM-Titel. Das aktuelle Championat hat am 15. Dezember begonnen und endet am 3. Januar, weshalb es als WM 2021 in die Annalen eingeht. Erneut wird es im Alexandra Palace in London veranstaltet. In diesem altehrwürdigen Gemäuer herrscht seit 2008 eine kolossale Stimmung, wenn sich die besten Dartspieler ein Stelldichein geben. Das ist diesmal leider nicht der Fall, denn aufgrund der Corona-Pandemie finden die meisten Wettkampftage ohne Zuschauer statt. Dennoch war auch der Tscheche Karel Sedláček vor Turnierbeginn hellauf begeistert, nach 2019 das zweite Mal im „Ally Pally“ dabei zu sein. Dafür hatte sich der 41-Jährige in einem Vorausscheid qualifiziert:

Karel Sedláček  (Foto: Archiv von Karel Sedláček)

„Das ganze Jahr über freuen sich alle Spieler auf die WM. Sie ist das größte, längste und am höchsten dotierte Turnier des Dartssports. Das Ganze wird noch dadurch gewürzt, dass die Meisterschaft zwischen Weihnachten und Neujahr stattfindet. Es sind also mehrere Faktoren, die die WM zum Highlight des Jahres machen.“

Corona hilft Tschechischer Darts Premier League auf die Sprünge

Bevor wir darüber berichten, wie Karel Sedláček in die laufende WM gestartet ist, noch einen Blick hinter die Kulissen des tschechischen Darts. Wie bereits erwähnt, ist hierzulande Pavel Korda der große Promoter dieses Sports. Ihm ist es auch schon gelungen, große Stars wie beispielsweise den dreifachen Weltmeister Michael van Gerwen zu Wettkämpfen nach Prag zu holen. Allerdings war es ihm lange Zeit nicht vergönnt, die besten tschechischen Dartsspieler in einer eigenen Liga zu vereinen. Im April dieses Jahres bekannte der 49-Jährige:

Foto: Geoffrey Farchild,  Flickr,  CC BY 2.0

„Die Idee einer tschechischen Premier League hatte ich schon lange im Kopf. Da es aber wirklich viele Darts-Turniere gibt und im Fernsehen die unterschiedlichsten Sportarten feste Sendeplätze haben, habe ich befürchtet, dass dieser Wettbewerb nicht seinen verdienten Platz finden wird.“

Im April war hierzulande die Coronavirus-Pandemie längst angekommen. Dies zwang auch Korda zum Umdenken. Und so wurde faktisch aus der Not die Tschechische Darts Premier League geboren:

„Beim Darts bilden nicht wie beim Fußball oder Eishockey mehrere Akteure ein Team. Genial aber ist, dass die beiden Spieler auch zu Hause gegeneinander antreten können. Mit Hilfe einer Webkamera lässt sich die Illusion schaffen, dass sich beide direkt gegenüberstehen“, erläutert Korda.

Vítězslav Sedlák  (Foto: DarthBob,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

Diese technische Errungenschaft machte sich der Promotor zunutze. Nach dem Vorbild des Welt-Dartsverbandes PDC brachte er die zehn besten Dartsspieler aus Tschechien zusammen und ließ sie im Frühjahr eine Serie von insgesamt 17 Abendturnieren spielen. Dabei trat jeder Teilnehmer im eigenen Wohnzimmer an. Gewinner dieser Turnierserie wurde Vítězslav Sedlák (im Finale bezwang er Alexander Mašek mit 10:6). Darüber hinaus wurde ein Teil des Erlöses von diesem Wettbewerb an die Caritas gespendet – davon wurden Atemschutzmasken, Mundschutzbinden und weitere in der Pandemie nötige Sachen gekauft. Nach dem erfolgreichen Verlauf der Serie steht für Korda fest:

„Diese Premier League will ich auch im kommenden Jahr und in den Folgejahren am Leben halten. Allerdings sollte sie dann nicht mehr online ausgetragen werden, sondern an einem festen Platz mit einem etwas professionelleren Umfeld.“

Sedláček scheitert bei der WM an seinen Nerven

Karel Sedláček  (Foto: Archiv von Karel Sedláček)

An der nationalen Premier League nicht teilgenommen hat der aktuell beste tschechische Dartsspieler Karel Sedláček. Zu Beginn des Jahres erkämpfte er sich die PDC Tour Card und damit die Berechtigung, als erster tschechischer Dartsprofi an den großen internationalen Turnieren teilnehmen zu können. Und Sedláček konnte in diesem Jahr auch schon einige Achtungserfolge verbuchen, wie beispielweise einen Sieg über den Weltmeister des Jahres 2018, den Briten Rob Cross. In seinem ersten Profijahr arbeitete sich Sedláček bis auf Rang 84 der Weltrangliste vor. Der Saisonhöhepunkt für ihn ist jedoch die WM-Teilnahme, die er sich Ende November in der erfolgreich bestandenen Qualifikation gesichert hatte. Und dass die tschechische Nummer eins in London eine gute Rolle wird spielen können, davon war Pavel Korda vor dem WM-Beginn fest überzeugt:

„Karel hat sich in der PDC bereits einen Namen gemacht, zudem ist er in einer sehr guten Form. Ich glaube daran, dass er beim WM-Turnier auch noch nach den Weihnachtsfeiertagen dabei ist.“

Ryan Joyce  (Foto: YouTube Kanal von Professional Darts Corporation)

Um diese Prognose zu erfüllen, musste „Evil Charlie” – unter diesem Kampfnamen tritt Sedláček als Dartsprofi auf – in der ersten Runde zunächst den Briten Ryan Joyce bezwingen. Und der „böse Charlie“ ging durchaus optimistisch in das Match:

„Ryan Joyce hat weit mehr WM-Erfahrung als ich. Nichtsdestotrotz sehe ich die Chancen in diesem Duell bei 50:50. Wenn es mir aber gelingt, mein Können konstant abzurufen und ich auch eine gute Doppelquote habe, sollte ich das Match gewinnen.“

Duell zwischen Sedláček und Joyce  (Foto: YouTube)

Das Duell zwischen Sedláček und Joyce fand am vergangenen Mittwoch statt, und es war ein echter Thriller. Zu Turnierbeginn zieht jener Spieler in die nächste Runde ein, der zuerst drei Sätze gewinnt. Für einen Satzgewinn muss man sich in drei sogenannten Legs durchsetzen. In der Partie zwischen dem Tschechen und dem Briten stand es im fünften und entscheidenden Satz 2:2 in den Legs, und Sedláček hatte nach bereits drei vergebenen Matchdarts drei weitere auf der Hand – das hielt auch die britischen TV-Kommentatoren nicht mehr auf den Sitzen.

Doch Karel Sedláček scheiterte in diesem Drama an seinen Nerven. Der Tscheche schaffte es in sechs Versuchen nicht, das satzentscheidende Leg mit einem Doppel zu beenden, während dies Joyce gleich im ersten Wurf gelang.

Illustrationsfoto: Scott Ableman,  Flickr,  CC BY-NC-ND 2.0

„Wer das letzte Doppel nicht zumacht, der verliert das Duell. Die Niederlage schmerzt mich umso mehr, als mich der Spielverlauf in meinem Glauben bestärkt hat, dass ich das Podium als Sieger verlasse. Ich war mental gut auf das Match vorbereitet, fokussiert und entschlossen, doch am Ende war das Glück leider nicht auf meiner Seite.“

Sedláček schied wie schon 2019 in der ersten WM-Runde aus. Er muss sich damit trösten, dass solche Spielverläufe im Dartssport durchaus typisch sind, besonders für Turniere der immer größer werdenden Weltelite. Am Ende setzen sich also oft die Top-Spieler durch, weil sie in den entscheidenden Phasen die besten Nerven haben. Für den tschechischen Darts-Kommentator Pavel Korda kommt so auch für den WM-Sieg zumindest ein Quartett in die engere Auswahl:

„Der Kreis der Titelaspiranten ist groß, zu ihm gehören in etwa zehn Spieler. Die größten Chancen räume ich aber Titelverteidiger Peter Wright ein sowie dem Weltranglistenersten Michael van Gerven und Gerwyn Price. Ich persönlich würde aber James Wade den Titel wünschen.“

Autoren: Lothar Martin , Jakub Kanta
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