„Die Welt hinter dem Spiegel“ - Werke des Künstlerpaar Jiránkovi in der Galerie Portheimka

Foto: Archiv der Galerie Portheimka

Auch im neuen Jahr lassen sich in Prag wieder jede Menge Ausstellungen besuchen. Eine davon findet im Januar statt: In der Galerie Portheimka des fünften Prager Stadtbezirks lassen sich die Werke des Malers Miroslav Jiránek und seiner Frau Viktoria bewundern. In unserem Kultursalon können Sie die Künstler und ihre Werke kennen lernen.

Portheimka  (Foto: Matěj Baťha,  Wikimedia CC BY-SA 2.5)
Die Galerie Portheimka liegt im Prager Stadtteil Smíchov, direkt an der Straße Štefánikova. Das Sommerschlösschen wurde 1728 vom Architekten und Baumeister Kilian Ignaz Dientzenhofer gebaut und diente ihm und seiner Familie als Sommerresidenz. Heute ist der Barockbau im Eigentum der Stadt Prag, und der Stadtbezirk fünf unterhält dort die gleichnamige Galerie. Derzeit sind dort die Werke des Malers Miroslav Jiránek und seiner Frau Viktoria zu sehen.

Miroslav Jiránek kommt 1951 im mittelböhmischen Kolín zur Welt. Nach der Schule studiert er angewandte Grafik an der Prager Kunstgewerbehochschule, wie er im Interview mit den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erzählt:

Miroslav Jiránek  (Foto: Archiv RB Harmonia Vini)
„Eigentlich hat mich schon immer eher die Malerei angezogen. Deswegen habe ich meine Diplomarbeit an der Universität auch gemalt und nicht gezeichnet. Konkret handelte es sich um gemalte Plakate, in die ich Typografien eingefügt habe. Alles war Öl auf Leinwand, ich habe sozusagen angewandte Gemälde geschaffen.“

Nach dem Studium dauert es aber noch lange, bis Jiránek wirklich zu seiner Berufung, der Malerei, findet:

„Ich habe dann zunächst einmal zehn Jahre lang diese angewandten Dinge gemacht: Illustrationen, Typografien und Plakate. Dann spürte ich aber, dass ich die Malerei viel mehr schätze, weil man dabei viel mehr Zeit mit dem eigentlichen Malen verbringt. Ich habe dann entschieden, nur noch zu malen, und bin heute froh, keine Zeit mehr mit der Typographie verloren zu haben. Denn die hätte ich gar nicht mehr so gut machen können, wie das heute die jungen Grafiker machen, da male ich lieber.“

Foto: Archiv der Galerie Portheimka
Jiránek malt im Stil des so genannten Hyperrealismus, seine Bilder erscheinen vollkommen und haben eine hohe Detailschärfe. Dabei spielt er mit Licht und Schatten, wodurch alle Gegenstände sich scharf voneinander abgrenzen. Ein häufiges Motiv seiner Bilder ist das Wasser, denn Jiránek ist in einem Haus an der Elbe groß geworden, mit Blick auf den Fluss:

„Das Thema ‚Wasser’ war schon immer von Bedeutung für mich. Einmal aus inspirierenden Gründen, aber ich bewege mich auch gerne am Wasser, ich fahre gerne auf dem Rad entlang des Wassers, und ich schaue einfach gerne auf das Wasser.“

Foto: Archiv der Galerie Portheimka
In der Ausstellung der Galerie Portheimka sind aber auch weitere Werke des Künstlers ausgestellt. Auf einem Bild ist zum Beispiel ein Stuhl zu sehen. Er steht nur auf zwei Beinen und streckt sich in die Landschaft. Jiránek sagt dazu:

„Der Stuhl schwebt teilweise und symbolisiert einen Menschen, der sich über die Landschaft erhebt. Das ist zweideutig: Einerseits ist dort die aufgehende Morgensonne und gleichzeitig ein Hinweis auf die fernöstliche Zen-Philosophie.“

Auf einem anderen Bild ist eine nackte Frau zu sehen, die sich ihrem Spiegelbild entgegenlehnt. Thematisch passt dieses Werk gut zum Titel der Ausstellung „Die Welt hinter dem Spiegel“, einem Zitat aus „Alice im Wunderland“. Jiránek erklärt, was seine Werke damit gemeinsam haben:

„Der Titel ‚Die Welt hinter dem Spiegel‘ ist in Zusammenarbeit mit der Galerie entstanden. Er fasst auch gut meine Werke zusammen: Die Realität, manchmal auch die Hyperrealität, wird zu einer imaginären Sache, die in eine andere Welt hineinreicht. Bei Viktoria wiederum lassen sich Motive wie bei ‚Alice im Wunderland’ entdecken.“

Jiráneks Frau Viktoria Ban-Jiránková ist 1952 im damaligen Leningrad, dem heutigen Sankt Petersburg geboren. Mit 21 Jahren begann sie ein Studium an der Prager Kunstgewerbehochschule, ebenso wie ihr Mann im Bereich der angewandten Grafik. In ihren Werken kommt aber eine viel größere Bandbreite von Techniken zum Einsatz, von der Bleistiftzeichnung über den Linolschnitt und Linoldruck bis hin zur klassischen Ölmalerei.

„Ich mag die alten Techniken aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Dazu gehören die Kaltnadelradierung, Drucke mit alten Druckpressen und natürlich auch klassische Malerei. Aber auch Computer sind nicht zu verachten.“

Und auch inhaltlich unterscheidet sich die Künstlerin von ihrem Mann:

„Im Gegensatz zu Miroslav, der immer inspiriert ist von der Natur und dem Erlebnis, bin ich ein Stadtmensch. Ich schöpfe eher aus den Figuren der europäischen Kultur, ich mag den Film, das Theater und ich liebe Bücher. Und diese Dinge scheinen in meinen Bildern durch.“

Ihre Werke sind geprägt von humorvoller Übertreibung, die manchmal bis in den Sarkasmus abgleitet. Die Bilder in der aktuellen Ausstellung sind meist in schwarz-weiß gehalten, lediglich ein Zyklus enthält deutliche farbliche Akzente. Die Künstlerin hat die Bilder extra in diesem Stil für die Ausstellung ausgesucht:

„Weil ich geahnt hatte, dass ich gemeinsam mit meinem Mann ausstellen werde, wollte ich mich von Miroslav unterscheiden, vor allem auch durch die Farblosigkeit. Nur der Zyklus ‚Spektrum’ ist anders, dort wollte ich Farben haben.“

Viktoria Ban-Jiránková  (Foto: NoJin,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Generell neigt Ban-Jiránková eher zu schwarz-weißen Werken. Sie selbst begründet dies mit einer Verbundenheit zum Zeichnen:

„Ich fühle mich einfach mehr als Zeichnerin, denn als Malerin. Mir sagen die Grautöne, in denen eine Zeichnung erscheint, einfach mehr zu.“

Ban-Jiránková beschäftigt sich in ihren Werken mit fiktiven oder religiösen Gestalten. Für die Künstlerin sind Figuren wie zum Beispiel Pinocchio und Frankenstein, aber auch der Golem oder Rabbi Löw kulturelle Ikonen. Diese Geschöpfe gehören für sie zum Schatz der europäischen Kultur, sie seien auch Teile einer Welt hinter dem Spiegel. Ban-Jiránkovás russische Wurzeln hätten ihre Kunst aber wenig beeinflusst. Nur auf einer Zeichnung eines Playboy-Titelblattes ist statt einer nackten Frau eine russische Babuschka zu sehen. Russland finde sich bei ihr vor allem in ihrem Akzent im Tschechischen und in ihrer Küche wieder, witzelt Ban-Jiránková. Sie sei eben schon immer sehr mitteleuropäisch geprägt gewesen:

Sankt Petersburg  (Foto: yasmapaz & ace_heart,  CC BY-SA 2.0)
„Man kann sagen, dass Sankt Petersburg eine europäische Stadt ist, die von europäischen Architekten erbaut wurde. Ich glaube, dass Europa mir direkt in die Seele geströmt ist, denn ich habe mich hier viel mehr zu Hause gefühlt als in Russland. Vieles ist mir hier viel sympathischer, zum Beispiel gibt es hier engere Straßen und viel weniger Gold. Auch wenn viele Frauen Gold lieben, ich gehöre nicht dazu.“

Viktoria Ban-Jiránková ist aber nicht nur Künstlerin, sie sieht sich auch als Pädagogin. Sie ist Lehrerin an der Mittelschule für Kunst im Prager Stadtteil Žižkov:

„Ich bringe meinen Schülern bei, anders zu sein. Natürlich bringe ich ihnen auch bei, gut zu zeichnen. Sie glauben zwar, das nicht zu brauchen, aber es steht in meiner Stellenbeschreibung. Ich zeige ihnen auch, wie man Porträts zeichnet. Das erinnert vielleicht einige an eine Volkshochschule, aber ich denke, dass dadurch ein Verständnis dafür wächst, dass etwas durch die eigenen Hände entsteht.“

Zwei Künstler, ein Ehepaar, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Trotzdem harmonieren die Werke der beiden ausgezeichnet miteinander – eben wie zwei Welten auf beiden Seiten des Spiegels.