Der "autofreie Tag" ist gerade in Prag vonnöten

In 857 Städten in ganz Europa legte man in der letzten September-Dekade einen sogenannten "autofreien Tag" ein. Die Autos durften nicht ins Stadtzentrum fahren, selbst Minister und Stadtvertreter fuhren mit dem Rad oder mit der Straßenbahn zum Dienst. Doch in der tschechischen Hauptstadt Prag passierte nichts dergleichen. Weshalb sich nichts rührte und warum gerade in der "Goldenen Stadt" ein autofreier Tag mehr angebracht wäre, darüber informiert Sie Lothar Martin.

Der "autofreie Tag" hat in den Ländern der Europäischen Union schon eine gewisse Tradition. In diesem Jahr war er bereits zum achten Mal ausgerufen worden, wobei sich auch 47 Nicht-EU-Städte an der Aktion beteiligten, darunter die tschechischen Orte Olomouc/Olmütz, Trebíc und Kromeríz. Die Landeshauptstadt Prag wich der Aktion jedoch aus mit der Begründung, dass man sich zu diesem Zeitpunkt auf die gerade stattfindende Jahrestagung von IWF und Weltbank zu konzentrieren habe. Dabei wäre es besonders für die Moldaumetropole wichtig, sich der Folgen der überdurchschnittlichen Verkehrsbelastung bewusst zu werden, wie uns Petr Kurfürst vom Zentrum für Verkehr und Energetik bereitwillig informierte:

"In den letzten zehn Jahren hat sich in Prag die Anzahl der Personenkraftwagen verdoppelt, zur Zeit sind 620.000 PKW´s registriert, was bedeutet, dass jeder zweite Prager im Besitz eines Fahrzeugs ist. Das ist ein viel höherer Durchschnitt als irgendwo anders in Europa, letztendlich auch schon mehr als in vielen Einzugsbereichen der US-amerikanischen Ostküste. Das bedeutet, Prag unterliegt einer extremen Belastung durch den Autoverkehr."

Der "autofreie Tag" soll den Einwohnern der Hauptstadt zumindest einmal im Jahr den Eindruck vermitteln, was es bedeutet, nahezu frei von Abgasen, Lärmbelästigung und Gefahrenquellen ihre Gefilde durchstreifen zu können. Und da die Stadtväter dieser europaweiten Initiative bisher noch nicht oder nur ungenügend nachgekommen sind, indem sie diesen Tag medial verkündet oder mit einer einmaligen unentgeltlichen Benutzung der städtischen Verkehrsmittel gegen das Auto geworben hätten, haben fünf Prager Bürgerorganisationen das Heft in die Hand genommen. Sie haben diesen Freitag für die Millionenstadt kurzerhand zum "Tag ohne Autos" deklariert, wohl wissend, dass es vorerst nur bei einer Informations- und Aufklärungskampagne über die Folgen der Verkehrsbelastung bleibt. Doch wenn sich auch in den nächsten Jahren nichts in die richtige Richtung ändert, dann passiert das, was man - so Petr Kurfürst - unbedingt vermeiden will:

"Wir kommen dann in dieselbe Einbahnstraße, in die schon die Vereinigten Staaten geraten sind, wo man schon seit den 50-er Jahren ganze Städte nur nach dem Autoverkehr ausgerichtet hat. Das Automobil legt neue Entfernungen fest - Entfernungen, die alle überwinden müssen, die man aber fast nur mit dem Auto bewältigen kann. Und das wiederum disqualifiziert zum Beispiel in Prag über eine Viertelmillion junger Leute bis 18 Jahre, die einen Wagen gesetzlich noch nicht führen dürfen, ebenso Rentner und diejenigen, die sich ein Auto nicht leisten können. Diesem Trend können wir nicht zustimmen."