Der Adel lässt grüßen: Schloss Hořovice
Bis 1945 gehörte das Schloss Hořovice / Horschowitz der Adelsfamilie von Hanau. Die ursprüngliche Barockresidenz wurde im 19. Jahrhundert radikal umgebaut und erweitert. Zu besichtigen sind seit diesem Jahr sowohl die Gemächer aus dem 18. Jahrhundert sowie die Zimmer, in denen die letzten Besitzer gelebt haben.
„Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1709. Damals lebten hier nur zwei Adelsfamilien. Zuerst gehörte das Schloss den Herren von Vrbno und Bruntál (Würbenthal und Freudenthal, Anm. d. Red.). Zur Mitte des 19. Jahrhunderts ließ sich hier die Fürstenfamilie von Hanau nieder.“
Wenn es nicht gerade Adventsführungen durch das Schloss gibt, können sich die Besucher für eine der vorgegebenen Besichtigungstrassen entscheiden, sagt der Kastellan. Eine davon führt durch die ältesten Räumlichkeiten der Residenz aus dem 18. Jahrhundert. Bei der anderen werden die Zimmer gezeigt, in denen bis 1945 die letzten Besitzer gelebt haben. Zudem ist in der ehemaligen Schlossküche eine Dauerausstellung historischen Spielzeugs zu sehen. Libor Knížek fängt mit der Führung im sogenannten Schaumburger Flur an, wo die Porträts der Vorfahren von Graf Heinrich von Schaumburg hängen.„Er und seine Frau waren die letzten adeligen Schlossherren von Hořovice. Die Gräfin stammte aus der berühmten Handelsdynastie Fugger. Wir zeigen einen Teil ihrer Wohnung, die insgesamt 22 Empfangszimmer und Privaträume hatte. Es gab hier mehrere Badezimmer.“
Aus Kassel nach Böhmen
Das Schloss gehörte ab 1852 der Adelsfamilie von Hanau. Damals kaufte Friedrich Wilhelm I, Fürst zu Hanau das Gut von Hořovice. Nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866 zog er nach Böhmen, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1875 lebte.„Friedrich Wilhelm hatte zwar sechs Söhne. Sie sind aber ohne Nachkommen gestorben. Im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs wurde das Schloss eigentlich nicht mehr genutzt. Aus diesem Grund besetzte die Armee die Residenz. Damals wurde hier ein Internierungslager für italienische Soldaten eingerichtet. In diesem Jahr sind 100 Jahre seit dem Kriegsende vergangen. Aus diesem Anlass haben wir eine Ausstellung über das Internierungslager organisiert. Gezeigt wurden historische Fotos sowie Dokumente. Zur Ausstellung sind auch Besuche aus Norditalien gekommen.“
Für das Schloss Hořovice sind lange Gänge typisch, die nach Osten und Norden gerichtet sind. Im Winter ist es dort recht kühl. Im Sommer sei es jedoch angenehm, sagt Libor Knížek.„Die Wohnräume sind gegen Westen und Süden gerichtet. In den Salons war es schön warm. Bei Hitze konnte man sich im Gang abkühlen. Aber auch die Flure wurden im Winter beheizt, und zwar mit einer zentralen Heißluftheizung. Im Erdgeschoss gab es acht Kesselräume, von dort aus wurde die heiße Luft in die oberen Etagen geführt. Der erste Besitzer aus der Fürstenfamilie zu Hanau, Friedrich Wilhelm, hat das Schloss umbauen und erweitern lassen. Sein Architekt entwarf ein Lüftungssystem für die Residenz, mit dem die ganze Feuchtigkeit abgeführt wurde. Es funktioniert auch noch nach 150 Jahren.“
Vom Kabinett der Fürstin geht es ins Schlafzimmer und in die Bibliothek. Diese sind derzeit weihnachtlich geschmückt. Der Kastellan macht auf eine Vitrine aufmerksam.
„Hier befinden sich einige Märchenbücher aus dem Jahr 1908. Weitere Kinderbücher stammen aus den 1920er Jahren, diese gehörten den Kindern der letzten Schlossbesitzer. Die Geschichten der Gebrüder Grimm haben eine Beziehung zu Hořovice. Denn Friedrich Wilhelm hat einen Teil seiner Kasseler Bibliothek mit nach Hořovice genommen. Und die Gebrüder Grimm waren zu ihrer Zeit in Kassel als Bibliothekare angestellt.“
Tanzsaal aus Kapelle
Nach der Besichtigung des kleinen und des großen Speisesaals geht es in die Schlosskapelle. Seit Adventsbeginn ist dort eine Weihnachtskrippe ausgestellt. Der Kastellan:„Dies ist eigentlich schon die zweite Kapelle in diesen Gemäuern. Die erste recht große Kapelle befand sich inmitten des Prachtbaus. Die ursprünglichen Schlossherren, die Herren von Vrbno und Bruntál waren Katholiken. Friedrich Wilhelm war Protestant. Die Kapelle wurde schließlich in einen Tanzsaal umgewandelt. Friedrich Wilhelm ließ für seinen privaten Bedarf einen kleineren Gebetsraum einrichten. Der letzte Schlossbesitzer Heinrich von Schaumburg, war wiederum katholisch, und der Sakralraum wurde zu einer katholischen Kapelle umgeweiht.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg machte man aus der Kapelle eine Zeremonienhalle. Ein Sakralraum passte nicht in das kommunistische Idealbild, erklärt der Kastellan. Alles, was an die Kapelle erinnerte, musste verschwinden – die Bänke sowie der Altar wurden abtransportiert, aber zum Glück gut aufgehoben, erzählt Libor Knížek.
„Nach der Wende von 1989 durften wir den Raum wieder Kapelle nennen. Der Altar wurde zurückgebracht, eine der Bänke ist erhalten geblieben. Die ursprüngliche Barockkapelle war der Jungfrau Maria von Tschenstochau geweiht. Aus dem Grund wird hier einmal im Jahr im August zum Mariä Himmelfahrtsfest ein Gottesdienst zelebriert. Sonst finden hier jeden Sommer etwa 60 Hochzeiten statt. Die Kapelle wird auch bei den Führungen gezeigt.“Seit dem Sommer dieses Jahres wird im westlichen Schlossflügel eine Dauerausstellung gezeigt, die die Geschichte der Residenz im 18. Jahrhundert beschreibt.
„Das älteste Exponat ist die große Landkarte der Herrschaft von Hořovice. Sie stammt aus dem Jahr 1756. Das Schloss hat da die Größe von etwa zwei Briefmarken, aber es handelt sich um seine älteste Abbildung.“
In Hořovice haben sechs Generationen der schlesischen Adelsfamilie der Herren von Vrbno und Bruntál gelebt. Libor Knížek macht auf ein Porträt aufmerksam.„Rudolf von Vrbno war wahrscheinlich der bedeutendste Spross der Familie. Er hatte zwar Jura studiert, aber war ein großer passionierter Naturwissenschaftler, vor allem begeisterte er sich für Mineralogie. Außerdem trieb er die Gusseisenproduktion in Hořovice und in Komárov an. Es wurden hier Gartenpavillons, Bänke und später auch Badewannen und Straßenlampen hergestellt. In Komárov gibt es bis heute ein Museum, in dem Kunstobjekte aus Gusseisen zu sehen sind. Das ganze Schloss ist voll davon: es gibt Klinken, Ziergitter und andere Gegenstände aus Gusseisen, die im 19. Jahrhundert hergestellt worden sind.“
„Böhmischer Paganini“
Nicht nur die Gusseisenproduktion lag den Herren von Vrbno am Herzen. Einige von ihnen waren leidenschaftliche Musiker. Aus dem nahegelegenen Jince stammte der tschechische Violinist Jan Slavík (1806-1833), der zu seinen Lebzeiten „Böhmischer Paganini“ genannt wurde. An den Virtuosen wird im Musiksalon des Schlosses erinnert.
„Josef Slavík war nur kurz auf dem Schloss tätig. Sein Vater Antonín war Musiklehrer der Kinder des Grafen Eugen von Vrbno. Er hat die Begabung von Josef Slavík erkannt und ihm das Studium auf dem Prager Konservatorium bezahlt. Mit 14 Jahren beendete er das Studium und fing an zu komponieren. Slavík hatte Konzerte in Prag, Wien und in Pest. Dort ist der 27-jährige Musiker an einer Grippeerkrankung gestorben.“Aus dem Musiksalon geht es weiter in die Gemächer der Herren zu Hanau. Zu besichtigen sind die Arbeitszimmer, die Schlafzimmer sowie das Boudoir der Fürstin. Auch der größte Saal im Schloss wird gezeigt, der anstelle der früheren Kapelle errichtet wurde und lange als Tanzsaal diente.
Am 15. und 16. Dezember finden im Schloss Hořovice Sonderführungen statt, die vor allem die Weihnachtsbräuche zum Thema haben. Nach einer Winterpause wird die Residenz dann wieder ab 30. März 2019 für die Öffentlichkeit geöffnet. Im Schloss werden auch Führungen auf Deutsch angeboten. Mehr erfahren Sie unter www.zamek-horovice.cz