Internationale Klimastudie: Mitteleuropa muss sich auf häufigere Hochwasser einrichten

Die Regenmassen, die vor zwei Wochen unter anderem in Tschechien ein weiteres tragisches Hochwasser verursacht haben, waren die umfangreichsten, die innerhalb von vier Tagen je in dieser mitteleuropäischen Region registriert worden sind. Und wegen des Klimawandels steigt die Wahrscheinlichkeit weiterer Überschwemmungen. Dies belegt eine internationale Studie.

Bei den Hochwassern Mitte September sind in Österreich, Tschechien, Polen und Rumänien insgesamt mindestens 28 Menschen gestorben. In Tschechien wurden bisher fünf Todesopfer bestätigt, acht Menschen gelten weiterhin als vermisst. Überschwemmungen wie diese würden in Mitteleuropa heute öfter auftreten als noch in der Zeit vor der Industriellen Revolution, sagt die Klimatologin Friederike Otto vom Imperial College in London:

Friederike Otto | Foto: YouTube

„Wir haben die schweren Regenfälle analysiert, die zu mitunter tragischen Hochwassern in Mitteleuropa geführt haben, unter anderem in Tschechien, der Slowakei, Österreich, Teilen Polens und Deutschlands. Demnach hat der menschengemachte Klimawandel – also die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas – die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses verdoppelt.“

Friederike Otto gehört zum Team von World Weather Attribution, einer britischen Experteninitiative, die Wetterdaten auswertet und damit die Folgen des Klimawandels erklärt. Die Studie zum September-Hochwasser wurde am Mittwoch veröffentlicht – gerade einmal zehn Tage, nachdem in Nordmähren die ersten Evakuierungen erfolgten. Bei ihren Analysen würden sie auch immer mit Kollegen in den betroffenen Ländern zusammenarbeiten, betont Otto. Und im Falle von Tschechien war diesmal etwa der Meteorologe Michal Žák von der Prager Karlsuniversität beteiligt. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks schilderte er den Zusammenhang zwischen Erderwärmung und zunehmenden Niederschlägen:

Michal Žák | Foto: Karlsuniversität Prag

„Als wichtiger Faktor werden in der Studie die überdurchschnittlich warmen Ozeane angeführt, die durch Verdunstungen als Quelle für eine hohe Luftfeuchtigkeit wirken. In dieser Hinsicht ist der Zusammenhang mit dem Klimawandel recht gut bewiesen. Und dann spielt eine Rolle, dass eine wärmere Atmosphäre allgemein mehr Wasserdampf aufnimmt. Dieser kondensiert und fällt in größerer Menge als Regen herab.“

Das Autorenteam von World Weather Attribution versteht seinen Bericht auch als Aufforderung an die Politik in Tschechien und den anderen betroffenen Staaten, wirksamere Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen und ihre Länder damit besser auf weitere Katastrophen vorzubereiten. Konkreter wird Bogdan Chojnicki von der University of Life Sciences im polnischen Posen:

Bogdan Chojnicki | Foto: YouTube

„Die Hauptbotschaft ist immer die gleiche, nämlich die Emissionen aus den fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Das ist den Verantwortlichen aber schwer zu vermitteln. Manchmal bin ich überrascht, dass russische Waffen im Gegensatz dazu unsere Politiker so einfach davon überzeugt haben, Atomkraftwerke in Polen zu bauen.“

Nur wenige Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 habe es in Polen nämlich einen Politikschwenk gegeben zugunsten der fossilen Atomkraft, ergänzt Chojnicki. Neben einer effektiveren Klimapolitik müsste auch die Infrastruktur in den Hochwasserregionen angepasst werden, sagt außerdem Mitautorin Maja Vahlberg vom Klimazentrum des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds in Den Haag:

„Die betroffenen Länder und Städte sollten eine Katastrophenanalyse erstellen und die ergriffenen Maßnahmen der örtlichen Rettungssysteme auswerten. Dadurch können die Bereiche identifiziert werden, in denen es schon Verbesserungen gab. Generell muss sich aber mit der großen Hochwassergefahr beschäftigt werden. Dies ist wichtig, um Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel in die langfristigen Strategien aufzunehmen. Sie sind unerlässlich für den Wiederaufbau und die weitere Planung in Städten dieser Region Europas, vor allem, wenn die Orte an großen Flüssen liegen.“

Foto: Ľubomír Smatana,  Tschechischer Rundfunk

Diese Warnung gilt unter anderem für Prag. Die Moldaustadt war im September allerdings nicht überschwemmt – anders als etwa 2002. In ländlichen Flussgebieten hingegen sei es nicht immer möglich, die Anwohner noch besser vor Überschwemmungen zu schützen, gibt Meteorologe Michal Žák zu bedenken:

„In einigen Fällen wird den Menschen leider nichts anderes übrigbleiben, als sich weiter zu entfernen von einem Fluss, an dem es häufiger zu Hochwasser kommen kann. Sofern es keinen vernünftigen Schutz gibt und daher zu erwarten ist, dass es öfter zu Schäden kommt, ist es wahrscheinlich wirklich klüger – aus finanziellen und auch anderen Gründen –, woanders hinzuziehen.“

Autoren: Daniela Honigmann , Jan Kaliba , Kateřina Bečková | Quelle: Český rozhlas
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