„Ein besonderer Ort“ - Opernregisseur Schörghofer inszeniert im Ständetheater
Sie gilt als ein Meilenstein der Musikgeschichte: die Oper Orfeus und Eurydike von Christoph Willibald Gluck. Nach mehr als 50 Jahren wird das Werk nun in Prag wieder aufgeführt. Der britische Dirigent Jan Latham-Koenig hat es mit dem Opernensemble des Nationaltheaters einstudiert. Die Regie führte der österreichische Opernregisseur und Bühnenbildner Hartmut Schörghofer. Erstmals aufgeführt wird die Oper am Samstagabend im Ständetheater. Im Vorfeld der Premiere ein Gespräch mit dem Regisseur.
„Genau, sie haben das gleich erfasst: Für mich ist es eine Reise nach Innen. Ich habe versucht, nicht die mythologische Story zu erzählen, sondern mehr eine psychologische Geschichte. Es ist eine Innenschau, gewissermaßen auch ein Seelentrip, den Orfeus hier vorführt. Mich hat an dieser Oper der Mensch interessiert. Sehr interessant ist, dass die Götter eigentlich nicht vorkommen. Es gibt nur den Eros - und der war für mich sozusagen die entscheidende Triebfeder, diese Oper zu machen.“
Während der Probe habe ich gesehen, dass Sie viel mit dem Chor arbeiten. Wie sehen diese Arbeiten für Sie als Regisseur aus?„Ich versuche natürlich, eine gute Stimmung herzustellen. Manchmal gibt es auch Spannungen, aber das ist ebenso gut. Diese Spannungen kann man szenisch benutzen. Es ist eine Mischung von Choreografie. Die große Fragestellung ist natürlich: Was bedeutet der Chor für mich? Im ersten Teil ist der Chor eine Trauergesellschaft, die das Innenleben von Orfeus widerspiegelt. Im zweiten Akt begegnet er seinen Ängsten. Wir haben versucht das szenisch umzusetzen. Orfeus stürzt sich quasi in seine eigenen Ängste und setzt sich ihnen aus. Es geht dann noch weiter: Im letzen Akt besteht der Chor aus lauter Paaren. Orfeus ist auf der Suche nach seiner Eurydike - und das ist eine kleine Folter für ihn. Der Chor ist immer ein Spiegel seiner selbst.“
Für Sie ist es die erste Regieführung und der erste Bühnenbildentwurf in Prag. Wie verlief die Zusammenarbeit mit den tschechischen Sängern?„Erstmal arbeiten wir hier ja mit dem Ensemble, wir haben kaum Gäste hier. Ich finde das auch gut so, diese Entscheidung ist richtig. Ich habe hier nicht die besten Probenbedingungen vorgefunden. Natürlich, als Ensemblemitglieder sind sie überall eingebunden und müssen noch sehr viel anderes machen. Aber ich sehe das als Herausforderung. Ich finde sehr gut von den Leuten, was sie trotzdem machen und wie sie sich hier einbringen.“
Die Oper spielt im Ständetheater - im Theater, in dem auch Mozart einmal stand. Welche Rolle spielt das für Sie?
„Natürlich spielt das eine Rolle. Es ist ein besonderer Ort. Wenn man hier hereinkommt und weiß, wer hier schon einmal stand und welche Uraufführungen hier stattfanden, dann lässt das einen nicht kalt. Gluck war ja auch hier, das ist schon toll.“
Beobachten Sie das Publikum bei der Premiere?„Ja immer wieder. Ich setze mich selbst auch hinein. Aber gerade bei der Premiere bin ich kein angenehmer Nachbar. Durch die Nervosität und das Mitleben ist man leicht angespannt und strahlt das vielleicht auch aus. Aber ich beobachte auch das Publikum rundherum, wie es mitgeht, was es miterlebt und was es mitnimmt. Das interessiert mich sehr.“