Das Absurde und die Hoffnung

Margaret Atwood erhielt den Franz-Kafka-Preis (Foto: ČTK)
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Sie ist eine der wichtigsten Autorinnen der Gegenwart. Nun erhielt Margaret Atwood in Prag den Franz-Kafka-Preis.

Margaret Atwood erhielt den Franz-Kafka-Preis  (Foto: ČTK)
Franz Kafka hat in einem ganz bestimmten Lebensabschnitt für die kanadische Schriftstellerin eine besondere Rolle gespielt:

„Ich habe Kafka als Teenager gelesen. Ich glaube, alles, was man in diesem Alter liest, hat einen bestimmten Einfluss auf die eigene Person. Ich habe zu der Zeit auch Horror-Literatur aus dem späten 19. Jahrhundert gelesen wie zum Beispiel ‚Dr. Jekyll und Mr. Hyde‘ oder ‚Dracula‘, aber auch absurde Komödien der Nachkriegszeit unter anderem von Beckett und Ionescu. Kafka war da eine Art Brücke.“

Vor allem das Fantastische schätze sie an dem Prager Schriftsteller, so Margaret Atwood nach der Verleihung des Franz-Kafka-Preises. Sie erinnerte sich auch, wie Kafka bei ihrem ersten Besuch in Prag vor der Wende noch verpönt war. Jetzt sei er als Meister des Absurden aber selbst Teil eines absurden Schauspiels, meint Atwood mit Blick darauf, dass Kafka im heutigen Prag vor allem von der Tourismusbranchevereinnahmt wird.

Franz Kafka  (Foto: Public Domain)
Ob er aber auch eine Spur in ihrem eigenen Werk hinterlassen habe, könne sie nicht beurteilen, meint die diesjährige Trägerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels:

„Ob Kafka mein eigenes Werk beeinflusst hat? Ich schreibe ja keine wissenschaftlichen Arbeiten über meine eigenen Bücher. Das muss schon irgendjemand anderes bewerten.“

Die 1939 in Ottawa geborene Margaret Atwood gilt als eine der engagiertesten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Und ihre Themen wie Frauenrechte oder Umweltschutz scheinen derzeit wichtiger denn je. Beispielsweise wurde ihr Roman „Report einer Magd“ erst in diesem Jahr neu als Fernsehserie verfilmt. Dass die Welt derzeit in keiner guten Verfassung ist, gibt die preisgekrönte Schriftstellerin durchaus zu. Aber:

„Es war schon schlimmer. Wir müssen uns einfach einmal anschauen, warum wir überhaupt so etwas wie Frauenrechte haben und warum die Menschen überhaupt angefangen haben, über so etwas zu sprechen. Das war im 19. Jahrhundert, als die entsprechenden Umstände schrecklich waren und der Bogen überspannt war. Die Menschen dachten sich damals, dass ihre Zeit absurd sei.“

Donald Trump  (Foto: Jette Carr,  U. S. Air Force,  Public Domain)
Im Laufe der Zeit schlage die Stimmung immer mal in die eine oder die andere Richtung, meint Margaret Atwood. So sei es derzeit auch in den USA unter Präsident Donald Trump, wo vor allem erzkonservative Kräfte an die Sonne wollten. Die Hoffnung möchte die Kanadierin aber nicht verlieren:

„Wie alle anderen Schriftsteller bin ich Optimistin. Es hätte ja keinen Sinn zu schreiben, wenn man das baldige Ende der Menschheit erwartet. Dann würde ja niemand mehr Literatur lesen. Optimismus heißt dabei nicht die Erwartung von heiter Sonnenschein und einer wunderbaren Welt. Es ist eher die Hoffnung, dass sich die Menschen nicht selbst auslöschen werden, beispielsweise durch die Verschmutzung der Weltmeere. Das könnte so ungefähr das Schlimmste sein, was passieren könnte. Vor allem darüber mache ich mir Sorgen. Wobei, wenn ich eine Pflanze wäre, wäre mir all das wahrscheinlich herzlich egal.“

Der internationale Franz-Kafka-Literaturpreis wird jährlich von der Franz-Kafka-Gesellschaft in Prag vergeben und ist mit 10.000 US-Dollar dotiert. Bekannte Preisträger waren in der Vergangenheit unter anderem Elfriede Jelinek, Peter Handke, Václav Havel und Amos Oz.