Koalitionsverhandlungen: Große Ressort-Rochade bleibt aus

Der neue Premierminister Stanislav Gross (Foto: CTK)

Eine Neuauflage der sozialliberalen Regierungskoalition in Tschechien braucht natürlich auch ein neues Regierungsprogramm. Die diesbezüglichen Verhandlungen konnten aber bereits am Wochenbeginn relativ zügig zu Ende geführt werden. Sozialdemokraten, Christdemokraten und Liberale kennen einander schon aus zweijähriger Zusammenarbeit im Kabinett und wollen die begonnen Reformen auch fortsetzen. Die Verhandlungen über die Aufteilung der einzelnen Ressorts hingegen, die gestalten sich schon schwieriger. Nun jedoch scheint eine Einigung in Sicht zu sein. Mehr von Gerald Schubert:

Der neue Premierminister Stanislav Gross  (Foto: CTK)
Der neue Premierminister Stanislav Gross hat es nicht leicht: Er will die Arbeit der bisherigen Dreiparteienkoalition fortsetzen, gleichzeitig aber muss er seiner sozialdemokratischen Partei ein neues Kämpferimage verleihen. Denn deren schlechtes Ergebnis bei den EU-Wahlen und vor allem die parteiinternen Konflikte beruhen großteils auf der Einschätzung, die sozialdemokratische Führung lasse sich von den weit kleineren, konservativen Koalitionspartnern zu viel gefallen.

Gross hat hoch gepokert: Kein Ressort der Christdemokraten sollte bei den Verhandlungen prinzipiell unantastbar sein. Weder das Verkehrs-, noch das Umwelt-, noch das Außenministerium. Der christdemokratische Parteichef Miroslav Kalousek bezeichnete das von Beginn an als unannehmbare Position:

Cyril Svoboda und Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
"Vor allem schließe ich aus, dass jemand Cyril Svoboda als Außenminister ablösen könnte. Denn in dieser Koalition bleibt das Außenministerium in der Verwaltung der Christdemokraten. Und zwar mit dem Minister Cyril Svoboda."

Vielleicht hatte Gross darauf gesetzt, dass Kalousek und Svoboda als parteiinterne Rivalen gelten. Zu gerne hätten die Sozialdemokraten nämlich auch Kalousek in der Regierung. Der Chef einer Koalitionspartei, so die Überlegung, solle nämlich auch im Kabinett Verantwortung tragen. An Kalousek aber, der mit seinem einflussreichen Posten als Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Abgeordnetenhaus offenbar mehr als zufrieden ist, prallen solche Überlegungen ab. Nach der nächtlichen Verhandlungsrunde, die ohne Ergebnis beendet wurde, sagte er lediglich:

"Wir sind ehrlich darum bemüht, mit der jetzigen personellen Zusammensetzung und mit den jetzigen Positionen weiterzuarbeiten. Das Angebot liegt auf dem Tisch. Nehmt es, oder lasst es."

Kalouseks Taktik könnte aufgehen. Denn Arbeits- und Sozialminister Zdenek Skromach von der Sozialdemokratischen Partei hat mittlerweile verlautbart:

"Diese Variante wurde von allen Parteien, die an den Verhandlungen teilnahmen, akzeptiert. Das heißt, wir haben diese Sache heute abgeschlossen. Jetzt sind eigentlich nur noch mit der Freiheitsunion die Ressortverhandlungen zu führen."

Für den scheidenden tschechischen EU-Kommissar Pavel Telicka, den in Brüssel der ebenfalls scheidende Premierminister Vladimír Spidla ersetzen wird, ist das eine weitere schlechte Nachricht. Denn er galt zuletzt als heißester Kandidat für den Posten des neuen Außenministers.