Das volle Einkaufserlebnis rund um die Uhr - Unternehmer wehren sich gegen geplante Verkürzung der Ladenöffnungszeiten

Tschechien - für die einen das Einkaufsparadies, für die anderen die Konsumhölle. Es gibt keine gesetzlichen Ladenschlusszeiten; vor allem die großen Supermärkte haben oft 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr geöffnet - an Staatsfeiertagen genauso wie am Weihnachtsabend. Überlegungen, dies zu ändern, stoßen auf scharfen Widerstand der Unternehmer. Thomas Kirschner berichtet.

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
In der vergangenen Woche feierten die Menschen in Tschechien den 15. Jahrestag des Zusammenbruchs des kommunistischen Regimes. Inzwischen sind es aber nicht nur die Folgen der Diktatur, sondern auch die Folgen der Freiheit, die der Gesellschaft zu schaffen machen. In der Gegenbewegung zur Bevormundung durch das alte Regime wurden viele Bereiche nach 1989 radikal liberalisiert, so auch die Ladenschlussregelung. In zahlreichen Geschäften, zumeist in den großen Super- und Hypermärkten am Stadtrand, kann man seitdem einkaufen, wann immer einem danach ist - rund um die Uhr und auch an Wochenenden und Feiertagen. Eine Gruppe von Abgeordneten der Sozialdemokraten (CSSD) und der Kommunisten (KSCM) wirbt nun für eine erneute Regulierung der Ladenöffnungszeiten. Der Vorsitzende des Fachverbandes der Handelsangestellten (OSPO), Alexandr Leiner, erläutert die Pläne:

"Wir wollen ein Verbot für die Öffnung von großen Geschäften an Feiertagen und in der Nacht erreichen - in der Nacht wollen wir damit etwas für die Bevölkerungspolitik tun, und die Feiertage sind zum Feiern da."

Was Leiner hier lakonisch formuliert, hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Nicht nur, dass die Unterschiede zwischen Alltag und Feiertag in Tschechien in der Tat zunehmend verwischen und immer mehr Tschechen ihre Freizeit beim Einkaufen verbringen - es profitieren davon vor allem die großen Einkaufszentren und Hypermärkte am Stadtrand, während der Einzelhandel nicht mithalten kann und die Innenstädte allmählich ausbluten. Der Tschechischen Verband für Handel und Reiseverkehr (SOCR), ein Unternehmerbund, wendet sich scharf gegen die Pläne und droht mit Lohnkürzungen, umfangreichen Entlassungen und einer daraus folgenden deutlichen Mehrbelastung der staatlichen Sozialkassen. Dazu die Managerin für die Außenbeziehungen des Verbandes, Irena Vlckova:

"Der erwartete Rückgang der Beschäftigten bewegt sich im Bereich zwischen 3000 und 15 000 Personen. Das ist natürlich abhängig davon, wie das Gesetz ausfällt. Wenn dort auch das Verbot vom Wochenendverkauf festgeschrieben wird, dann wird diese Zahl noch viel höher ausfallen."

Alexandr Leiner vom Fachverband für Handelsangestellte hält diese Zahlen demgegenüber für bewusste Irreführung und Panikmache.

"Das ist natürlich ein irrwitziges Szenario, das sich da jemand ausgedacht hat. Offensichtlich kommt das aus der Vorstellung, dass die Geschäfte auch am Sonntag geschlossen werden sollen. Das ist im Gesetzentwurf aber gar nicht vorgesehen. Ich vermute, dass es sich hier nur um zweckgerichtete Zahlen handelt, um in Regierung und Parlament zu zeigen, wie stark die Arbeitslosigkeit steigen würde. Mit der Wahrheit hat das jedenfalls nichts zu tun."

Deutlich ist: die Unternehmer sind keineswegs geneigt, in der Frage der Ladenschlusszeiten von ihren Freiheiten abzurücken. Verbandssprecherin Irena Vlckova beharrt auf uneingeschränkter Liberalität:

"Wir als Tschechischer Verband für Handel und Reiseverkehr vertreten grundsätzlich die Einstellung, dass Unternehmer selbst bestimmen sollten, wie und wann sie ihre Geschäfte öffnen. Wir lehnen daher jeden Kompromiss in diesem Bereich ab."

Die tschechischen Konsumenten, die sich an die Allverfügbarkeit des Angebotes gewöhnt haben, scheinen die Unternehmer in ihrer Haltung zu bestätigen: Die überwiegende Mehrheit ist mit der gegenwärtigen Regelung zufrieden.