Die politischen Parteien und die EU - Teil 3: Die Kommunisten

Welche Haltung haben die politischen Parteien Tschechiens gegenüber der Europäischen Union? Diese Frage stellen wir uns seit Montag im Rahmen einer Miniserie zum EU-Beitritt. Heute ist mit den tschechischen Kommunisten die drittgrößte Partei des Landes an der Reihe. Und damit erstmals eine Oppositionspartei, die den klaren EU-Kurs der Regierung ganz und gar nicht mitträgt. Mehr von Gerald Schubert:

Unter den kommunistischen Parteien des ehemaligen sowjetischen Machtblocks gilt die KSCM, die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, als eine, die bis heute keinen richtigen Reformprozess durchlebt hat. Parteichef Miroslav Grebenicek ist ein Hardliner der alten Schule, Vizeparteichef Vaclav Exner gar ein Vertreter des besonders orthodoxen Flügels. Im Gegensatz zu ihren slowakischen Kollegen, die den EU-Beitritt ihres Landes prinzipiell begrüßen, war die Wahlempfehlung der tschechischen Kommunisten vor dem Referendum im vergangenen Juni ein klares Nein. Vizeparteichef Exner:

"Es ist nicht nötig, dass irgendein Protektor kommt, um Ordnung zu machen. In erster Linie sollten die Bürger eines Staates selbst Ordnung machen und die Entscheidungen über die Entwicklung ihres Landes fällen."

Für viele, die an den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen im August 1968 und die Niederschlagung des "Prager Frühlings" denken, mag dies wie blanker Hohn klingen. Denn die "Ordnung", die wurde damals in Moskau gemacht, und nicht von den Bürgern der Tschechoslowakei. Die Europäische Union sieht die KSCM und ihr beachtliches Proteststimmenpotential dennoch gelassen:

"Ich glaube, man kann ohne Zweifel sagen, dass Tschechien eine Demokratie mit stabilen Institutionen ist", sagt Ralf Dreyer, Leiter der EU-Delegation in Prag. "Die Kommunistische Partei ist eigentlich recht isoliert im politischen Spektrum. Ich würde mir da nicht allzu viel Sorgen machen. Und fest steht: Wenn man Demokratie haben will, dann muss man auch die Andersdenkenden in Kauf nehmen. Wenn sich 18 Prozent der tschechischen Bevölkerung bei den Kommunisten gut aufgehoben fühlen, dann ist das eine Frage der politischen Situation, die nur von den politisch Handelnden beeinflusst werden kann."

Zwar gibt es auch in der Parteiführung der KSCM Querdenker, die sich für den EU-Beitritt des Landes ausgesprochen haben. Beim offiziellen Nein der Kommunisten blieb es aber auch nach der Volksabstimmung im Juni. Vizeparteichef Vaclav Exner:

"Wir bleiben dabei, dass die Beitrittsbedingungen, die die tschechische Regierung ausgehandelt hat, wie überhaupt allgemein die Beitrittsbedingungen der neuen Mitgliedsstaaten, unvorteilhaft sind. Daran hat natürlich auch das Ergebnis des Referendums nichts geändert."

Zur Erinnerung: 77 Prozent hatten sich beim Referendum für den EU-Beitritt ausgesprochen. Und allen Wahlanalysen zufolge waren darunter durchaus auch kommunistische Stimmen.


Zu den anderen Teilen der Serie:
Die politischen Parteien und die EU - Teil 1: Die Freiheitsunion
Die politischen Parteien und die EU - Teil 2: Die Christdemokraten
Die politischen Parteien und die EU - Teil 4: Die Demokratische Bürgerpartei (ODS)
Die politischen Parteien und die EU - Teil 5: Die Sozialdemokraten