Die politischen Parteien und die EU - Teil 2: Die Christdemokraten

Im Rahmen unserer Miniserie über die Haltung der tschechischen Parteien zur EU haben wir am Montag ein Europa-Portrait der liberalen Freiheitsunion gebracht. Nun machen wir einen Blick auf die zweitkleinste Regierungspartei, die im Abgeordnetenhaus auch die zweitkleinste Fraktion stellt. Die Rede ist von den tschechischen Christdemokraten. Über deren Europapolitik hören Sie nun mehr von Gerald Schubert:

Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
Im Europäischen Parlament stellt die Fraktion der christdemokratischen Abgeordneten die relative Mehrheit. In Tschechien hingegen ist die christdemokratische Tradition weniger stark verankert wie etwa im benachbarten Deutschland oder Österreich. Die konservative Wählerschaft hierzulande fühlt sich eher bei der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei ODS gut aufgehoben, wie Wahlen und Umfragen bestätigen. Dennoch: Mit einer Wählergunst von etwa 10 Prozent hat die christdemokratische Volkspartei KDU-CSL stets sichere Mandate im Abgeordnetenhaus, derzeit sind es 21 von 200. Gemeinsam mit der liberalen Freiheitsunion und den Sozialdemokraten bildet sie die derzeitige Regierungskoalition des sozialdemokratischen Premierministers Vladimir Spidla und ist dort mit immerhin drei Ministern vertreten.

Der angestrebte EU-Beitritt war stets eine der stärksten Klammern rund um das Dreiparteienkabinett, dessen pro-europäische Linie gilt also auch für die Christdemokraten. Der jetzige Parteichef, Miroslav Kalousek, sagte vor dem EU-Referendum im vergangenen Juni:

Cyril Svoboda und Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
"Das ist ein Referendum, in dem jeder darüber entscheidet, ob ein Teil der souveränen Kompetenzen des Staates nach Brüssel übergeht oder nicht. Und in dem auch jeder darüber entscheidet, ob wir zu Europa gehören wollen oder zum Balkan."

Eine Schlüsselfigur für die europapolitische Orientierung Tschechiens ist Außenminister Cyril Svoboda, ebenfalls ein Christdemokrat. Nun, da der EU-Beitritt des Landes so gut wie geschafft ist, geht es für ihn um die weitere Entwicklung und um den Platz Tschechiens innerhalb der Union. Dass Tschechien etwa in der Diskussion um eine europäische Verfassung Wert auf die Stimmrechte kleiner Länder und auf das Prinzip "Ein Staat ein Kommissar" legt, das hat Svoboda immer wieder betont. Wichtig ist jedoch auch für ihn, dass es überhaupt zu einem Beschluss der Verfassung kommt. Und so sagte er nach dem Scheitern des EU-Gipfels im vergangenen Dezember:

"Besonders wichtig ist das, was auch der Vorsitzende des Europäischen Parlaments gesagt hat: Es darf nun zu keinem Vakuum kommen. Zu keinem Raum für das Nichts zwischen dem heutigen Tag und irgendetwas Zukünftigem. Das heißt, diese Konferenz muss weitergehen."


Zu den anderen Teilen der Serie:
Die politischen Parteien und die EU - Teil 1: Die Freiheitsunion
Die politischen Parteien und die EU - Teil 3: Die Kommunisten
Die politischen Parteien und die EU - Teil 4: Die Demokratische Bürgerpartei (ODS)
Die politischen Parteien und die EU - Teil 5: Die Sozialdemokraten