Deutsches Filmfest in Prag: Eröffnung mit RAF, Jugend und Rebellion

Foto: Archiv des Films Wer wenn nicht wir

„Das Filmfest 2011“ des Goethe-Instituts, des Österreichischen Kulturforums und der Schweizer Botschaft wurde am Mittwochabend in Prag eröffnet. Insgesamt 26 Filme werden in der tschechischen Hauptstadt sowie in Brno / Brünn gezeigt. Den Anfang machte der Film „Wer wenn nicht wir“, zur Tschechien-Premiere seines Streifens war auch Regisseur Andres Veiel angereist.

RAF, Baader, Ensslin: Diese Worte schwirrten am Mittwochabend durch das Foyer des Kinos Lucerna in Prag. Der Film „Wer wenn nicht wir“ hatte für Gesprächsstoff gesorgt. In dem Streifen geht es um die Anfänge der RAF, um Gudrun Ensslins Beziehung mit Bernward Vesper, ihr gemeinsames Kind und die Begegnung mit Andreas Baader. Ein spezifisch deutsches Thema also. Wie kam der Film bei den tschechischen Zuschauern an? Eine junge Frau meint:

„Das Thema war interessant. Aber der Film hatte Längen an einigen Stellen, so dass er mich als Zuschauerin nicht richtig gepackt hat. Auf der anderen Seite war interessant, dass das Thema auf einer wahren Begebenheit beruht, also real war.“

Andres Veiel
Ein junger Mann hatte sich bereits mit dem Thema beschäftigt und schon mehrere Filme zur RAF gesehen. Zu „Wer wenn nicht wir“ sagte er:

„Der Film war anregend, aber ist auf gängige Weise umgesetzt worden, mainstream-artig. Das Thema hat er aus einer interessanten, irgendwie auch einzigartigen Sicht beschrieben. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wo sich in der tschechischen Zeitgeschichte etwas Vergleichbares finden lässt und wie man das filmerisch umsetzen könnte.“

Regisseur Andres Veiel hat bereits zahlreiche Länder bereist, um seinen Film vorzustellen: Mexiko, Israel, Spanien und jetzt auch Tschechien. Dabei habe er gemerkt, dass der Film mehr leiste als die bloße Erzählung einer Begebenheit. Bei den Diskussionen mit dem ausländischen Publikum wäre es häufig um eine sehr aktuelle Frage gegangen:

„Warum lassen sich jüngere Menschen an einem bestimmten Punkt etwas politisch nicht mehr gefallen? Sie gehen auf die Straße, sie wehren sich und sie protestieren. In Amerika, in Griechenland, in Spanien und in sehr vielen Ländern ist das ja gerade der Fall. Für mich ist es sehr schön zu merken, dass ich einen bestimmten Nerv treffe“, so Veiel.

Aktuelle Fragen stellen, in andere Richtungen denken und neue Möglichkeiten suchen, um gesellschaftliche Probleme zu überwinden. Das sind die Debatten, die sich Veiel wünscht. Geschehen könne das jenseits historischer Ereignisse, jenseits der Geschichte seines Films, jenseits von Ensslin und Baader. Veiel:

„Es ist zwar auf der einen Seite ein Film über deutsche Geschichte, über ein lange zurückliegendes Kapitel, nämlich die 60er Jahre. Aber zugleich ist es auch ein Film über die Gegenwart, der die Fragen des Heute berührt und deshalb ist es für mich schön und wichtig zu reisen. Auch heute Abend hier in Prag.“

Foto: Archiv des Films Wer wenn nicht wir
„Das Filmfest 2011“ läuft in Prag noch bis zum 24. Oktober und in Brünn vom 24. bis zum 28. Oktober.

Fotos: Archiv des Films „Wer wenn nicht wir“

Autor: Lena Drummer
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