Der August ist extrem - ist das Zufall oder nicht?
Glauben Sie an Zufälle, liebe Hörerinnen und Hörer? Oder sind Sie gar abergläubisch? Ich für meine Person möchte das nicht behaupten, aber wenn man so auf den August starrt, dann muss man sich schon Gedanken machen. Oder etwa nicht? Im vorigen Jahr kam er uns ja nun ganz, ganz feucht daher: Wasser ohne Ende, den uns dieser August da bescherte, vor allem an der Moldau, der Elbe, der Donau und deren Nebenflüssen ließ er es ergießen.
Haben wir es nicht verstanden, mit dem Wasser, was er uns im Vorjahr im Übermaße gab, besser hauszuhalten? Aber nein: Auch bei seinem Gastspiel in diesem Jahr lässt er das Wasser wieder laufen, dieser August, nur eben anders: von unserer Stirn, durch unsere Kehlen oder per Duschstrahl an unserem Körper herab. Nur spüren wir sie kaum, diese Nässe, die uns im Vorjahr fast Ertrinken ließ und alles mitnahm, was nicht niet- und nagelfest war. Als das Wasser abgeflossen war, hinterließ es nur noch einen Krater der Verwüstung. Schutt- und Schlammberge türmten sich, die schlafmützige Sonne schaffte es kaum, all den feuchten Dreck zu trocknen. Ist das vielleicht der Grund, warum der August diesmal der Sonne so in den Ohren lag und mahnte: Scheine, liebe Sonne scheine, so weit und breit es nur geht.
Aber man kann es auch übertreiben. Warum müssen es denn nun gleich wieder Rekorddampfbäder sein wie an diesem ominösen 13. August, als uns dieser August hier in Prag die Luft auf 36,8 Grad Celsius erhitzte. So etwas hat er noch nie getan seit 1775, als man hier an der Moldau begann, diese Glut per Thermometer zu messen. Auch in Kopisty bei Most/Brüx ließ er es glühen: satte 38,9 Grad Celsius heizte er dort ein. Und erst in Berlin, der größten Stadt Deutschlands, da spielte er total verrückt - ach nicht doch, das war ja schon vor 42 Jahren, als eine Heerschar uniformierter Hitzköpfe gleich eine ganze Mauer baute, und das mitten durch die Stadt. Vielleicht wusste man schon damals, dass man eines schönen Augusttages eine solche Mauer schon benötigen werde, um in ihrem Schatten Abkühlung zu finden. Aber warum hat man sie dann schon 1989, also vierzehn Jahre zu früh, wieder abgerissen? Richtig, damals kannte man bei deren Urhebern ja nur die Planwirtschaft. Und bei der Planung dachte man immer nur für fünf Jahre im Voraus. Aber das Volk hat dieses unrentable Wirtschaftssystem eh nicht verstanden und es dann auch abgeschafft, mitsamt der Mauer. Schade nur, dass dies vor dem Jahr 2002 passierte, denn im vergangenen Jahr hätte man die Berliner Mauer in Prag, als hier die Moldau gefräßig über ihre Ufer trat, als Schutzwall ganz gut gebrauchen können: bei der Künstlerinsel Kampa, im Stadtteil Karlín und im Prager Zoo zu Troja. Rein zufällig natürlich. Aber wer glaubt denn schon an Zufälle?