„Die Natur ist meine Braut“ – der Maler und Graphiker Ludvík Feller

Ludvík Feller (Foto: Martina Schneibergová)

Sein Werk ist hierzulande nicht sehr bekannt, weil er viele Jahre im Ausland lebte und arbeitete. Der Maler, Graphiker und Illustrator Ludvík Feller wurde 1929 in Prag geboren und war seitdem unter anderem in den USA, Kanada und Deutschland tätig. Feller unterrichtete als Dozent an der Universität der Künste in Berlin, wo er Vorträge über angewandte Semiotik und visuelle Rhetorik hielt. Neben der Malerei und Bildhauerei entwarf der Künstler schon immer Firmenlogos oder gestaltete Orientierungssysteme für Städte und Gebäude. Heutzutage pendelt der Künstler zwischen Deutschland und Tschechien. Anfang Mai wurde in der Prager Galerie Dion eine Ausstellung aus Fellers Werk mit dem Titel „Retro“ eröffnet. Bei dieser Gelegenheit entstand das folgende Interview mit Ludvík Feller.

Ludvík Feller
Herr Feller, Sie sind im Martinitz-Palais auf der Prager Burg zur Welt gekommen, wo es ein Wappen gab, das Sie angeblich beeinflusst haben soll. Stimmt es, dass ihr Interesse für Zeichen schon seit der Kindheit geprägt wurde?

„Ja, so ist es. Auf diese Idee hat mich damals jemand gebracht, als ich die ersten Preise für meine Logos bekam. Er sagte: ‚Mensch, ich kenne das Schlafzimmer, in dem Du als Kind geschlafen hast. Da ist so ein schönes Monogramm der Adeligenfamilie Martinitz.’ Es mag sein, dass das so war. Einer der Martinitz´ wurde übrigens beim zweiten Prager Fenstersturz 1618 aus der Burgkanzlei herausgeschubst. Ich glaube aber, dass es tiefere Gründe dafür gibt, dass ich mit Zeichen so gut umgehen kann.“

Foto: Martina Schneibergová
Wo haben Sie studiert?

„Wenn Sie mich das fragen und ich Ihnen ehrlich antworten muss, dann würde ich sagen, dass ich eigentlich ein Autodidakt bin. Ich habe zwar studiert und bin immer an Schulen und Universitäten tätig gewesen, aber in den 1950er Jahren durfte ich irgendwann nicht weiter studieren. Die wichtigsten Fertigkeiten habe ich mir daher eigentlich alleine beigebracht.“

Foto: Martina Schneibergová
Sie haben während des Kommunismus in den fünfziger Jahren auch eine Zeitlang in den berüchtigten Urangruben in Jáchymov verbracht...

„Ich wurde sogar zweimal verhaftet. Das war dann damals so ein kleiner Schauprozess, bei dem auch einige bekannte Leute verurteilt worden sind.“

Wie erinnern Sie sich an diese Jahre? Es waren dort bestimmt auch viele Intellektuelle zusammen mit Ihnen inhaftiert...

„Die Urangruben waren für mich die Universität. Ich habe dort ständig mit Hochschulprofessoren gesprochen. Eigentlich habe ich dort die wirklichen Hauptimpulse bekommen.“

Foto: Martina Schneibergová
Wann sind Sie ins Ausland gegangen - erst nach 1968?

„Ja, das war, als die Russen gekommen sind. Eigentlich wollte ich nie weg. Ich habe das damals auch gesagt, als mir ein Bekannter angeboten hatte, dass ich mit ihm außer Landes fahren könne. In der Zeit war ich Mitglied beim American Institute of Graphic Arts, weil ich vorher schon erste Preise für meine Graphiken bekommen hatte. Als dann aber die Russen kamen, hat meine Freundin gesagt, ich solle es doch probieren - und dann bin ich mit dem Flugzeug nach Berlin. Dort passierte folgende Geschichte: In der Weinstube Leydicke erzählte ich einmal, was ich schon alles gemacht habe. Ein Professor hörte das, später war er einer meiner Kollegen. Er fragte mich: ‚Wollen Sie uns nicht noch mehr von dem erzählen, was Sie so machen?’ Ich bin dann wieder hingekommen und habe - damals noch in Englisch - von meinen Werken berichtet und dazu Dia-Aufnahmen an die Wand projiziert. Als ich fertig war, haben alle mit ihren Fäusten auf die Tische geschlagen. Ich dachte, dies sei ein negatives Zeichen und ich habe nun verloren. Doch dann kam einer zu mir und sagte mir, ich hätte sie begeistert. Es kam dann auch noch ein kleiner Mann zu mir, der die Hochschule geleitet hat. Er hat mir angeboten, ab sofort vier Stunden zu lehren. Als ich das am Telefon meiner Freundin in Prag erzählte, hat sie nur gesagt: ‚Aber das ist doch die Hochschule, die dich schon angesprochen hat, als du noch in Prag warst!’“

Foto: Martina Schneibergová
Wo haben Sie unterrichtet und Vorträge gehalten?

„Damals hieß sie noch Hochschule der Künste, heute ist es die Universität der Künste in Berlin. Aber da ich auch schon Mitglied beim American Institute of Graphic Arts war, habe ich auch aus Amerika Angebote bekommen. Ich war dann kurz in New York, längere Zeit in Boulder, Colorado, und in San Francisco. Unabhängig davon war ich auch in Toronto. Generell muss ich sagen, ich habe nie sozusagen ´Klinken geputzt´. Ich habe das Glück gehabt, dass mir immer etwas angeboten wurde, ich musste nie um etwas bitten. In Berlin war ich unheimlich gut eingeführt, weil ich da auch für den Senat gearbeitet habe.“

Foto: Martina Schneibergová
Sie haben viel in der Natur nach Inspiration gesucht und diese auch gefunden…

„Die Natur ist meine Braut. Ich liebe die Natur, bin aber kein Typ, der am Lagerfeuer sitzt. Ich glaube, dass ich auch einen ausgeprägten Sinn für Material habe, da ich unglaublich gut mit Material umgehen kann.“

Auch mit Holz und Steinen?

„Mit allen möglichen Materialien außer mit Plastik. Wenn ich ein Bild male und Sie es sich danach richtig gut anschauen, werden Sie sehen, dass ich Farben als plastisches Element nutze. Für mich ist Material also sehr wichtig.“

Ludvík Feller
Was kann man sich bei der Ausstellung „Retro“ in Prag alles ansehen?

„In meiner Zeit in Berlin spürte ich irgendwie, dass ich von diesem Hard-Edge-Stil weg muss. Dann habe ich einfach einen Pinsel in die Hand genommen, vielleicht auch einen Klotz oder ein Taschentuch, und habe angefangen, damit zu malen und zu zeichnen. Die Ausstellung ist genau in diesem Sinne gestaltet und repräsentiert diese rund 20 Jahre. Ich habe diese Phase nicht wirklich beendet, sondern die Phasen flossen ineinander.“


Die Ausstellung „Retro“ ist in der Galerie Dion im Prager Stadtteil Prosek bis zum 26. Juni zu sehen.

Fotos: Martina Schneibergová