Doppeltes Jubiläum des Schriftstellers Jaroslav Hasek
Gleich zwei Jubiläen werden in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem weltbekannten tschechischen Schriftsteller Jaroslav Hasek begangen. Am 3. Januar sind 80 Jahre seit seinem Tode vergangen und am 30. April werden wir Haseks 120. Geburtsjahr feiern. Aus diesem Anlass gilt auch der heutige Kultursalon, zu dem Sie Markéta Maurová und Katrin Sliva Sie gleich begrüßen werden, gerade ihm.
"Ich wurde sehr freundschaftlich begrüßt und auch Frau Schura hat mich nett aufgenommen. Ich musste mich sofort an den Tisch setzen, Frau Schura holte vom unten Tee und bevor sie zurückkam, tranken Hasek und ich je zwei Stengelgläser garantiert natürlichen Sliwowitz auf unser gegenseitiges Wohl. Dann gingen wir direkt an die Sache. Hasek hat sich über seinen Verleger beschwert, der ihn quälte und immer wieder eine Fortsetzung von Schwejk verlangte, und über verschiedene Redaktionen, die ihn mit Bitten um Beiträge geradezu bombardierten. Um weiter arbeiten zu können, brauchte er dringend einen Helfer."
Herr Stepanek lässt uns direkt ins Labor des Schriftstellers Einblick nehmen: rationelle Arbeit mit Wörtern und Sätzen? Bearbeitung von früheren Notizen? Improvisation? Auch er war gespannt, wie die Arbeitsmethode Jaroslav Haseks aussieht:
"Ich war also der Schreiber Jaroslav Haseks. Und es war eine interessante Stelle. Ich freute mich auf Schwejk, war gespannt, auf welche Art und Weise Hasek arbeitet, ob er Notizen hat, nach denen er die Geschichten zusammenführte. An jenem Tag habe ich es jedoch nicht erfahren: "Den Schwejk lassen wir heute noch schlafen und schreiben etwas Kürzeres," sagte Hasek zu meiner großen Enttäuschung."
"Hasek stand auf einmal auf, begann in dem Zimmer, auf einer klitzekleinen Fläche auf- und abzuschreiten, legte seine Hände hinter den Rücken und sagte: Also, fangen wir an. Schreiben Sie noch keine Überschrift und lassen Sie freien Platz dafür. Wir werden sie erst niederschreiben, wenn das hier fertig ist, je nach dem, was daraus entsteht. Also nicht nur ich, sondern auch Hasek selbst wusste nicht, was es sein würde. Er war aber schon mittendrin. Er zündete sich eine Zigarette an und ich hatte viel damit zu tun, mit ihm Schritt zu halten." Am darauffolgenden Tag ist es jedoch doch zum Schwejk gekommen.
"Am nächsten Tag haben wir gleich am Morgen begonnen und gleich mit dem Schwejk. Hasek reichte mir ein Blatt zur Hälfte beschriebenen Papiers. Ich fragte ihn, wo er das übrige Manuskript habe. Aber er lächelte nur und antwortete - der Verleger kann nicht abwarten. Er will das Manuskript von mir, und so schicke ich ihm, was ich an einem Tag schreibe und behalte nur das letzte Blatt, um zu wissen, wo ich wieder anfangen soll."
Auch bei der Verfassung des Schwejk-Romans hat sich Hasek auf keine umfangreichen Notizen gestützt. Nur ab und zu entfaltete er eine Landkarte, besonders bei der Schilderung des Zugs Schwejks mit der Marschkompanie auf die russische Front zu.
"An jenem Tag haben wir etwa acht Quartblätter des Schwejk geschrieben. Die beschriebenen Blätter wurden am Abend nach Prag zu dem Verleger Adolf Synek geschickt, nur das letzte Quart ließen wir zu Hause. Manchmal blieb uns ein Papierblatt, auf dem nicht mehr als zwei oder drei Zeilen des Schwejk- Monologs waren, und Hasek konnte trotzdem flüssig und genau anknüpfen. Es kam vor, dass Hasek beim Diktieren auf einmal aufhörte und schallend zu lachen begann. Dies passierte üblicherweise, wenn er Schwejk zu lange schwätzen bzw. Baloun zu fressen gab..."
Nur einige Monate vor Haseks Tod zog das Ehepaar Hasek aus dem Wirtshaus in Lipnice in sein eigenes Haus um. Die Arbeit am Schwejk ging weiter, doch den Roman fertig zu schreiben, gelang es nicht mehr.
"Anfang Oktober 1922 zogen Jaroslav Hasek und seine Frau Schura in ihr neues, eigenes Haus. Sie nahmen ein Dienstmädchen auf, Rezinka Spinarova, und begannen dort zu wirtschaften. Hasek hatte damals bereits Schwierigkeiten beim Laufen, er klagte über Rheumatismus, über schwere Beinschmerzen und ging nur selten aus. Er lebte zumeist in einem Zimmer neben der Küche, und hatte keine Lust zum Schlafen nach oben, in sein Schlafzimmer zu gehen. In diesem Zimmer versammelte sich fast jeden Abend eine illustre Gesellschaft - er lud jeden ein, der ihm sympathisch war: den Bürgermeister, Schneider, Schuster, Steiner, Beamten, Lehrer, Leute jeder politischen Überzeugung, nur von Geistlichen hielt er sich fern."
Damals näherte sich jedoch bereits der Tod Jaroslav Haseks. Er starb schließlich am 3. Januar 1923 in Lipnice und wurde auf dem dortigen Friedhof bestattet.
Soweit, liebe Hörerinnen und Hörer, unsere Erinnerung an Jaroslav Hasek. Doch nicht nur das Zeugnis von Kliment Stepanek war im Rundfunkarchiv zu finden. Abschließend hören sie eine Leseprobe aus dem Roman "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" in der Interpretation von Walter Taub.
Und das war´s für heute. Aus Prag verabschieden sich von Ihnen Katrin Sliva und Markéta Maurová.