Kommt ein neues Jahrhunderthochwasser? Tschechien bereitet sich auf Überschwemmungen vor
Aktuell regnet es überall in Tschechien, und das wird das ganze Wochenende so bleiben. Für den Großteil des Landes gilt die höchste Hochwasserwarnung.
Säcke werden verteilt und mit dem Füllen begonnen: Štefan Gyerd von der Freiwilligen Feuerwehr in Benešov nad Černou / Deutsch Beneschau schaufelt Sand hinein, während sein Kollege Vojta den Sack aufhält. In dem südböhmischen Ort kurz vor der Grenze zu Österreich werden die Hochwasserwarnungen nicht auf die leichte Schulter genommen. Dafür hat man hier schon zu viele Erfahrungen mit solchen Katastrophen gemacht.
Seit am Donnerstag der Dauerregen eingesetzt hat, laufen die Vorbereitungen: Traktoren stehen bereit, ebenso Klappliegen, außerdem werden Wasserpumpen und Motorsägen auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet.
In den Häusern von Benešov nad Černou stand das Wasser des namensgebenden Flusses, der Schwarzau, zuletzt 2013 in den Häusern. Als das tschechische Hydrometeorologischen Institut (ČHMÚ) am Donnerstag seine landesweite Warnung herausgab, wurden aber vor allem die Erinnerungen an die Katastrophen der letzten drei Jahrzehnte wieder lebendig. Das Hochwasser an March und Oder 1997 forderte in Tschechien 50 Menschenleben, 2002 stand auch in Prag das Wasser meterhoch.
Laut Wettervorhersage breitet sich der Regen am Freitag hierzulande weiter von Ost nach West aus. Von Überschwemmungen bedroht sei vor allem Nordmähren, sagte Jan Šramek vom ČHMÚ in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Extreme Regenfälle gibt es im Altvatergebirge. Zusammengenommen, was schon heruntergekommen ist und was noch kommen soll, können örtlich mehr als 400 Millimeter fallen. Viele Niederschläge wird es auch an den Regenseiten der nordböhmischen Gebirge geben. Um die 300 Millimeter können es auch im Riesengebirge werden.“
Zur Veranschaulichung: 400 Millimeter bedeuten 400 Liter Regenwasser pro Quadratmeter.
Diese starken Niederschläge würden mindestens bis Sonntagabend anhalten, ergänzte Šramek. Die höchste Hochwasserwarnstufe drei gilt laut ČHMÚ für ganz Mähren, für Ost- und Nordböhmen und seit Freitag auch für den Kreis Vysočina sowie für Teile von Südböhmen und den Böhmerwald. Die Menschen sind vor allem dazu aufgerufen, sich möglichst nicht in der Nähe von Flüssen und Bächen aufzuhalten.
Gleich am Donnerstag kam die zentrale Hochwasserkommission zusammen. Sie empfahl den Städten und Organisatoren, die Durchführung von Open-Air-Veranstaltungen zu überdenken. Denn ab Freitagabend komme zum Regen auch noch starker Wind hinzu, informierte Umweltminister Petr Hladík (Christdemokraten):
„Den Menschen im Land empfehlen wir eindringlich, von Freitag 18 Uhr bis auf Abruf am besten gar nicht in Wälder und in Parks zu gehen. Dort besteht nämlich die Gefahr, dass Bäume umstürzen.“
Am Freitagvormittag tagte der zentrale Krisenstab der Regierung. Auf der anschließenden Pressekonferenz teilte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) mit:
„An einigen Flüssen wird schon heute die erste Hochwasserstufe ausgerufen, und morgen erwarten wir einen weiteren Anstieg der Pegel. Leider müssen wir an einigen Stellen mit einem Jahrhunderthochwasser rechnen. Wir haben einige wichtige präventive Schritte unternommen. So werden derzeit Kapazitäten in den Stauseen geschaffen, um die Durchflussmenge regulieren zu können. Die Daten, die wir aktuell haben, erlauben es uns aber leider nicht vorauszusagen, wie ernsthaft die Folgen ausfallen werden.“
Die Menschen in Tschechien erwarte ein schwieriges Wochenende, fügte der Regierungschef hinzu und rief dazu auf, maximal vorsichtig zu sein und sich gegenseitig zu helfen. Dem schloss sich Innenminister Vít Rakušan (Stan) an. Er betonte:
„Verglichen mit den Krisenjahren 1997 und 2002 sind wir jetzt viel besser vorbereitet. Dies ist der langjährigen Arbeit der einzelnen Städte, Gemeinden und Kreise zu verdanken. Es wurden große Summen an Finanzmitteln in den Hochwasserschutz investiert, und auch die meteorologischen Modelle werden besser ausgewertet. Ich denke, die Regierung hat im richtigen Moment eine zentrale Hochwasserkommission einberufen, um die Lage im Voraus zu bewerten und keine Panik heraufzubeschwören, sondern auf die realen Risiken hinzuweisen. Diese politische Entscheidung erweist sich jetzt als richtig.“
Rakušan wiederholte zudem seine Ankündigung vom Donnerstag, dass die Bewohner der besonders bedrohten Gebiete sich auf eine eventuelle Evakuierung vorbereiten müssten. Er forderte sie deshalb zum Vorbereiten eines Notgepäcks auf, das die wichtigsten Dinge für etwa drei Tage enthalten solle.
Eine Karte mit den aktuellen Hochwasserwarnungen für die einzelnen Regionen Tschechiens findet sich auf der Website des Hydrometeorologischen Instituts:
https://www.chmi.cz/files/portal/docs/meteo/om/vystrahy/index.html