Gegenwind an der Grenze: Tschechien kritisiert Pläne für Windpark in der Oberpfalz

In Bayern sollen unmittelbar an der deutsch-tschechischen Grenze Windräder entstehen. Doch die Pläne, für die es mittlerweile auch eine Baugenehmigung gibt, stoßen in Tschechien auf Widerstand. Denn die betroffenen böhmischen Gemeinden werden im Gegensatz zu den bayerischen nichts von den finanziellen Ausgleichszahlungen zu sehen bekommen. Und die Kritiker behaupten zudem, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung gezielt umgangen wurde. Wird also Tschechien den Bau des Windparks verhindern?

Unweit von Bärnau in der Oberpfalz sollen sie entstehen: vier Windräder für die Produktion von Ökostrom. Das größte von ihnen soll 180 Meter hoch sein und direkt an der Grenze zu Tschechien in die Höhe wachsen. Die Rotorblätter ragen den Plänen zufolge bis auf wenige Meter an das tschechische Staatsgebiet heran. Im Nachbarland sorgen die Entwürfe für wenig Begeisterung.

„Mit uns wird einfach gar nicht kommuniziert“, sagte Dana Lesak (parteilos), Bürgermeisterin der Gemeinde Obora / Thiergarten dem Tschechischen Rundfunk.

Dana Lesak | Foto: Ľubomír Smatana,  Tschechischer Rundfunk

Auch vom Landschaftsschutzgebiet Český les, das sich unmittelbar an der Grenze befindet, kommt Kritik. Tomáš Peckert leitet die Behörde und sagt:

„Wir haben unsere Einwände im Dezember 2020 eingereicht. Die Antwort kam erst im Sommer dieses Jahres. Und unsere Hinweise wurden ignoriert.“

Dana Lesak zufolge spart der Betreiber des Windparks durch den Bau an der Grenze um die 360.000 Euro. Denn die Ausgleichszahlungen für die betroffenen Gemeinden werden nicht für die tschechischen Ortschaften fällig.

In Frage gestellt wird der neue Windpark zudem, da der Investor die Anlage in zwei Einzelprojekte mit je zwei Windrädern unterteilt hat. „Hinterer Steinberg“ und „Stöberlhof“ werden die beiden Windparks genannt. Durch die Trennung konnte Kritikern zufolge auf schnellem Wege eine Umweltverträglichkeitsprüfung umgegangen werden. Doch die Behörden in Deutschland sehen das anders. Veronika Seitz, Sprecherin des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, teilte dem Tschechischen Rundfunk schriftlich mit:

Český les | Foto: Daniel Ordóñez,  Radio Prague International

„Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei einem Windpark ab drei Anlagen durchzuführen. Die zuständige Genehmigungsbehörde hat die UVP-Pflicht mangels funktionalen Zusammenhangs der hier beantragten Windparks mit jeweils zwei Anlagen nach mehrfacher Prüfung der Sach- und Rechtslage verneint.“

Weiter heißt es aus dem Ministerium, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Auswirkungen der Anlagen sowohl auf deutscher als auch auf tschechischer Seite geprüft worden seien. Schädliche Umwelteinwirkungen, die öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprächen, lägen demnach nicht vor.

Trotz der bereits erteilten Baugenehmigung gibt es von tschechischer Seite weiter Kritik, auch von Umweltminister Petr Hladík (Christdemokraten):

Petr Hladík | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Seit vier Jahren weisen staatliche Organe Tschechiens die bayerische Seite auf etwas hin. Die ganze Zeit über werden wir ignoriert. Derartige internationale Angelegenheiten sind in der Espoo-Konvention geregelt. Die nächsten Konsultationen finden im Dezember dieses Jahres statt. Wir erwägen nun, diesen Punkt offiziell auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Die Bayern müssten ihre Baugenehmigung dann zurücknehmen, der ganze Prozess würde von neuem beginnen, und die tschechische Seite müsste dabei berücksichtigt werden.“

Der Investor des Windparks ist die Firma Strauß & Niebauer. Unter dem Namen Grenzlandwind hat das Unternehmen bereits mehrere ähnliche Projekte an der Grenze zu Tschechien realisiert. Von der Kritik an dem nun geplanten Windpark will Miteigentümer Thomas Strauß nichts wissen. Zu den Vorwürfen, dass die tschechischen Gemeinden zu wenig informiert worden seien, schrieb er dem Tschechischen Rundfunk:

„Die tschechische Regierung wurde von der bayerischen Regierung über beide Projekte natürlich informiert. Es wurden die artenschutzrechtlichen Prüfungen sowie eine Sichtbarkeitsanalyse für Tschechien in tschechischer Sprache zur Verfügung gestellt, das hat mehrere tausend Euro gekostet. Diese Unterlagen wurden von der tschechischen Regierung an die Stadt Tachov sowie an mehrere Gemeinden weitergegeben. Sofern die Bürgermeister/innen dann die Bürger nicht informieren, ist das deren Versäumnis und nicht unser Problem.“

Die Grenze zwischen Tschechien und Deutschland,  an der Windkraftanlagen gebaut werden sollen | Foto: Ľubomír Smatana,  Tschechischer Rundfunk

Doch der Gegenwind gegen die Kraftwerke kommt nicht nur aus Tschechien.

„Letzte Woche haben wir Klage am bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München gegen das Windkraftprojekt an der bayerisch-tschechischen Grenze eingelegt“, sagt Johannes Bradtka.

Er ist der Vorsitzende des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz & Biodiversität (VLAB), der Windkraftprojekte generell ablehnt und Gegner der deutschen Energiewende ist. Mit Klagen gegen Windparks hat die Gruppierung Erfahrung, etliche Projekte hat man bereits verhindert.

Ob bei Bärnau also tatsächlich 2025 die Bagger anrollen, so wie sich das Windparkunternehmer Strauß aktuell vorstellt, das steht derzeit noch in den Sternen irgendwo über der tschechisch-deutschen Grenze.