DTIHK-Umfrage: Tschechien verliert Spitzenrang als attraktivster Wirtschaftsstandort an Slowakei
Das vermeintliche Hauptkrisenjahr 2009 liegt hinter uns, die Talsohle ist durchschritten und die Wirtschaften aller Länder hoffen nun, dass es wieder aufwärts geht. Die gleiche Hoffnung wird auch in Tschechien gehegt, und eine erste Antwort auf die Frage, wie optimistisch die Firmen bereits wieder nach vorne schauen, gibt die aktuelle Konjunkturumfrage, die von der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK) schon traditionell im März durchgeführt wurde.
„Die Stimmungslage ist nicht so optimistisch, wie wir zuerst dachten, denn im vergangenen Herbst sah es schon besser aus verglichen zum Frühjahr des vergangenen Jahres. Die diesjährige Konjunkturumfrage sagt ganz klar, dass die Stimmung noch gedämpft ist. Nur zwei Prozent der befragten Unternehmen schätzen die Lage als gut ein, über 50 Prozent sagen, sie ist noch unbefriedigend“, sagt der Geschäftsführer der DTIHK, Bernard Bauer.
In Deutschland war die Abwärtsentwicklung wider Erwarten schon im vergangenen Herbst beendet, die Konjunktur schien da bereits wieder leicht anzuspringen. Ein Grund mehr für die Handelskammer, im Oktober 2009 schon einmal eine außerordentliche Umfrage für den Vergleich durchzuführen. Und siehe da, die Stimmungslage unter den Firmen war vor fünf Monaten um einiges besser als gegenwärtig. Der Leiter der Abteilung Unternehmenskommunikation bei der Kammer, Sebastian Holtgrewe, nennt die Gründe:„Die Abwrackprämien sind zum Erhebungszeitraum im letzten Oktober gerade ausgelaufen, die Auftragsbücher waren noch einigermaßen voll, die Stimmung bei den Firmen war besser. Jetzt sind alle Konjunkturprogramme im Endeffekt ausgelaufen, doch die wirtschaftliche Erholung, die man sich davon versprochen hatte, ist nicht in dem gewünschten Maße zu sehen. Die Stimmung ist folglich wieder etwas schlechter geworden und der Optimismus wieder etwas zurückgegangen.“Zu den am schlechtesten bewerteten Kriterien für den Standort Tschechien gehören mit ständiger Regelmäßigkeit die fehlende Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen, die ineffiziente öffentliche Verwaltung oder die ungenügende Rechtssicherheit. Seit vergangenem März, als ein Übergangskabinett parteiloser Minister die Regierungsverantwortung in Tschechien übernommen hat, ist noch ein weiterer Faktor hinzugekommen: Die Wirtschaft vermisst politische Stabilität. Dazu Sebastian Holtgrewe:
„Die Unternehmen wünschen sich gerade in Krisenzeiten eine handlungsstarke Politik. In erster Linie also eine handlungsstarke Regierung, die wirklich entscheiden und die notwendigen Strukturreformen auf den Weg bringen kann. Wir sprechen über Fiskal-Reformen oder die Euro-Einführung als Ziel. In dieser Hinsicht aber hat es im zurückliegenden Jahr eine Politikschwäche, ja beinahe ein Politvakuum gegeben, und deshalb ist bei den Unternehmen eine absolute Unzufriedenheit aus unserer Umfrage abzulesen.“Wegen dieser und anderer Unzulänglichkeit ist Tschechien im Ranking der attraktivsten Wirtschaftsstandorte erstmals nicht mehr die Nummer eins unter den neuen EU-Ländern aus Ost- und Mitteleuropa. Den Spitzenrang hat ihnen inzwischen die benachbarte Slowakei abgelaufen, wohl auch aufgrund der Euro-Einführung im Tatra-Land zu Beginn des Jahres 2009. Ein Beinbruch sei das allerdings nicht, meint abschließend Sebastian Holtgrewe:
„Tschechien ist nach wie vor ein attraktiver Standort in Mittel- und Osteuropa für deutsche Unternehmen. Das gilt insbesondere für Firmen aus dem klein- und mittelständischen Sektor, aus der Automobilindustrie und in naher Zukunft auch sicher wieder aus dem Maschinenbau. Es ist also absolut damit zu rechnen, dass die deutschen Investoren hier in Tschechien weiterhin eine wichtige Rolle spielen.“