Direktwahl des Oberhauptes hat im Parlament keinen Gegner

Alle Parteien des Prager Parlaments befürworten im Moment eine Direktwahl des tschechischen Staatsoberhauptes. Unterschiede gibt es nur in der Ansicht darüber, ob die Bürger bereits über den Nachfolger von Vaclav Havel im Januar kommenden Jahres entscheiden können oder nicht. Dafür müssten nämlich noch entsprechende Verfassungsänderungen vorgenommen werden. Markéta Maurová weiß mehr davon.

Obwohl die Demokratische Bürgerpartei (ODS) bis vor Kurzem ein entschiedener Gegner einer Direktwahl war, kündigte sie nun an, innerhalb einer Woche einen Gesetzentwurf zur Direktwahl des Staatsoberhauptes vorzulegen. Die Partei verschweigt dabei nicht, dass ihr Meinungswechsel ein einziges Ziel verfolgt, nämlich die Chancen des jetzigen ODS-Vorsitzenden Vaclav Klaus bei der Wahl zum Staatspräsidenten zu steigern. So einfach ist dies aber doch nicht, denn innerhalb der Partei ist ein Streit ausgebrochen. Das derzeitige Vorgehen der Parteispitze wird vor allem von Seiten des Chefs der ODS-Senatoren Mirek Topolanek kritisiert. Er wolle sich nicht wie seine politischen Gegner wie "politische Schweine" verhalten, verlautbarte Topolanek. Unwille herrscht auch in einigen regionalen Organisationen der Partei. Trotz der kritischen Stimmen bereitet jedoch die ODS-Abgeordnetenfraktion den erwähnten Gesetzesentwurf vor.

Dieser würde von den Christdemokraten unterstützt. Ihr Vorsitzender Cyril Svoboda äußerte allerdings sein Erstaunen über das gegenwärtige Verhalten der Bürgerdemokraten: "Mich hat zunächst die radikale Wende überrascht. Die ODS stellt seit 12 Jahren jedes Element der direkten Demokratie in Zweifel und auf einmal passt ihr dieses Instrument gut in den Kram."

Auch die Freiheitsunion/Demokratische Union befürwortet eine Direktwahl. Sie glaubt jedoch nicht, dass die Verfassungsnovellierung bis Januar verabschiedet werden kann. Denselben Standpunkt vertreten auch die Sozialdemokraten, die sich außerdem eine Änderung bei den Kompetenzen des Staatsoberhauptes wünschen. Eine Gruppe von 10 Abgeordneten der Regierungskoalition legte am Dienstag ihren eigenen Entwurf zur Verfassungsänderung vor. Dem Tschechischen Rundfunk bestätigte dies der Fraktionschef der sozialdemokratischen Abgeordneten, Milan Urban: "Der neue Präsident wird vom Abgeordnetenhaus und vom Senat gewählt. Die Direktwahl kann erst nach einer gründlichen Behandlung der Verfassungsnovelle bei der Wahl des übernächsten Präsidenten angewandt werden."

Auch die Kommunisten stellen sich nicht gegen eine Direktwahl, den zweckgebundenen Entwurf der ODS halten sie jedoch für schlecht.